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Hilfe im Repair-Café: Dort lässt sich fast alles vom Haartrockner bis zum Handy reparieren.

© dpa/Florian Schuh

Recht auf Reparatur: Ein neuer Gesetzesentwurf gegen die Wegwerfgesellschaft

Die EU will weg vom massenhaften Elektroschrott. Deshalb soll das Reparieren von Geräten leichter werden. Das stärkt Verbraucher und schont die Umwelt.

Ist ein Handy kaputt, landet es meist im Müll. Eine Reparatur ist oft umständlich oder auch nicht möglich. Mit dieser Wegwerfmentalität soll nach dem Willen der Europäischen Union bald Schluss sein. Aus diesem Grund hat die EU-Kommission am Mittwoch ihren Gesetzentwurf für ein „Recht auf Reparatur“ vorgelegt, das in der gesamten Europäischen Union gelten soll.

In Zukunft sollen Hersteller und Händler von Neuwaren etwa dazu verpflichtet werden, Reparaturen auch nach Ende der allgemeinen Gewährleistungsfrist von zwei Jahren anzubieten und dementsprechend auch Ersatzteile vorzuhalten. Die EU-Kommission ist überzeugt: „Mit dem Vorschlag wird es für Verbraucher:innen einfacher und kostengünstiger, Waren reparieren, statt sie ersetzen zu lassen. Darüber hinaus wird eine höhere Nachfrage den Reparatursektor ankurbeln und gleichzeitig Anreize für Hersteller und Verkäufer schaffen, nachhaltigere Geschäftsmodelle zu entwickeln.“ Der Vorschlag konzentriert sich auf vier Punkte:

  • Reparatur innerhalb der Garantiefrist
    Geht ein Gerät innerhalb von zwei Jahren kaputt, ist der Verkäufer verpflichtet, die Ware kostenlos zu reparieren oder zu ersetzen. Das gilt allerdings nur, wenn das Problem auf einen Mangel am Gerät zurückzuführen ist. Ein ins Klo gefallenes Smartphone ist damit nicht abgedeckt.
  • Reparatur außerhalb der Garantiefrist
    Nach Ablauf der Garantie sollen einfachere und kostengünstigere Möglichkeiten geschaffen werden, technisch reparierbare Produkte zu reparieren. Dazu müssen Unternehmen sicherstellen, dass für ein Gerät auch Ersatzteile geliefert werden können. Hersteller etwa von Fernsehern oder Geschirrspülern werden verpflichtet, dass ein Produkt bis zu zehn Jahre nach dem Kauf noch repariert werden kann – es sei denn, das Gerät ist so beschädigt, dass die Reparatur technisch unmöglich ist.
  • Einfache Suche nach einer Werkstatt
    Die EU-Vorschriften soll Verbrauchern ermöglichen, geeignete Reparaturdienste zu finden. Dazu sollen eine sogenannte „Matchmaking-Online-Reparaturplattformen“ eingerichtet werden, auf denen Werkstätten anhand verschiedener Suchkriterien, wie etwa des Standorts, leicht finden sind. Zudem soll ein europäischer Reparaturstandard entwickelt werden, um Reparaturwerkstätten zu identifizieren, die sich zu einem qualitativ hochwertigeren Service verpflichten, beispielsweise in Bezug auf die Dauer.
  • Transparente Kosten für eine Reparatur
    Zur besseren Vergleichbarkeit für die Verbraucher, soll es ein europaweites Informationsformular geben, auf dem die gängigen Reparaturen aufgelistet sind. Anhand dieses Formulars können Preise, Reparaturdauer oder Verfügbarkeit eines Ersatzprodukts einfach verglichen werden.

Über die Vorschläge müssen nun das Europaparlament und die EU-Staaten beraten und einen Kompromiss aushandeln. Bis die Kunden von dem Vorhaben profitieren, dürfte also noch etwas Zeit vergehen. Das Recht auf Reparatur soll aber nicht nur den Verbrauchern, sondern vor allem auch der Umwelt zugutekommen.

