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Osterreiter sind am Ostersonntag am 05.04.2015 nahe dem Spreewalddorf Zerwitz bei Lübbenau (Brandenburg) unterwegs. Das Osterreiten findet insbesondere noch in den sorbischen Siedlungsgebieten der Lausitz statt. Alljährlich am Ostersonntag nehmen festlich gekleidete Reiter mit ihren geschmückten Pferden an der traditionellen Osterprozession teil, um mit Gebeten und Gesängen in den Nachbargemeinden die frohe Botschaft der Auferstehung Jesus Christus zu verkünden. Foto: Patrick Pleul/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++ | Verwendung weltweit

© picture alliance / dpa/Patrick Pleul

Osterreiten in der Lausitz: Frohe Botschaft hoch zu Roß

Reiter mit Frack und Zylinder auf geschmückten Pferden faszinieren jedes Jahr zu Ostern in der Lausitz. Für die einen ist es ein Spektakel, für andere Gottesdienst im Freien.

Von Anett Böttger

Hoch zu Ross ziehen Gläubige am Ostersonntag im Osten Sachsens und im Süden Brandenburgs wieder übers Land. Vom Rücken ihrer Pferde aus tragen Osterreiter die frohe Botschaft von der Auferstehung Jesu Christi in die Welt. Die religiösen Rituale ähneln sich, doch regional gibt es deutliche Unterschiede.

Bei den Prozessionen im Siedlungsgebiet der katholischen Sorben zwischen Bautzen, Hoyerswerda und Kamenz sowie in Ostritz an der sächsisch-polnischen Grenze sind ausschließlich Männer unterwegs. Am Osterreiten im Spreewald dürfen dagegen auch Frauen teilnehmen.

Im evangelischen Kirchengebiet rund um Lübbenau wurde der ursprünglich katholische und einst weitverbreitete Brauch 1997 wiederbelebt. Seither startet die andächtige Zeremonie immer nach dem Ostergottesdienst an der Kirche in Zerkwitz. Rund 30 Reiterinnen und Reiter sind für dieses Jahr angemeldet, sagt Pfarrerin Ulrike Garve. Die Prozession führt auf einer etwa 30 Kilometer langen Route durch fünf Orte des Pfarrsprengels, um nach etwa vier Stunden wieder nach Zerkwitz zurückzukehren.

1628
ist das Jahr, seit dem nachweislich belegt it, dass in Ostritz zusätzlich zur Verkündung der Osterbotschaft die Felder gesegnet wurden.

Eine fast 400-jährige Tradition hat mittlerweile das Saatreiten in Ostritz. Nachweislich seit 1628 ist belegt, dass dort zusätzlich zur Verkündung der Osterbotschaft auch die Felder gesegnet werden. „Wir beten für das Gedeihen der Saat, für die Natur und die Bewahrung der Schöpfung“, erklärt Andreas Posselt. Er reitet nicht nur zum 38. Mal mit, sondern bläst dabei auch Trompete – zusammen mit einigen anderen der festlich gekleideten Männer im Zug.

Die Liturgie legt genau fest, welche instrumentalen Stücke und Lieder nach alter Überlieferung unterwegs erklingen. Fünf Stationen steuern die Reiter während ihrer dreistündigen Prozession durch Ostritz an, darunter das Kloster St. Marienthal.

Selbst zu DDR-Zeiten wurde in Ostritz die Tradition gepflegt

Die direkt an der Neiße gelegene Zisterzienserinnenabtei ist seit 1234 ununterbrochen bewohnt. Nach der Reformation blieb die Gegend um Ostritz als Enklave weiterhin katholisch geprägt. Bevor 1945 die deutsch-polnische Grenze entlang des Flusses gezogen wurde, habe es auch in drei anderen früheren Klosterdörfern östlich der Neiße Reiterprozessionen zu Ostern gegeben, berichtet Posselt. Lediglich in Ostritz wurde die Tradition kontinuierlich fortgeführt, selbst zu DDR-Zeiten.

Rund 70 Saatreiter feierten 2023 „Gottesdienst zu Pferde“, wie Posselt es ausdrückt. Der überwiegende Teil von ihnen sei katholisch. Doch längst hat die Veranstaltung ökumenischen Charakter. So gehört der evangelische Ortspfarrer schon seit Jahren zu den Teilnehmern. Auch der Görlitzer Landrat Stephan Meyer ist als Protestant bereits mehrfach im Ostritzer Zug mitgeritten. „Ich wäre nie selbst auf die Idee gekommen“, räumt der CDU-Politiker ein. Er sei angesprochen worden, ob er sich aktiv an der Prozession beteiligen wolle.

Für Meyer erfüllte sich damit ein „Herzenswunsch aus Kindertagen“. Mit seinen Eltern habe er beim Saatreiten oft an der Strecke gestanden. „Das hat mich fasziniert“, sagt der Landrat. Es sei kein Event, sondern eine sehr ehrwürdige Veranstaltung. „Jeder, der mitreitet, ist gewillt, dem kirchlichen Ansatz zu folgen“, sagt der Vater aus Oderwitz. Meyers ältester Sohn wird in diesem Jahr wieder an seiner Seite im Sattel sitzen. Zum dritten Mal nehmen beide gemeinsam an der Ostritzer Prozession teil. Ihnen kommt dabei zugute, dass ihre Familie eigene Pferde besitzt. Die meisten Saat- und Osterreiter müssen sich für das Ereignis Tiere ausleihen, was immer schwieriger und kostspieliger geworden ist.

Brauch ist bei den Sorben tief verwurzelt

Diese Herausforderung kennt auch Dawid Statnik, der Vorsitzende der sorbischen Dachorganisation Domowina. Alljährlich steigt er bei einer der neun Prozessionen in den Sattel, die durch das Kerngebiet des kleinsten slawischen Volkes führen. „Für mich ist es ein Glaubensbekenntnis“, sagt der Katholik. Im Zug, der von seinem Heimatort Ralbitz nach Wittichenau unterwegs ist, kommt ihm eine besondere Aufgabe zu: Er trägt das Kreuz mit der Jesusfigur. In diesem Jahr begeht Statnik sogar ein Jubiläum. Ein silberner Kranz am Revers seines Fracks wird darauf hinweisen, dass er das 25. Mal teilnimmt.

Der Brauch, die Auferstehungsbotschaft betend und singend in die benachbarte Pfarrgemeinde zu tragen, ist bei den katholischen Sorben tief verwurzelt. „Die ganze Familie steht dahinter“, sagt Statnik. Er selbst saß mit 15 Jahren erstmals bei einer Prozession im Sattel. Inzwischen begleitet ihn sein ältester Sohn zum zweiten Mal, erzählt der dreifache Vater. Auch Statniks Bruder und Neffe reiten im Ralbitzer Zug mit.

Die Zeremonie für weibliche Teilnehmer zu öffnen sei durchaus schon diskutiert worden, räumt der Domowina-Chef ein. Doch bislang wird an der überlieferten Tradition festgehalten. Frauen bleiben somit im Hintergrund, indem sie bei der Vorbereitung helfen oder die Bewirtung der Osterreiter am Tag der Prozession übernehmen. (dpa)

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