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Ukrainische Flüchtlinge gehen nach ihrer Registrierung in der Orangerie der Biosphäre Potsdam zur Straße. Das Land will die Kommunen entlasten und ihnen deutlich weniger Flüchtlinge zuteilen.

© dpa/Soeren Stache

Flüchtlingsgipfel in Brandenburg: Woidke-Regierung und Kommunen nähern sich an

Das letzte Treffen im März war geplatzt. Doch nun haben Brandenburgs Regierung, Kommunen und Kreise den Konflikt um die Unterbringung tausender Flüchtlinge in diesem Jahr entschärft.

Brandenburgs Kenia-Regierung und die Kommunen haben den Konflikt um die Unterbringung tausender Flüchtlinge in der Mark deutlich entschärft, aber nach einem halben Jahr immer noch nicht gelöst. Das ist das Ergebnis einer Landrätekonferenz zur Flüchtlingsproblematik am Mittwoch in der Staatskanzlei, zu der Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) eingeladen hatte. Seine Regierung sagte den Kreisen, Städten und Gemeinden Entlastungen zu. „Brandenburg stellt sich geschlossen dieser Herausforderung“, sagte Woidke. Er äußerte Verständnis, dass die Kommunen bei der Aufnahme ans Limit geraten.

Obwohl das Ergebnis hinter seinen Erwartungen vom Vortag zurückbleibt, hält der Regierungschef an seiner Linie fest: „Wenn wir den Schulterschluss mit den Kommunen verlieren, dann haben wir verloren.“ Brandenburg unterstütze die Kommunen und Kreise bei der Bewältigung dieser Herausforderung finanziell mehr als fast alle Bundesländer.

Land will weniger Asylsuchende verteilen

Konkret sagte die Woidke-Regierung zu, ab 1. Juli 2023 jeden Monat 450 Asylsuchende weniger auf die Kommunen im Land zu verteilen  – auch keine mehr ohne konkrete Bleibeperspektive. Brandenburg wird diese im Gegenzug länger in der Zentralen Landesaufnahmeeinrichtung (ZABH) und deren Außenstellen lassen und betreuen, deren Kapazitäten in diesem Jahr um 1500 Plätze erweitert werden. Und zwar um 500 in Eisenhüttenstadt, Frankfurt (Oder) und Wünsdorf. Im nächsten Jahr sollen weitere 1500 Plätze geschaffen werden, allerdings an anderen Standorten, erklärte Innenminister Michael Stübgen (CDU).

Um das zu ermöglichen, sollen Flüchtlinge statt bisher sechs Monate bis zu 18 Monate in den Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes bleiben, wobei Familien mit Kindern davon ausgenommen sein sollen. Eine Ausweitung auf 24 Monate ist in der Diskussion. Um den längeren Verbleib in der Erstaufnahme hatte es heftigen Streit innerhalb der Kenia-Koalition gegeben, da die Grünen gegen diesen Weg sind.

Auf der anderen Seite hat sich das Problem zusätzlich verschärft, weil das Innenministerium unter Stübgen die aufwendig sanierte ZABH-Außenstelle in Doberlug-Kirchhain (früher 1000 Plätze) aufgegeben hat. Beide Seiten verständigten sich auf dem Flüchtlingsgipfel auf ein von der Regierung vorgelegtes „Arbeitspapier“, auf dessen Grundlage nun eine Taskforce unter Leitung von Staatskanzleichefin Katrin Schneider gemeinsam mit den kommunalen Spitzenverbänden zügig Lösungen erarbeiten will. Es sei ein „erster Schritt“, ein „guter Fahrplan für die nächsten Wochen und Monate“, erklärte Woidke.

Kommunen nicht unzufrieden mit Ergebnis

Die kommunalen Spitzenverbände, Landräte und Oberbürgermeister begrüßten zwar das Entgegenkommen des Landes, sehen aber weiterhin deutlichen Handlungsbedarf. Ich bin „grundzufrieden“, sagte Siegurd Heinze, Präsident des Landkreistages und parteiloser Landrat von Oberspreewald-Lausitz. Nun müssten aber zügig verbindliche Lösungen ausgehandelt werden, „möglichst eine Vereinbarung mit dem Land“, sagte Heinze. Aus Sicht der Landkreise müssten Menschen, die keinen aufenthaltsrechtlichen Status in Deutschland haben, in ihre Heimatländer zurückgeführt werden. „Es muss eine Rückführungsoffensive geben.“ Die Landesregierung habe zugesagt, dass sie sich dafür einsetzen werde.

Es muss eine Rückführungsoffensive geben.

Siegurd Heinze, Präsident des Landkreistages

Sozialministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) widersprach dem nicht, verwies aber auf den Arbeitskräfte- und Fachkräftemangel. „Wir sollten Menschen, die eh hier sind, fit für den Arbeitsmarkt machen“, so Nonnemacher. Der Städte- und Gemeindebund macht Druck, fehlende Kita- und Schulplätze zu schaffen. Präsident Oliver Herrmann, auch Bürgermeister in Wittenberge, begrüßte Erleichterungen, etwa die Doppelnutzung von Hort- und Schulräumen. „Eine Gießkanne wird es nicht geben“, sagte Herrmann. Es gebe jetzt mit der Regierung eine „Kommunikation auf Augenhöhe.“ Auf die Frage, ob die Erwartungen der Kommunen erfüllt seien, antworte er mit einem „klaren Jein.“

Mit der Einberufung dieses Flüchtlingsgipfels hatte Woidke auch eine Forderung von Landkreistag und Städte- und Gemeindebund aufgegriffen. Im letzten Jahr hatten die Gemeinden, Städte und Kreise der Mark rund 38.000 Menschen aufgenommen, die meisten davon aus der Ukraine. In diesem Jahr kamen bisher rund 5400 Menschen in der Erstaufnahme an, etwas weniger als erwartet. Das Aufnahmesoll, auf dessen Grundlage die Kommunen planen, geht von 26.000 Neuankömmlingen allein in diesem Jahr aus.

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