Mit dem Vorschlag wird es für Verbraucher:innen einfacher und kostengünstiger, Waren reparieren, statt sie ersetzen zu lassen.

Gesetzesentwurf der EU-Kommission

Die Kommission argumentiert, dass weniger weggeworfene Produkte auch weniger Abfall und weniger Materialien zur Herstellung bedeuten würden. Somit fielen auch weniger Treibhausgasemissionen an. Geschätzt sollen über 15 Jahre 18,5 Millionen Tonnen Treibhausgasemissionen, 1,8 Millionen Tonnen Ressourcen und Abfall in Höhe von 3 Millionen Tonnen eingespart werden.

EU-Parlamentarier begrüßen Gesetzesentwurf

Die Abgeordneten im Europaparlament äußerten sich am Mittwoch grundsätzlich positiv zu dem Papier. „Wenn wir zu einem ressourcenschonenderen Wirtschaftsmodell kommen wollen, macht es Sinn, mehr auf Reparieren statt Neukaufen zu setzen“, erklärte der CSU-Politiker Markus Ferber, wirtschaftspolitische Sprecher der EVP-Fraktion. „Das verhindert unnötigen Elektroschrott und schont den Verbrauch kritischer Rohstoffe.“ Allerdings gibt er zu bedenken, dass inzwischen bei manchen elektronischen Geräten allein die winzige Größe, der Reparierbarkeit Grenzen setze.

Auch René Repasi, Verbraucherpolitischer Sprecher der Europa-SPD, äußerte sich positiv, verlangt aber, dass sich jeder die Reparatur eines Gerätes leisten können müsse und „dass Unternehmen keine abschreckenden Mondpreise verlangen“. Ansonsten drohe das Recht auf Reparatur „lediglich auf dem Papier“ zu existieren. Abhilfe könnten in seinen Augen „Reparaturgutscheine“ schaffen. In eine ähnliche Richtung geht der Vorschlag der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv), die die Einführung eines bundesweiten Reparaturbonus für alle Elektronikgeräte vorschlägt.

Das verhindert unnötigen Elektroschrott und schont den Verbrauch kritischer Rohstoffe.

Markus Ferber, wirtschaftspolitische Sprecher der EVP-Fraktion

Auch Anna Cavazzini von den Grünen möchte das Reparieren für mehr Leute erschwinglich machen. „Um den Reparaturmarkt anzukurbeln, brauchen wir eine Ausweitung der gesetzlichen Garantie auf die erwartete Lebensdauer eines Produktes“, erklärt die Vorsitzende des Ausschusses für Verbraucherschutz. „So lohnt es sich für Verbraucherinnen und Verbraucher, ein langlebiges Produkt zu kaufen, das im festgelegten Zeitraum kostenfrei repariert werden kann.“

Das „Recht auf Reparatur“ ist bereits der zweite Vorstoß der EU-Kommission, um die Verbraucher zu stärken und gleichzeitig die Umwelt zu entlasten, indem Elektroschrott vermieden wird. Auf dem Tisch liegt bereits die sogenannte Ökodesign-Verordnung. Sie setzt schon bei der Entwicklung eines Gebrauchsgegenstandes an, denn schließlich werde „ein Großteil der Umweltauswirkungen eines Produkts in der Entwurfsphase bestimmt“, betont die Kommission.

Ziel ist es, dass die Geräte so gebaut werden, dass sie länger funktionieren, sie sollen aber auch leichter zu reparieren oder einfacher wiederzuverwerten sein. Das gilt nicht nur für komplizierte Elektronikprodukte, wie Smartphone, Tabletts oder Fernseher, sondern auch für Kühlschränke, Lampen, Möbel oder Textilien. Auf diese Weise sollen „nachhaltige Produkte auf dem EU-Markt zur Norm werden“, betont die Kommission.

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