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Der Kenianer Daniel Simiu Ebenyo läuft beim Berliner Halbmarathon zum Sieg.

© SCC EVENTS / Jean-Marc Wiesner

Daniel Ebenyo siegt beim Berliner Halbmarathon: Ein Weltrekordversuch, der zur Tortur wird

Der Kenianer Daniel Ebenyo startet furios und ist auf Weltrekordkurs. Als die Sonne durch die Wolken bricht, muss er sich quälen.

Der Kenianer Daniel Ebenyo wollte den Weltrekord über die 21,095 Kilometer beim Berliner Halbmarathon laufen und ging das Rennen auch so an. Womöglich zu schnell. Auf den letzten Kilometern war ihm die Anstrengung ins Gesicht gemalt. Immer wieder drehte er sich um und musste sehen, wie zwei Verfolger immer näher kamen. Er schaffte es aber als Erster ins Ziel und siegte in 59:30 Minuten. Völlig erschöpft kam er an und musste von Sanitätern behandelt werden. Bester Deutscher als Neunter war Samuel Fitwi (61:33).

Bei den Frauen setzte sich die erst 19 Jahre alte Tekle Muluat aus Äthiopien (66:53 Minuten) vor ihrer Landsfrau Ftaw Zeray (67:22) und der Deutschen Melat Kejeta (67:26) durch.

Die temperaturbedingten Herausforderungen waren enorm am Sonntag. „Ich rate, viel zu trinken“, sagte Renndirektor Mark Milde unmittelbar vor dem Rennen. „Bei den doch ungewöhnlich hohen Temperaturen gilt es, sich den Bedingungen anzupassen.“

Das Maskottchen des Rennens, ein dick befelltes Wiesel namens Fridolin Flink, musste schon beim Start der Inline-Skater um 9:15 Uhr leiden, 16 Grad Celsius herrschten zu diesem Zeitpunkt bereits. Das Rennen gewann der Franzose Nolan Beddiaf (30:13 Minuten) vor Felix Rijhnen aus Deutschland im Fotofinish.

Eine knappe Stunde später machten sich die knapp 39.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf den Weg, so viele wie noch nie beim Berliner Halbmarathon. Und als der Schnellste von den vielen Tausend Menschen galt im Vorfeld Daniel Ebenyo. Der 28-Jährige befand sich zuletzt in Top-Form, er gewann vor dem Berliner Halbmarathon drei Rennen in Folge.

Er wolle seine Bestzeit von 59:04 Minuten toppen, hatte Ebenyo am Freitag gesagt. Sein Trainer sprach gar von einem Weltrekord, den sein Schützling angehen wolle. Der lag vor dem Rennen am Sonntag bei 57:31 Minuten, aufgestellt von Ebenyos Kumpel Jacob Kiplimo aus Uganda.

Aus deutscher Sicht wurde besonders die Frauen-Konkurrenz mit Spannung erwartet. Melat Kejeta war mit dem Ziel angetreten, ihre Marathon-Bestzeit von 65:18 zu unterbieten, was fast gleichbedeutend mit einem neuen Europarekord (65:15 Minuten) gewesen wäre.

Daniel Ebenyo und sein Pacemaker waren gewillt, den Weltrekord anzugreifen. 2:38 Minuten brauchten sie für den ersten Kilometer und in dem Bereich liefen sie auch die folgenden. Die zu erwartende Endzeit lag zu Beginn des Rennens bei 56:39 Minuten. Bei Kilometer fünf kamen sie in 13:28 Minuten an, immer noch knapp besser als Kiplimos Weltrekord.

Kejeta musste schon vor dem zehnten Kilometer abreißen lassen

Wie schnell das war, verdeutlichte auch, dass Deutschlands Bester, Samuel Fitwi, in 14:09 Minuten bei der Fünf-Kilometermarke ankam. Und damit war er auf Kurs Deutscher Rekord.

Und Kejeta? Die 31-Jährige musste schon vor dem zehnten Kilometer abreißen lassen. Sie hatte schon vor dem Rennen angespannt gewirkt. Womöglich eine Folge von Problemen an der Wade. Je länger das Rennen allerdings dauerte, desto mehr kam sie wieder an die Spitze heran, die zu schnell angegangen war.

„Es war schwül, warm und sehr viel Wind. Nach zehn Kilometern merkte ich, dass ich das Tempo ganz vorne nicht mehr mitgehen konnte“, sagte Kejeta.

Die Strecke in Berlin gilt als eine der schnellsten weltweit. Sie ist flach, hat wenige Kurven und die Atmosphäre trägt. Das gilt für den Halbmarathon wie für den Marathon, der besonders für seine Bestzeiten bekannt ist.

Aber in Berlin kam gegen 10.30 Uhr die Sonne heraus, es wurde noch einmal deutlich wärmer. Und fast parallel mit dem Sonnenschein gingen die Zeiten runter. Ebenyo kam in 27:29 Minuten bei der Zehn-Kilometermarke an, seine schnellen Kilometerzeiten konnte er nicht mehr halten. Schlimmer noch für ihn: Sein Pacemaker verabschiedete sich schon aus dem Rennen, Ebenyo war auf sich allein gestellt für noch mehr als die Hälfte des Rennens.

Das sollte sich bemerkbar machen. Für Kilomteter 14 benötigte er 2:52 Minuten und damit 14 Sekunden mehr als bei seinem ersten. Ebenyo hatte nun schwer zu kämpfen. Unterstützung kam vom Seitenrand, von unzähligen Fans an der Strecke und auch unzähligen Kapellen, deren Klänge vorwärtstreibend waren.

Gerade noch vorwärtstreibend genug für Daniel Ebenyo. Drei Kilometer vor dem Ende des Rennens waren im Hintergrund schemenhaft zwei Läufer zu erkennen, die immer näher kamen: Amos Kurgat (im Ziel in 59:42 Minuten) und Kipkoech Lasoi (59:47), beide ebenfalls aus Kenia. Am Ende aber schaffte es Ebenyo knapp als Sieger ins Ziel. Dort angekommen, fasste er sich an den Bauch und ging zu Boden. Sanitäter kümmerten sich um ihn. Sein Weltrekordversuch war zur Tortur geworden, aber es dauerte nicht allzu lange, da konnte der Mann aus Kenia schon wieder grinsen.

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