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Die 18-jährige Ranim Taraman aus Lindow gehörte in Oranienburg zu den Preisträgerinnen des ersten Preises.

© Andreas Herz

Was die Demokratie stützt: Zivilgesellschaftliches Engagement in Berlin und Brandenburg ausgezeichnet

Zum achten Mal ist am Sonntag der Franz-Bobzien-Preis für Demokratie und Toleranz in Oranienburg verliehen worden. Es gab so viele Bewerbungen wie nie zuvor.

Es war eine Reise nach Auschwitz, die den Mädchen die Herzen öffnete. Vorher, so beschreibt es eine von ihnen, dachte sie immer, „die Juden seien selbst an ihrem Schicksal und den vielen Toten schuld. Doch jetzt weiß ich, dass das nicht stimmt.“

Das Projekt der DGB-Jugendbildungsstätte Flecken Zechlin, mit dem die Mädchen und jungen Frauen aus dem Iran, Afghanistan, Deutschland, Syrien und Palästina eine transkulturelle Jugendreise unternahmen, ist am Sonntag mit dem 1. Platz des Franz-Bobzien-Preises der Stadt Oranienburg ausgezeichnet worden. Die besonders heterogene Gruppe sei eine große Herausforderung gewesen, einer der Gründe, warum sich die Jury für sie entschied.

„Ihre Reise widerlegt die Behauptung, wir könnten einander wegen unserer unterschiedlichen Identitäten nicht verstehen“, sagte Staatssekretär Tobias Dünow als Vertreter der Landesregierung in seiner Laudatio auf die ersten Preisträger. Eine stabile Demokratie sei das, wofür wir uns alle gemeinsam einsetzen müssten – „denn nur in ihr können alle verschieden und gleich sein“.

Für die mit 3000 Euro dotierte Auszeichnung der Stadt Oranienburg und der Gedenkstätte Sachsenhausen waren 54 Bewerbungen eingegangen.

Wittstocker Bündnis engagiert sich seit 2002

Der zweite Platz war von der Jury an das Bürgerbündnis „Wittstock bekennt Farbe“ vergeben worden. Seit einem tödlichen Überfall von mutmaßlich Rechtsradikalen auf den 24-jährigen Kajrat Batesow im Jahr 2002 ist das Bündnis in der Stadt zivilgesellschaftlich aktiv. Es organisiert die Veranstaltung „Lesen gegen das Vergessen“ zum Gedenken an die Bücherverbrennung, erinnert im November an die Reichspogromnacht und positioniert sich gegen Antisemitismus.

Dass die zivilgesellschaftliche Arbeit, die hinter den vielen Projekten stehe, eine „Stütze der Demokratie sei“ hatte Astrid Ley, stellvertretende Leiterin der Gedenkstätte hervorgehoben. In diesem Sinne ist auch die Arbeit der dritten Preisträger zu sehen, der AG Spurensuche aus Spremberg.

Nicht nur Neugier – auch Abwehr

Die widmet sich der Erinnerungskultur ihrer Stadt und stößt dabei nicht nur auf Neugier und Interesse, sondern auch auf Ignoranz und Abwehr. Wie überhaupt viele der eingereichten Projekte auch mit Ablehnung und Distanz zu kämpfen haben.

Die Auszeichnung, die zum achten Mal verliehen wurde, ist nach dem Hamburger Lehrer und Politiker Franz Bobzien (1906-1941) benannt, ein Mitglied seiner Familie gehörte ebenfalls zur Jury.

Oranienburgs Bürgermeister Alexander Laesicke (parteilos) erklärte am Sonntag, die Vielzahl und Qualität der Bewerbungen seien überwältigend. „Die vorgeschlagenen Projekte machen Mut.“ Und Staatssekretär Dünow fand Worte, die für alle Teilnehmer gültig sein können: „Sie haben sich gemeinsam auf eine Reise zu neuen Erkenntnissen begeben und das ist mehr als eine intellektuelle Übung – das ist der Stoff, aus dem die Demokratie gemacht ist.“

Transparenzhinweis: Der Jury des Franz-Bobzien-Preis gehören auch die Autorin dieses Beitrags, Tagesspiegel-Redakteurin Claudia Seiring, und der stellvertretende Berlin-Ressortleiter Alexander Fröhlich an.

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