zum Hauptinhalt
Minister Guido Beermann bei der Einweihung der Nutheschnellstraße in Potsdam

© Ottmar Winter PNN/Ottmar Winter PNN

Bund und Land prüfen: Brandenburgs Ex-Verkehrsminister Beermann will Mercedes-Lobbyist werden

Vor wenigen Wochen räumte Guido Beermann (CDU) überraschend seinen Posten. Nun ist klar, warum er der Politik den Rücken kehrte.

Brandenburgs Ex-Verkehrsminister Guido Beermann will wenige Wochen nach seinem überraschenden Rücktritt nun Auto-Lobbyist werden - und zwar Leiter der Hauptstadt-Repräsentanz der Mercedes-Benz-Group. „Kurz vor Weihnachten ging in der Staatskanzlei die Information ein, dass das beabsichtigt ist“, sagte dazu Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) am Freitag in Potsdam. „Ich habe es nicht gewusst.“

Er sei „ein bisschen enttäuscht“, nicht früher informiert worden zu sein. Laut „Bild“ und „B. Z.“, die zuerst über den Fall berichteten, solle es um einen Lobbyisten-Job mit einem Jahressalär von bis zu 300.000 Euro gehen.

Das Bundesverkehrsministerium und Brandenburgs Staatskanzlei prüfen aktuell, ob ein solcher Wechsel mit den Karenzbestimmungen für einen Wechsel in die Wirtschaft nach dem Ausscheiden aus einem Regierungsamt vereinbar ist. Bevor der Christdemokrat 2019 Minister in Brandenburg wurde, war er unter Minister Andreas Scheuer (CSU) zwei Jahre Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium. Es war die Zeit des Dieselskandals, in den die deutsche Autoindustrie verwickelt war. Der Mercedes-Konzern ist erst jüngst erneut davon eingeholt worden. Das Kraftfahrzeugbundesamt hatte im Dezember den Rückruf von 100.000 Mercedes-Fahrzeugen angeordnet.

Im Kern geht es bei den Karenzregelungen in Bund und Land vor allem darum, Interessenkollisionen mit unmittelbaren früheren Verantwortungsbereichen zu vermeiden. Unternehmen heuern Ex-Politiker an, um von deren Netzwerken zu profitieren. In der Brandenburger Ministerverantwortung Beermanns lag die Infrastrukturanbindung der 2019 angekündigten und 2022 eingeweihten Tesla-Fabrik in Grünheide, die als größte Bedrohung der klassischen deutschen Automobilindustrie gilt.

In der Sache wollte Dietmar Woidke den Karriereschritt Beermanns wegen der laufenden Prüfungen nicht kommentieren. Er verwies aber darauf, dass Brandenburg „die härtesten Regelungen bundesweit“ habe. Brandenburg hatte das Ministergesetz 2016 verschärft. Es sieht eine Anzeigepflicht von Tätigkeiten ehemaliger Mitglieder der Landesregierung bis 24 Monate nach dem Ausscheiden aus dem Amt vor. In diesem Zeitraum ist es möglich, die Aufnahme der Tätigkeit zu verbieten.

Die Organisation Lobbycontrol sieht einen baldigen Wechsel des brandenburgischen Ex-Verkehrsministers Guido Beermann (CDU) in die Wirtschaft kritisch. „Das wäre ein klarer Interessenkonflikt – und sollte nicht genehmigt werden“, sagte die Sprecherin des Transparenz-Initiative Lobbycontrol, Christina Deckwirth, der „Märkischen Allgemeinen Zeitung“ (Online am Freitag).

In der Vergangenheit gab es ähnliche Fälle: In der letzten Legislatur wollte 2018 Ex-Sozialministerin Diana Golze (Linke) nach ihrem Rücktritt zur Arbeiterwohlfahrt wechseln. Damals ging es nicht einmal um einen Führungsposten, angesichts der Debatte trat Golze den Job in der mittleren Awo-Ebene jedoch nicht an.

Beermann hatte am 3. November, knapp ein Jahr vor der Landtagswahl, völlig überraschend seinen Rücktritt erklärt. „Ich habe diese Entscheidung nach reiflicher Überlegung getroffen. Nach rund 30 Jahren in der Verwaltung und Regierung an verschiedenen Positionen strebe ich einen neuen Lebensabschnitt an“, hieß es damals in seiner persönlichen Erklärung. Er wolle sich und seiner Familie „in herausfordernden Zeiten eine private Auszeit gönnen und eine neue berufliche Herausforderung anstreben“. Nun ist klar, um welche Herausforderung es sich handelt. Eine Anfrage an Beermann blieb bis zum Freitagnachmittag unbeantwortet.

Von der Rücktrittsentscheidung war Woidke am 3. November von der CDU informiert worden und nicht von Beermann persönlich – obwohl am Tage die Landesregierung gemeinsam mit dem Berliner Senat getagt hatte. Der Stil sorgte regierungsintern schon damals für Verwunderung. Beermann dankte dann dem Regierungschef in einem Schreiben am 22. November, dem formalen Ende seiner Amtszeit, für die enge Zusammenarbeit. „Danke auch für Offenheit, für Vertrauen und Freundlichkeit! All dies waren und sind große Geschenke.“ Für ihn beginne nun „ein neuer Lebensabschnitt.“ Ob dies bei Mercedes sein wird, hängt nun vom Ausgang der Karenz-Prüfung ab.

(mit dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false