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Gina Lückenkemper jubelt im August über den EM-Titel in München.

© dpa/Sven Hoppe

Das erfolgreichste Jahr ihrer Karriere: Gina Lückenkemper ist Sportlerin des Jahres

Die Sprinterin gewann dieses Jahr die deutsche Meisterschaft, zwei EM-Titel und Staffel-Bronze bei der WM. Jetzt wurde sie in Berlin zur Sportlerin des Jahres gewählt.

Am Ende waren es Millimeter, die die Entscheidung brachten. Lange mit ihrer Kontrahentin Mujinga Kambundji auf einer Höhe, schmiss Gina Lückenkemper sich regelrecht ins Ziel und stürzte.

Das anschließende Fotofinish zeigte: Dank dieses Einsatz schaffte es sie es als erste über die Ziellinie. Als die Entscheidung kam, brach Gina Lückenkemper weinend zusammen. Sie war Europameisterin auf 100 Metern.

Auch heute, mehr als drei Monate später, kann Lückenkemper kaum glauben, was da passiert ist, bei der Leichtathletik-EM in München. „Es ist nach wie vor Wahnsinn, an diesen Sommer zurückzudenken. Wie unfassbar eng das einfach war“, sagt sie. Die deutsche Sprinterin war als Außenseiterin ins Rennen gestartet. „Ich habe im Vorfeld mit der Medaille geliebäugelt, aber mir nicht ausmalen können, dass ich sie wirklich kriege.“

In München gab es gleich zwei Mal Gold

Für Lückenkemper war dieses Jahr das bisher erfolgreichste ihrer Karriere. Sie gewann im 100-Meter-Sprint nicht nur Gold, sondern lief mit 10,99 Sekunden auch eine ihrer besten Zeiten. Es war das zweite Mal in diesem Jahr, dass sie es unter elf Sekunden ins Ziel schaffte. Vorher war es ihr bei der Deutschen Meisterschaft im Juni gelungen, wo sie ebenfalls den Titel holte.

Kurz vor der EM in München erlief Lückenkemper bei der Leichtathletik-WM in Eugene mit der deutschen 4x100-Meter-Frauenstaffel außerdem Bronze. Dem setzte sie in München noch eins auf: Die Sprinterin gewann nämlich nicht nur im Einzel über 100 Meter Gold, sondern auch mit der Staffel.

Und das, obwohl sie sich bei ihrem waghalsigen Sturz im Einzel einen Kapselriss im Sprunggelenk zuzog, wie sich nach dem Turnier herausstelle. Im Interview mit Sport1 sagte sie, sie wäre auch mit dieser Diagnose noch an den Staffelstart gegangen. „Für ein Rennen kann man immer irgendwie die Zähne zusammenbeißen.“

Dabei war Lückenkemper zuvor noch heilfroh, verletzungsfrei in die Saison 2022 gestartet zu sein. Denn in den vergangenen Jahren hatte sie mehrfach mit Rückschlägen zu kämpfen. Auf ihren Silber-Erfolg bei der Leichtathletik-EM 2018 folgte der Einbruch: Bei der WM in Doha im Jahr darauf landete sie nur auf dem enttäuschenden 20. Platz.

Anschließend schloss sich einer Elite-Trainingsgruppe in Florida an, um unter Leitung des bekannten Trainers Lance Brauman einen Leistungssprung zu schaffen. Wegen Beginn der Pandemie aber fand sie sich bald wieder in Deutschland wieder. Und der Sprung blieb aus. Kurz vor den Olympischen Spielen in Tokio zog sie sich einen Muskelfaserriss zu und konnte nicht antreten.

Aktuell trainiert Lückenkemper wieder in Florida

Auch mental beschreibt sie die Zeit nach dem EM-Erfolg 2018 immer wieder als belastend. In einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung sagte sie 2019: „Überall wird erwartet, dass du funktionierst. Wenn ich nicht unter elf Sekunden laufe, ist es sofort schlecht. Das schlaucht ungemein.“

Jetzt, nach dem erfolgreichen Jahr 2022, werde ihr das aber nicht noch einmal passieren. „Ich habe aus der Vergangenheit gelernt“, sagt Lückenkemper. „Nach dem EM-Gold habe ich mich abgekapselt, um runterzukommen. Ich nehme mir mehr Zeit für mich.“

Aktuell ist sie wieder zurück in Florida und bereitet sich mit der Gruppe um Lance Brauman auf die kommende Sprintsaison vor. „Das Training ist unglaublich hart“, erzählt die Leistungssportlerin. „Danach bin ich nicht mehr ansprechbar, falle einfach nur noch aufs Sofa.“

Ich möchte endlich im Einzel auf Weltebene im Finale stehen. Da ist noch eine Rechnung offen.

Gina Lückenkemper, deutsche Profi-Leichtathletin

Die harte Arbeit soll sich auszahlen, für 2023 hat Lückenkemper die WM schon fest im Blick. „Ich möchte endlich im Einzel auf Weltebene im Finale stehen“, sagt sie. „Da ist noch eine Rechnung offen.“

Weil sie sich gerade darauf vorbereitet, konnte sie an diesem Wochenende auch nicht nach Deutschland reisen, um ihren vermutlich letzten Titel für 2022 entgegenzunehmen: In Berlin wurde Gina Lückenkemper zur Sportlerin des Jahres gewählt. „Das ist eine wahnsinnig große Ehre, vor allem, weil es eine Publikumswahl ist“, sagt sie. Den Preis, einen goldenen Bären, haben ihre Eltern stellvertretend in Empfang genommen.

Für den Sport wiederum kommt Lückenkemper schon bald wieder nach Berlin: Am 10. Februar läuft sie beim Istaf Indoor in der Mercedes-Benz-Arena.

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