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Die USA haben Russland-Reisende vor den Olympischen und Paralympischen Spielen jetzt vor Gefahren beim Sotschi-Aufenthalt gewarnt.

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Update

Appell vor Olympia und Paralympia: USA warnen Russland-Reisende

Terrorismus, Homophobie-Gesetze, Gesundheitsversorgung mit Mängeln - die USA haben Russland-Reisende anlässlich der Olympischen und Paralympischen Spiele jetzt vor Gefahren beim Sotschi-Aufenthalt gewarnt.

Vier Wochen vor Beginn der Olympischen Winterspiele in Sotschi haben die USA Russland-Reisende vor Terrorismus, Kriminalität und den Gesetzen zu homosexueller Propaganda gewarnt. Zudem sei die medizinische Versorgung in der Olympiastadt dem Großereignis möglicherweise nicht gewachsen und unterscheide sich deutlich von westlichen Standards, teilte das US-Außenamt am Freitag in Washington mit. Der Reisehinweis sei bis eine Woche nach dem Ende der Winterspiele mit den anschließend stattfindenden Paralympics vom 7. bis 16. März gültig. US-Touristen sollten „wachsam bleiben“ und jederzeit „aufmerksam auf ihre persönliche Sicherheit“ achten, erklärte das Ministerium am Freitag.

Eine besondere Gefahr für US-Bürger oder -Einrichtungen bestehe zwar nicht. Besonders bei der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel riet das Außenamt aber zur Vorsicht. Angehörige und Freunde sollten über die Reisepläne informiert werden.

Erst Ende Dezember hatten zwei Bombenanschläge in einem Linienbus und im Hauptbahnhof von Wolgograd 34 Menschen getötet und 72 Menschen verletzt. Die Attentate innerhalb von nur 24 Stunden schürten Sorgen um die Sicherheit der Olympischen Winterspiele, die am 7. Februar in dem russischen Schwarzmeerkurort beginnen. 270 Kilometer nordöstlich von Sotschi entdeckte die Polizei zudem die Leichen von sechs Männern, woraufhin russische Behörden einen Anti-Terror-Einsatz anordneten.

Regenbogenfahnen oder Gespräche - dann droht Strafe

In den vergangenen 10 bis 15 Jahren habe es zudem Anschläge auf Regierungseinrichtungen, Flughäfen, Hotels, touristische Sehenswürdigkeiten Märkte, Schulen und Wohngebäude gegeben, so das US-Außenministerium. Auch in U-Bahnen, Bussen, Zügen und Passagierflugzeugen habe es bereits groß angelegte Attacken gegeben.

Laut der Gesetze gegen die „Schwulenpropaganda“ können beispielsweise öffentliche Demonstrationen mit Regenbogenfahnen oder Plakaten, die etwa die Aufschrift „Schwul sein ist normal“ tragen, bestraft werden. Zudem dürfen Menschen nicht in Anwesenheit von Jugendlichen über Homo-, Bi- und Transsexualität sprechen. Im flächenmäßig größten Land der Erde ist das öffentliche Reden über diese Themen - also beispielsweise über die Zustimmung für den ehemaligen deutschen Fußballnationalspieler Thomas Hitzlsperger - vor Minderjährigen seit Juni 2013 unter Strafe gestellt. Sie sollen vor „schlechtem Einfluss“ geschützt werden. Somit sind auch entsprechende Gespräche über den britischen Olympia-Turmspringer Thomas Daley, der sich gerade outete, strafbar. Die Verbotsgesetze wurden in manchen Städten Russlands mit Gesetzen zu Pädophilie zusammengefasst und auf eine Ebene gestellt - und als Gesetze gegen „Propaganda von Homosexualität und Pädophilie“ verabschiedet. Schwulen und Lesben, oder Bisexuellen, die sich in der Öffentlichkeit bekennen, drohen Geldstrafen und sogar Haft. Zuletzt hatte es gehießen, während der Spiele würden diese Regeln nicht für internationale Teilnehmer gelten, doch über eine eindeutige Handhabe gab es immer wieder Diskussionen. Die genaue Auslegung des Gesetzestextes sei unklar, heißt es in dem US-Reisehinweis, der sich auch an homosexuelle Sotschi-Urlauber wendet. Nur wenige Wochen vor den Olympischen Spielen in Russland sorgt zudem die russisch-orthodoxe Kirche mit der Forderung nach einem Referendum für Schlagzeilen: Per Gesetz will sie Homosexualität generell als Verbrechen unter Strafe stellen.

