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Wind zu Wasserstoff. Im Hybridkraftwerk in Prenzlau (Uckermark) werden Brennstoffzellen mit Windkraft geladen. Mit ihrer Energie kann man etwa Autos grün betanken. Die lokale Firma Enertrag verkaufte so ein Kraftwerk nun nach Frankreich.

© picture alliance / dpa

Wasserstoff-Pipelines für Brandenburg: Wirtschaftsminister Steinbach drängt auf schnellen Neubau

Brandenburg will führendes Land in Europa für klimaneutrale Produktion werden. Dafür ist ein 1000 Kilometer langes Wasserstoff-Transportnetz nötig.

Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) drängt auf einen zügigen Bau von Wasserstoff-Pipelines, um große Werke der Stahl-, Glas-, Zement- und Chemieindustriestandorte mit dem Grundstoff und Heizkraftwerke der Mark mit dem klimafreundlichen Energieträger zu versorgen. Am Donnerstag stellte Steinbach in der Potsdamer Staatskanzlei die Machbarkeitsstudie für den stufenweisen Aufbau des „Wasserstofftransportnetzes Brandenburg“ vor, das 2030 mit 687 Kilometern starten soll und 2045 eine Gesamtlänge von 1102 Kilometer hätte. Die Gesamtkosten werden mit 1,2 Milliarden Euro beziffert.

1102
Kilometer lang soll das neue H2-Netz sein

Auf 603 Kilometern sollen bestehende Erdgasleitungen umgenutzt, 499 Kilometer Pipelines neu errichtet werden, was Zündstoff birgt. Steinbach machte deutlich, dass von dem Netz das Überleben der Brandenburger Grundstoffindustrie abhängen wird. Die Startphase dürfe nicht verschlafen werden, wenn Deutschland bis 2045 klimaneutral werden will, mahnte der Minister. Brandenburg wird zudem auch als Transitland für die Wasserstoffversorgung im Süden Deutschlands und Berlins gebraucht.

© Grafik: Katrin Schuber | Quelle: Fraunhofer IEG, Stand: 15.2.2023

Die Zeit drängt, „wir müssen erfolgreich sein“, sagte Steinbach. Wie knapp die ist, zeigen bereits laufende Projekte. So soll, gefördert von der EU, von der Firma Ontras ein H2-Startnetz errichtet werden - vom Rostocker Hafen durch Mecklenburg-Vorpommern über Brandenburg weiter nach Süden. Vorgesehen sind dabei auch neue Wasserstofffernleitungen in Nord-Süd-Richtung zwischen Brandenburg an der Havel und Potsdam in den Kreisen Potsdam-Mittelmark und Havelland. Diese Leitungen müssen nach den EU-Vorgaben bis 2028 fertig sein, sagte Steinbach. Das sei für die erforderlichen Genehmigungsverfahren eine große Herausforderung. Bis 2030 sieht die Studie zudem neue Leitungen nach Schwedt und in die Lausitz vor.

Solar- und Windparks sollen auch Wasserstoff produzieren

Die Machbarkeitsstudie ist von einem Konsortium unter Federführung der Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geothermie (IEG) erstellt worden. Danach wird der Bedarf an Wasserstoff in Brandenburg von knapp fünf Terawattstunden im Jahr 2030 auf 40 Terawattstunden im Jahr 2045 ansteigen.

Er wird besonders von der Industrie im Osten des Landes benötigt, etwa im Stahlwerk in Eisenhüttenstadt, aber auch für den Verkehr und die Fernwärmeerzeugung in Brandenburg und Berlin. Er soll zum einen über die Häfen Rostock und Lubmin - als Import oder als Produkt von Offshore-Windparks in der Ostsee - kommen, zum anderen aber über Elektrolyse in Brandenburger Wind- und Solarparks erzeugt werden.

Minister sieht kein Wasserdefizit für die Pläne

Die größten Potenziale dafür gibt es laut Studie auf früheren Tagebauflächen in der Lausitz sowie windstarken Gebieten im Norden, also den Kreisen Prignitz, Ostprignitz-Ruppin und der Uckermark. Das Potenzial für im Land erzeugten Wasserstoff beziffert die Studie 2030 auf zunächst eine Terawattstunde, jedoch bis 2045 auf 21 Terawattstunden stark anwachsend. Die Annahmen gehen davon aus, dass - trotz der aktuellen Debatten um die Wasserversorgung im Land - auch für Wasserstofferzeugung genügend Wasser vorhanden sein wird, sagte Steinbach: „Wasser ist kein limitierender Faktor.“

Bei den Trassenvorschlägen habe man darauf geachtet, vorhandene Leitungen einzubeziehen, Schutzgebiete möglichst minimal zu belasten und Hochwasserrisikogegenden zu meiden, sagte Florian Temmler von der Firma Infracon, die diesen Teil der Studie erstellte. Der Stufenplan sieht etwa vor, dass bis 2035 weitere 260 Kilometer neue Leitungen im Havelland bei Brandenburg an der Havel nach Sachsen-Anhalt, von Radegast nach Sachsen und in der Lausitz errichtet werden, bis 2040 weitere 68 Kilometer Abzweig-Trassen (zu Heizkraftwerken) nach Potsdam, Rathenow, Frankfurt an der Oder und Welzow und zuletzt noch bis 2045 Ringschlüsse über 149 Kilometer nördlich von Berlin und in der Lausitz.

Die Experten haben auch schon mal durchgerechnet, wie dick die Rohre sein müssen, wie viel Wasserstoff im Worst Case (nur Importe über Rostock und Lubmin) durch das Netz gepumpt werden könnte. Die Betriebskosten des Netzes beziffert die Studie auf 15,25 Millionen Euro jährlich. Steinbach betonte, dass das Netz weitgehend privat finanziert werden muss: „Vater Staat wird es nicht als eine eigene Infrastruktur bereitstellen können.“

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