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Gordon Herbert ist seit einem Jahr Bundestrainer und steht mit seinem Team vor einem der größten Erfolge des deutschen Basketballs.

© dpa / dpa/Soeren Stache

Deutsche Basketballer im EM-Halbfinale: Jetzt erklärt Gordon Herbert niemand mehr für verrückt

Der Bundestrainer spricht schon seit einem Jahr von einer Medaille bei der Heim-EM. Auch dank seiner Mannschaftsführung fehlt dafür nur noch ein Sieg am Freitag gegen Spanien.

Gordon Herbert steht eigentlich nicht im Verdacht, ein Märchenonkel zu sein, doch die Euphorie rund um die deutsche Basketball-Nationalmannschaft lässt den Bundestrainer mit der Wahrheit momentan etwas großzügiger umgehen. Am Freitag (20.30 Uhr, Magentasport und RTL) spielt die DBB-Auswahl in der MB Arena gegen Spanien um den Einzug ins Finale der Europameisterschaft. Die erste deutsche Medaille seit 17 Jahren ist zum Greifen nah.

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In der Emotionswelt des 63 Jahre alten Kanadiers kommt das Wort Euphorie allerdings nicht vor. Zumindest äußerlich sah Herbert auch nach dem begeisternden Sieg gegen die Griechen aus, als habe sein Team gerade im Vorbeigehen ein Testspiel gewonnen und kein EM-Viertelfinale, noch dazu vor ausverkaufter Halle in Berlin.

Die Freude äußert sich beim Bundestrainer eher in Form von trockenen Sprüchen. Nach dem Einzug ins Halbfinale hatte Herbert die Lacher auf seiner Seite, als er erzählte, dass er den Spielern anders als sein italienischer Kollege Gianmarco Pozzecco keinesfalls die Siegesfeier finanzieren würde. „Dennis wollte meine Kreditkarte, aber ich habe ihm gesagt: Ich bin drei Mal geschieden, das Limit wird dir nicht gefallen“, sagte Herbert – um am nächsten Tag klarzustellen, dass Kapitän Schröder ihn nie danach gefragt hatte. Was tut man nicht alles für eine gute Pointe.

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Doch ganz nebenbei tätigte Herbert auch noch eine weitere Aussage, die man getrost ins Reich der Fabeln verbannen kann, die aber viel über seine Arbeit aussagt. „Ich hätte auch in der Kabine bleiben können, es wäre dasselbe passiert“, sagte der Bundestrainer über das überragende Spiel gegen die Griechen. Der Trainer ist nicht wichtig, die Spieler stehen auf dem Parkett – nach diesem Motto hat Herbert bisher jegliches Lob direkt an seine Schützlinge weitergegeben. Öffentlich hält er sich im Hintergrund und überlässt ihnen die große Bühne.

Dass sich Herbert nicht zu wichtig nimmt, kommt an im deutschen Team, aber natürlich ist er nicht nur der Typ im schwarzen Anzug, der die Spieler starkredet und auf der Pressekonferenz lustige Sprüche macht. Herbert ist ein zentraler Bestandteil des deutschen Erfolgs. Das lässt sich abgesehen von wenigen Aussagen über jeden Trainer eines siegreichen Teams sagen, doch im Falle der DBB-Auswahl trifft es in besonderem Maße zu.

Als Herbert im vergangenen September zum Bundestrainer ernannt wurde, gab es viele Baustellen bei den deutschen Basketballern. Nach der enttäuschenden WM 2019 war der Sommer des vergangenen Jahres mit der Qualifikation für die Olympischen Spiele zwar ein Erfolg, doch es gab auch viele Fragezeichen im Hinblick auf die Europameisterschaft. Stehen die NBA-Spieler bereit für das Turnier, gibt es wieder Versicherungsprobleme wie bei Schröder vor Olympia, wie soll ein neuer Trainer ein Mannschaftsgerüst aufbauen, wenn er bis kurz vor der EM nur mit einem C-Team arbeiten kann?

Herberts Antwort war ebenso simpel wie mutig. „Ich habe schon im Oktober gesagt, dass wir bei der EM eine Medaille holen wollen. Da haben mich viele angeschaut, als sei ich verrückt. Aber das ist immer noch unser Ziel“, sagte Herbert nach dem Viertelfinalerfolg.

Trainer und Kapitän. Gordon Herbert (rechts) mit Dennis Schröder.
Trainer und Kapitän. Gordon Herbert (rechts) mit Dennis Schröder.

© dpa / dpa/Soeren Stache

Mit seiner ambitionierten Herangehensweise hat er bei seinen nicht minder ehrgeizigen Spielern einen Nerv getroffen und diese schnell mit ins Boot geholt. Nach seinem Amtsantritt hat er Schröder in den USA besucht und ihm dort seine Vorstellungen vermittelt. Auch mit den meisten anderen Profis, die aufgrund des engen Kalenders von NBA oder Euroleague in den Länderspielfenstern nicht zur Nationalmannschaft kommen konnten, hat er sich in den vergangenen zwölf Monaten getroffen.

„Commitment“, also die Bereitschaft, für die DBB-Auswahl spielen zu wollen, wurde zu einem Schlüsselwort von Herbert. Dass es vor Turnierstart Kritik an der Streichung des langjährigen Kapitäns Robin Benzing sowie an der kurzfristigen Einbürgerung von Nick Weiler-Babb gab, nahm er mit all seiner Gelassenheit hin.

So ist es ihm gelungen, dem guten Fundament an Spielern, die sich seit Jahren kennen, neue Elemente und Selbstvertrauen hinzuzufügen. Das DBB-Team hat mittlerweile eine klare Identität, auf und abseits vom Parkett. Die Nationalmannschaft spielt schnell, sie spielt kreativ – und sie spielt bei dieser EM enorm erfolgreich. „Es ist unglaublich für den deutschen Basketball, wie diese Spieler spielen hier in ihrem Land“, sagte Herbert. „Damit können sich die Leute identifizieren.“

Die DBB-Auswahl hat keinen Giannis Antetokounmpo, Luka Doncic oder Nikola Jokic, doch in diesem Turnier, das angesichts der vielen Favoritenstürze offensichtlich keines der Superstars ist, lebt sie von ihrem Zusammenhalt. Im deutschen Team kennt jeder Spieler seine Rolle und geht in ihr auf. Das macht die deutsche Mannschaft extrem schwer ausrechenbar. „Er gibt uns Freiheiten, ist aber auch autoritär. Er trifft immer den richtigen Ton bisher“, sagte Maodo Lo über seinen Trainer.

Dank dieser Mischung aus Talent, Tiefe, Teamgeist und gutem Coaching ist die von Herbert anfangs als Ziel ausgegebene Medaille zum Greifen nah – für verrückt erklärt den Bundestrainer mittlerweile jedenfalls niemand mehr.

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