Obama berief lesbische Tennis-Legende in die US-Delegation

Welche Auswirkungen der Reisehinweis nun auf das Team USA hat, war noch unklar. US-Präsident Barack Obama hat demonstrativ unter anderem die lesbische Tennislegende Billie Jean King in die Delegation berufen, die zur Eröffnung der Olympischen Winterspiele nach Sotschi reisen sollte. Als Zeichen für Toleranz und gegen Diskriminierung in Russland soll neben der 70-jährigen Billie Jean King auch die offen lesbisch lebende Eishockey-Nationalspielerin Caitlin Cahow (28) die USA bei der Eröffnungsfeier der Olympischen Winterspiele in Sotschi am Schwarzen Meer und in den Bergen vertreten.

Zuletzt hatte es auch in Berlin Demonstrationen und öffentliche "Kiss-Ins" gegeben, mit denen auch die Finanziers und Förderer der größten Sportveranstaltungen der Welt aufgefordert wurden, sich zu Wort zu melden. So legten etliche Sponsoren der Olympischen und Paralympischen Spiele in ihrer Unternehmensphilosophie Wert auf „Diversity“. So wie nach Tagesspiegel-Recherchen beispielsweise die „Coca-Cola Lesbian, Gay, Bisexual, Transgender and Ally (LGBTA) Business Resource Group“ oder die Volkswagen Financial Services AG, die auch schon bei einem CSD dabei war. Der Autohersteller VW lobt sich im Internet als "Beispiel für Toleranz gegenüber homosexuellen Mitarbeitern". Die Volkswagen-Gruppe verwandle solche Diversitäts-Werte "durch die bewusste Akzeptanz in eine Stärke", ist auf der internationalen Seite zu lesen. Und auf der Lufthansa-Website im Netz heißt es auf Englisch: "Es ist uns ein Vergnügen, mit der LGBT-Community zu arbeiten und ihr zu dienen". LGBT steht für "Lesbian, Gay, Bisexual und Trans".

Olympia-Sponsoren sollen in Russland für Gleichberechtigung wirken

„Diese Firmenvertreter sollten nach Russland reisen und die Firmen durch ihre Einstellungspolitik ein Zeichen setzen – wie zu Apartheidszeiten in Südafrika, als ausdrücklich schwarze Mitarbeiter erwünscht waren“, lautete beispielsweise ein Appell von der Grünen-Politikerin Renate Künast. Bislang ist unwahrscheinlich, dass es auch in Sotschi - wie sonst stets bei den vorigen Spielen - einen öffentlich beworbenen Treff- und Anlaufpunkt für Sportler und Besucher gibt, die sich mit so genannten LGBT-Themen befassen.

In weltweit sieben Ländern droht die Todesstrafe bei Homosexualität

Die Organisatoren der Berliner Demo hatten angegeben, in Russland würden zunehmend Lesben oder Schwule attackiert, und auch Multiplikatoren in dem Land sprächen sich für Zwangsbehandlung, Isolierung oder gar „Liquidierung“ aus. Jetzt müssten Olympia- und Paralympia-Sponsoren wie die Lufthansa, die mit dem „Trevor Projekt“ Krisenintervention und Suizid-Prävention bei jungen Homosexuellen finanziert, sich einmischen, so hatte es sich Jens Petersen von der Aids-Hilfe gewünscht. In vielen Ländern der Welt würden Menschen, die sich in Personen des gleichen Geschlechts verlieben, mit dem Tode bestraft. Weltweit gibt es in mehr als 70 Staaten Gesetze gegen von Heterosexualität abweichende Handlungen - in sieben Staaten drohte zuletzt die Todesstrafe auf Homosexualität. Gerade hat Uganda seine Gesetze verschärft. (mit dpa, AFP und SID)

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