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Angestellte Lehrerinnen und Lehrer können streiken, ihren verbeamteten Kolleginnen ist das nicht möglich.

© dpa/Jens Büttner

Update

Urteil am Gerichtshof für Menschenrechte: Es bleibt beim Streikverbot für Beamte

Vier Lehrer aus Deutschland wehren sich gegen ein Streikverbot. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte gab ihnen nicht Recht.

Es bleibt beim Streikverbot für verbeamtete Lehrerinnen und Lehrer in Deutschland. Am Donnerstag entschied die Große Kammer des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, dass das Streikverbot keinen Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention darstellt. Damit bestätigte das Straßburger Gericht ein entsprechendes Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2018.

Verhandelt wurde in Straßburg über den Fall von drei Lehrerinnen und einem Lehrer aus Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen, die trotz ihres Beamtenstatus 2009 und 2010 die Arbeit niedergelegt hatten und anschließend Disziplinarmaßnahmen in Kauf nehmen mussten. Die Klage der Lehrkräfte wurde unterstützt von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW).

Der Menschenrechtsgerichtshof folgte in seinem Urteil der Auffassung der Bundesregierung, dass das Beamtenstreikverbot der Wahrung einer zuverlässigen Verwaltung und der Aufrechterhaltung der staatlichen Funktionen diene. Zudem wies der Menschenrechtsgerichtshof auf die vielfältigen Möglichkeiten einer gewerkschaftlichen Vertretung für Beamte in Deutschland hin.

Allerdings hieß es in dem Straßburger Richterspruch auch, dass das deutsche Beamtenstreikverbot einem internationalen Trend zuwiderlaufe. Es war der Menschenrechtsgerichtshof selbst gewesen, der in einem ähnlichen Fall aus der Türkei entschieden hatte, dass ein Streikrecht im öffentlichen Dienst sehr wohl möglich ist. Dies gelte, so lange von den Streiks nicht Hoheitsaufgaben bei den Streitkräften, der Polizei oder in der Staatsverwaltung betroffen sind.

Im Fall der deutschen Lehrkräfte nahm das Straßburger Gericht indes Bezug auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes, welches das Beamtenstreikverbot bestätigt hatte. 2018 hatten die Karlsruher Richter entschieden, dass das Streikverbot mit der Europäischen Menschenrechtskonvention vereinbar sei. Die Menschenrechtskonvention sichert das Recht auf Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit und das Verbot der Diskriminierung. 

Insbesondere hatte das Verfassungsgericht in seinem Urteil damals darauf hingewiesen, dass ein Streikrecht für Beamte deren Treuepflicht und den Rechten wie einer lebenszeitigen Anstellung zuwiderlaufe.

Im Kern orientiert sich das deutsche Beamtenstreikverbot allein am Beamtenstatus und differenziert nicht nach der ausgeübten Tätigkeit.

Gabriele Buchholtz, Juniorprofessorin für das Recht der sozialen Sicherung an der Universität Hamburg

Der Deutsche Beamtenbund begrüßte das Straßburger Urteil. Mit dem Gang vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte habe die GEW versucht, das verfassungsrechtlich verbriefte und für das Berufsbeamtentum in Deutschland funktional elementare Streikverbot für Beamte zu kippen, hieß es in einer Stellungnahme des Beamtenbundes. „Die GEW hat sich aus rein dogmatischen Gründen gegen die eindeutige Bewertung des höchsten Gerichts in Deutschland gewandt und versucht, einen Konflikt auf europäischer Ebene über unsere Verfassung heraufzubeschwören“, kritisierte der Beamtenbund.

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Aus der Sicht von Gabriele Buchholtz, Juniorprofessorin für das Recht der sozialen Sicherung an der Universität Hamburg, wäre es konsequent gewesen, wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte das deutsche Beamtenstreikverbot für unvereinbar mit der Europäischen Menschenrechtskonvention erklärte hätte. „Im Kern orientiert sich das deutsche Beamtenstreikverbot allein am Beamtenstatus und differenziert nicht nach der ausgeübten Tätigkeit“, sagte Buchholtz dem Tagesspiegel.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft hatte sich seinerzeit in der Verhandlung in Karlsruhe auf das Völkerrecht und das internationale Arbeitsrecht berufen. Dagegen urteilte das Verfassungsgericht, dass das Streikverbot als eigenständiger Grundsatz des Berufsbeamtentums mit dem Grundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes im Einklang stehe.

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