Wolfgang Fürniß, der eloquente Wirtschaftsminister aus dem baden-württembergischen Wiesloch, hatte den schlechtesten Start aller Kabinettsmitglieder: Kaum im Amt, traf den 56-jährigen der Vorwurf, sich zu Unrecht mit einem amerikanischen Professoren-Titel zu schmücken. Viele prophezeiten damals, dass sich Fürniß nicht im Amt halten werde, doch hat er sie eines Besseren belehrt.
Alle Artikel in „Brandenburg“ vom 09.10.2000
Der 59-jährige frühere Innenminister und Stolpe-Stellvertreter Alwin Ziel (SPD) trat ein schwieriges Erbe an: Auf Wunsch von Stolpe übernahm er das frühere Hildebrandt-Ressort, ohne bisher eigene Akzente setzen zu können. Allerdings sind - im Gegensatz zu früher - auch keine größeren Pannen aus dem Sozial- und Gesundheitsministerium mehr bekannt geworden.
Seit Kurt Schelter (CDU) aus Bayern nach Brandenburg gekommen ist, vergleicht niemand mehr die Gefängnisse mit einem "Reisebüro". Die Situation in den Haftanstalten, die durch spektakuläre Ausbrüche massiv in der Kritik standen und seinen Vorgänger Bräutigam unter Druck brachte, hat sich unter dem neuen CDU-Justizminister spürbar entschärft: Der 54-Jährige, der die Anstalten mit unangekündigten Vor-Ort-Besuchen überrascht, hat dem Schlendrian in den Gefängnissen den Kampf angesagt.
Zwar ist die neue Finanzministerin Dagmar Ziegler noch ein weitgehend unbeschriebenes Blatt: Die frühere finanzpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion ist erst am 20. September vereidigt worden und gerade mal drei Wochen im Amt.
Wolfgang Birthler, einst als Chef der SPD-Landtagsfraktion unangefochten, hat als Agrar- und Umweltminister einen schweren Stand. Der sturköpfige 53-Jährige vergrätzte gleich nach Amtsantritt die Bauern, als er deren Landesversammlung nach einem Blitzauftritt verließ, um lieber mit Genossen in Düsseldorf zu feiern.
Selbst in der CDU glauben viele, dass der zurückgetretene Kulturminister Wolfgang Hackel den Streit um seine Firmen eskalieren ließ, um einen Vorwand für den Rücktritt zu haben. Für diese These spricht, dass es in der Sache einen Lösungsvorschlag zwischen Staatskanzlei und Hackels Anwalt gab, der wenige Änderungen an den Gesellschafterverträgen vorsah.
Bau und Verkehrsminister Hartmut Meyer (SPD) hatte Glück: Sein Stuhl wackelte nicht, obwohl die Landesentwicklungsgesellschaft (LEG), für deren Fachaufsicht er zuständig ist, Millionenverluste einfährt. Der Skandal - immerhin setzte die LEG 1999 rund 50 Millionen Mark in den Sand, in diesem Jahr können 30 Millionen oder mehr dazu kommen - ging in den letzten Monaten im Streit um Schönbohms Ausländerpolitik unter.
Der Tagesspiegel bewertet die Arbeit des Regierungschefs Manfred Stolpe und seiner Regierung aus neun Ministern aus SPD und CDU. Die Versetzung ist noch nicht gesichert, doch die beiden Klassensprecher Stolpe und Schönbom haben ihre Truppe besser im Griff, als mancher erwartet.
Die Wogen um Bildungsminister Steffen Reiche, der früher wegen seiner Doppelbelastung als Parteichef und Minister in der Kritik stand, haben sich geglättet. Zwar hakt es immer noch in Details, doch kann es sich der 40-jährige ehemalige Kulturminister auf seine Fahne heften, die überfällige Bildungsreform in Angriff genommen zu haben.
Im so genannten Hetzjagd-Prozess vor dem Landgericht Cottbus erklärte der Staatsanwalt gestern in seinem Plädoyer, die elf Angeklagten im Alter von 17 bis 21 Jahren hätten sich der fahrlässigen Tötung, der gemeinschaftlich begangenen, gefährlichen Körperverletzung bei der Hetzjagd auf den 27-jährigen Omar Ben Noui schuldig gemacht. Zugleich wurden einigen Angeklagten Volksverhetzung, Beleidigung, Sachbeschädigung sowie mehrere bereits 1998 begangene Taten wie räuberische Erpressung, räuberischer Menschenraub, Körperverletzung und Diebstahl zur Last gelegt.
Vize-Premier und Innenminister Jörg Schönbohm hat sein Wahlkampf-Versprechen gehalten: Als Ressortchef brachte er die meisten Reformvorhaben auf den Weg und bewies dabei Konsequenz. So bei der Polizeistrukturreform, die die Zahl der "Häuptlinge" verringern und dafür mehr Polizisten auf die Straße bringen soll.
Ministerpräsident Manfred Stolpe hat das Koalitionsschiff bisher sicher durch alle Klippen gesteuert. Sein Formtief nach der Wahlniederlage vor einem Jahr hat der 64-Jährige überwunden.