zum Hauptinhalt
 Gewerkschaften und Sozialverband kritisieren Sparpläne der Regierung

© picture alliance/dpa / dpa/Fabian Strauch

„Tendenziell unsozial“: Gewerkschaften und Sozialverband kritisieren Sparpläne der Regierung

Es hat lange gedauert, doch nun steht der Haushaltsentwurf des Bundes für das kommende Jahr: Es gibt 30 Milliarden Euro weniger zum Ausgeben. Und schon wird Kritik laut - am allgemeinen Sparkurs und an ganz konkreten Kürzungen.

Gewerkschaften und der Sozialverband VdK haben die geplanten Einsparungen im Haushalt 2024 vor allem im Sozialbereich scharf kritisiert. „Ein Kürzungskurs ist grundsätzlich unnötig, tendenziell unsozial und wirtschaftspolitisch schädlich“, sagte DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell der Deutschen Presse-Agentur. Die Regierung setze mit dem Haushalt ein falsches Signal.

VdK-Präsidentin Verena Bentele sagte der Augsburger Allgemeinen: „Ein starker Sozialstaat ist das Fundament unserer Gesellschaft, wir dürfen nicht zulassen, dass es zu bröckeln beginnt und zerbricht.“ Sie forderte Nachbesserungen vor allem in den Bereichen der geplanten Kindergrundsicherung sowie bei den Zuschüssen für die Kranken- und Pflegeversicherung. „In Deutschland wachsen drei Millionen Kinder in Armut auf.“

Der Vorsitzende des Haushaltsausschusses im Bundestag, Helge Braun (CDU), hält einen höheren Milliardenbetrag für die geplante Kindergrundsicherung hingegen nicht für nötig. „Die zwei Milliarden, die da jetzt im Haushalt stehen, das kann gerechtfertigt sein, damit am Ende sich bei der Umstellung auf ein einfacheres System niemand schlechter stellt“, sagte er am Mittwoch in der RTL/ntv-Sendung „Frühstart“. „Aber mehr, glaube ich, wäre für das Thema wirklich schwierig.“

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

In der mittelfristigen Finanzplanung des Bundes, die das Kabinett am Vormittag zusammen mit dem Haushaltsentwurf für 2024 beschließen soll, sind für die Kindergrundsicherung ab 2025 jährlich zwei Milliarden Euro vorgesehen. Die zuständige Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) nennt dies einen „Merkposten“ - der tatsächliche Betrag werde sich aus ihrem Gesetzentwurf zur Kindergrundsicherung ergeben, der bis Ende August ins Kabinett kommen soll.

Die Kindergrundsicherung soll verschiedene Leistungen wie Kindergeld und Kinderzuschlag ersetzen und leichter zugänglich sein. Dies dürfte dazu führen, dass mehr Anspruchsberechtigte das entsprechende Geld tatsächlich erhalten. Paus hält auch Erhöhungen für nötig. Aus Kreisen des Bundesfamilienministeriums hieß es am Dienstag, im Gespräch seien zwei bis sieben Milliarden Euro für Leistungsverbesserungen. Braun äußerte grundsätzliche Zweifel, dass die finanzielle Unterstützung von Familien erhöht werden müsse.

Kritisch blickt der CDU-Politiker zudem auf die Einschränkungen beim Elterngeld, die Paus vorgeschlagen hat. Das sei „eine Prioritätensetzung, die mich sehr, sehr verwundert hat und die ich auch falsch finde“. Das Elterngeld sei „eine Riesenerfolgsgeschichte“ - diese Erfolgsgeschichte „jetzt an der Stelle zu dämpfen, ist eine Prioritätensetzung, die ich jedenfalls nicht nachvollziehen kann“, sagte Braun.

Sozialpolitisch ist diese Einsparung verkraftbar, da wird die Leistung jetzt für Paare gestrichen, die sehr wohlhabend sind.

 Katharina Wrohlich vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung

Elterngeld- und Gleichstellungsexpertin Katharina Wrohlich vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung sagte gegenüber der „Süddeutschen Zeitung“: „150.000 Euro zu versteuerndes Jahreseinkommen, das ist schon richtig viel Geld. Nur etwa vier Prozent aller steuerpflichtigen Paare haben ein Einkommen darüber.“

Paus hat angekündigt, die Einkommensgrenze für das Elterngeld herabzusetzen. Derzeit können Paare mit einem zu versteuernden Jahreseinkommen bis 300.000 Euro die Leistung in Anspruch nehmen - künftig soll die Grenze bei 150.000 Euro liegen. Paus findet den Schritt allerdings selbst problematisch und begründete ihn mit Vorgaben des FDP-geführten Bundesfinanzministeriums wegen des Sparbedarfs im Haushalt. FDP-Politiker wiesen diese Darstellung zurück.

In Deutschland wachsen drei Millionen Kinder in Armut auf.

Präsidentin den Sozialverbands VdK, Verena Bentele

Dass ausgerechnet auch bei Pflege oder Elterngeld gespart werden soll, sei „weder sinnvoll noch überlegt“, sagte der IG-Metall-Vorsitzende Jörg Hofmann laut einer Mitteilung. „Die Ampel hat sich selbst in diese Lage gebracht, weil sie Steuererhöhungen ausschließt und in einem von Krieg und Inflation geprägten Jahr die Schuldenbremse schon für 2023 wieder scharfgestellt hat - das hat die nach der Krise nötigen Spielräume genommen.“

Beim Elterngeld zu sparen sei zwar grundsätzlich nicht gut, wenn jedoch unbedingt Einsparungen nötig seinen „dann ist diese Kappung der Einkommensgrenze wohl noch das Vertretbarste.“ Sie führte außerdem aus „Sozialpolitisch ist diese Einsparung verkraftbar, da wird die Leistung jetzt für Paare gestrichen, die sehr wohlhabend sind.“ Sie beträfen nicht die Mittelschicht. (AFP, dpa, Tsp)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false