zum Hauptinhalt
Die letzten deutschen Soldatinnen und Soldaten aus Mali.

© AFP/RONNY HARTMANN

Zurück aus Mali: Die Truppe kehrt stolz aus Afrika heim – und ein wenig ratlos

Die letzten deutschen Soldaten sind aus Mali zurückgekehrt. Ihre Arbeit wurde beim Empfang in Wunstorf gewürdigt, das Ende des Bundeswehreinsatzes aber wirft Fragen auf.

Er hat nicht damit gerechnet, dass er als Letzter das Licht ausmachen würde, als er im Frühjahr das Kommando über das deutsche Bundeswehrkontingent im malischen Feldlager Camp Castor übernahm. Oberst Heiko Bohnsack sollte den Abzug vorbereiten, der damals noch für Ende Mai kommenden Jahres vorgesehen war.

Nun aber entsteigt er um kurz nach 15 Uhr am Freitag, und damit schon kurz vor Weihnachten dieses Jahres, einem Militärtransporter A400M, der gerade mit zwei weiteren Fliegern die letzten deutschen Soldatinnen und Soldaten aus Mali zurückgebracht hat.

Am Fliegerhorst Wunstorf in Niedersachsen wartet ein großes Aufgebot auf ihn und seine Leute. Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD), Generalinspekteur Carsten Breuer, die Wehrbeauftragte Eva Högl und mehrere Verteidigungspolitiker aus dem Bundestag sind gekommen, um ihren Dank und Respekt für die Arbeit in Mali bei teils 50 Grad auszudrücken.

 1100
Soldatinnen und Soldaten waren im Schnitt vor Ort in Mali.

Nicht zuletzt geht an diesem Freitag in gewisser Weise eine sicherheitspolitische Ära zu Ende. Nach dem Rückzug aus Afghanistan im Sommer vor zwei Jahren ist nun auch der danach größte Bundeswehr-Auslandseinsatz außerhalb des Nato-Gebiets mit durchschnittlich rund 1100 Soldatinnen und Soldaten vor Ort Geschichte.

Für die Wehrbeauftragte schon deshalb eine „Zäsur“, weil beide Missionen aus ganz unterschiedlichen Gründen nicht erfolgreich waren – aber nicht wegen der Soldatinnen und Soldaten, so Högl, „die waren klasse“.

Das Heeresmusikkorps aus Hannover spielt auf, hinter ihrem Kommandanten Bohnsack verlassen die restlichen Soldatinnen und Soldaten die drei Flieger und winken im Vorbeigehen den Angehörigen, die teils schon ungeduldig im großen Hangar des Luftwaffenstützpunkts warten. In die Arme schließen dürfen sie sie aber erst nach der Begrüßungsrede des Ministers.

Die politischen Ereignisse in Mali überschlugen sich

Eigentlich hätte er seine Truppe gerne dort gelassen, um die Sahelregion zu stabilisieren und damit Terror und weitere Flüchtlinge von Europa fernzuhalten. Schließlich sei sie auch für Deutschland, „für uns, von zentraler Bedeutung“, sagt Pistorius. 

Die politischen Ereignisse in Mali aber überschlugen sich: Die eng mit Russland kooperierende Putschregierung in der Hauptstadt Bamako verweigerte nicht nur weiterhin Überflugrechte für Flugzeuge, Hubschrauber und Drohnen, was den deutschen Aufklärungseinsatz immer schwieriger und gefährlicher machte. Im Sommer wurde schließlich der gesamten UN-Stabilisierungsmission zum Jahresende gekündigt.

Wir hatten nicht den Erfolg, den wir uns von Ihrem großartigen Einsatz versprochen haben.

Boris Pistorius, Verteidigungsminister

„Schön, dass Sie alle wohlbehalten zurück sind“, sagt nun an diesem Freitag ein erleichterter Minister. „Sie können stolz auf Ihre Frauen und Männer sein“, ruft er den Angehörigen zu. Dem letzten deutschen Einsatzkontingent in Mali, das vor ihm aufgereiht steht, versichert er, dass ihre Arbeit „weder umsonst noch unbeachtet“ geblieben sei. Er muss aber auch einräumen: „Wir hatten nicht den Erfolg, den wir uns von Ihrem großartigen Einsatz versprochen haben.“

Insgeheim ist man bei der Bundeswehr aber auch ein bisschen froh darüber, die großen aufwendigen Missionen in Afghanistan und Mali nicht mehr stemmen zu müssen – schließlich gibt es zu Hause bei der Landes- und Bündnisverteidigung nach dem russischen Überfall auf die Ukraine vor nun bald zwei Jahren genug zu tun.

In den kürzlich erneuerten verteidigungspolitischen Richtlinien ist zwar weiter davon die Rede, dass sich die Truppe auch in Zukunft für Friedens- und Stabilisierungsmissionen bereithalten muss. Schon jetzt aber tut man sich beispielsweise schwer, den Marineeinsatz der Vereinten Nationen vor der libanesischen Küste angemessen zu bestücken.

Der Zufall will es, dass genau am letzten Tag des Mali-Einsatzes eine Bitte der Amerikaner bekannt wird, die Deutsche Marine im Roten Meer zum Schutz der Seehandelswege einzusetzen.

Während die Wehrbeauftragte eine intensivere Debatte über die Lehren aus den zwei Missionen fordert und ein Untersuchungsausschuss sowie eine Enquetekommission im Bundestag den Einsatz am Hindukusch aufarbeiten, sind für Jürgen Hardt einige der Konsequenzen bereits klar. „Wenn wir die Bundeswehr künftig ins Ausland schicken, dann sollte das von Anfang an gleich richtig gemacht werden“, sagt der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag. „Halb verschämt anzufangen und dann immer mehr Personal und Gerät hinterherzuschicken, war kein Erfolgsmodell.“

Der Christdemokrat ist auch in Wunstorf mit dabei. Er erinnert sich an diesem Tag an den „sehr schwierigen Termin der Beerdigung“. Drei Bundeswehrangehörige starben beim Einsatz in Mali – zwei davon beim Absturz eines Hubschraubers.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false