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Lionel Messi reckt den WM-Pokal in die Höhe.

© Reuters/Carl Recine

Drama bis ins Elfmeterschießen: Argentiniens WM-Erfolg wird zur Krönung von Lionel Messi

Frankreich kommt im WM-Endspiel gleich zweimal zurück. Dass der Titelverteidiger sich am Ende doch Argentinien geschlagen geben muss, liegt nicht nur an Messi.

Es wirkte schon fast wie ein Akt der Verzweiflung. Knapp fünf Minuten waren es im Finale der Fußball-Weltmeisterschaft noch bis zur Pause, als Didier Deschamps, der französische Nationaltrainer, größere Korrekturen an seiner Mannschaft vornahm.

Olivier Giroud und Ousmane Dembélé, die beiden Offensivspieler des Weltmeisters, verließen das Feld. Dafür kamen die beiden Bundesligaprofis Randal Kolo Mouani und Marcus Thuram.

Bis zu diesem Zeitpunkt waren die Franzosen den Argentiniern hoffnungslos unterlegen gewesen. 0:2 lagen sie zurück. „Die Argentinier spielen hier ein Finale“, sagte Deschamps in der Pause zu seinen frühen Auswechslungen. „Wir nicht.“

Daran änderte sich auch mit veränderter Aufstellung lange nichts. Das Finale der WM in Katar war bis tief in die zweite Hälfte eine erschreckend einseitige Angelegenheit, aber dann nahm das Spiel eine schier unglaubliche Wende. Kylian Mbappé, bis dahin über weite Strecken kaum zu sehen, machte mit zwei Toren innerhalb von zwei Minuten aus dem 0:2 ein 2:2. Und das sollte noch lange nicht das Ende sein.

Lionel Messi brachte Argentinien in der zweiten Hälfte der Verlängerung erneut in Führung. Doch drei Minuten vor Schluss erzielte Mbappé per Handelfmeter den Ausgleich zum 3:3. Das bis in die letzte Sekunde spektakuläre Finale musste im Elfmeterschießen entschieden werden, und da hatten die Argentinier doch noch das bessere Ende für sich. Während ihre vier Schützen allesamt verwandelten, scheiterten bei den Franzosen Kingsley Coman und Aurelien Tchouameni.

Die Argentinier feierten nicht nur den dritten WM-Titel nach 1978 und 1986, sie feierten auch die Krönung von Lionel Messi, der bei seiner mutmaßlich letzten Endrunde doch noch Weltmeister wurde und nun erst recht in einem Atemzug mit den Größten des Fußballs genannt werden wird: mit dem Brasilianer Pelé und natürlich mit seinem Landsmann Diego Maradona, der sein Team vor 36 Jahren zum vorerst letzten WM-Titel geführt hatte.

Messi hatte auch den Auftakt in Lusail gemacht, als er seine Mannschaft Mitte der ersten Hälfte in Führung brachte. Mit einem schnöden Elfmeter. Angel di Maria, erstmals seit dem letzten Gruppenspiel wieder in der Anfangself, hatte den Strafstoß provoziert. Der 34-Jährige ließ seinen Gegenspieler Dembéle denkbar einfach stehen und wurde dann vom früheren Dortmunder zu Fall gebracht.

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Tore erzielte Kylian Mbappé beim Turnier in Katar. Damit ist er Torschützenkönig.

Vor acht Jahren, im WM-Finale von Rio gegen Deutschland, hatte di Maria nicht spielen können. Diesmal war er ein entscheidender Faktor für das argentinische Team. Er spielte als klassischer Linksaußen, immer in Tuchfühlung zur Seitenlinie – und stellte die Franzosen damit vor große Probleme.

Davon hatte der Weltmeister, bei dem Adrien Rabiot und Dayot Upamecano, in die Startelf zurückgekehrt waren, ohnehin einige. Die Franzosen begannen fahrig, brachten kaum mal eine Kombination über zwei oder mehr Stationen zu Wege. Unter anderem, weil die Argentinier sich mit großer Gier in die Jagd nach dem Ball stürzten. Die Südamerikaner waren griffiger in den Zweikämpfen, dazu genauer im Passspiel.

Die Argentinier spielen hier ein Finale. Wir nicht.

Didier Deschamps, Frankreichs Nationaltrainer, in der Pause

Von Mbappé, dem gefährlichsten Angreifer der Franzosen, ging kaum Gefahr aus, weil er von seinen Kollegen selten ins Spiel gebracht wurde. Die Équipe tricolore brachte vor der Pause keinen einzigen Torschuss zustande, und auch defensiv wirkte die Mannschaft anfällig. Das 2:0 für Argentinien zehn Minuten vor Ende der ersten Halbzeit fiel auf eine Weise, wie sie normalerweise bei den Franzosen zu sehen ist.

Nach einer Balleroberung in der eigenen Hälfte konterten die Südamerikaner blitzschnell. Messi öffnete mit einem klugen Pass den Weg, am Ende des Angriffs überwand di Maria Frankreichs Torhüter Hugo Lloris. Der Torschütze zum 2:0 war den Tränen nahe.

Die Franzosen taten sich auch in veränderter Formation schwer, schafften es gegen die gute argentinische Verteidigung lange nicht, gefährlich zu werden. Erst als bei den Südamerikanern langsam die Kräfte schwanden, fand Frankreich besser ins Spiel. Ein Elfmeter – Otamendi am Frankfurter Kolo Mouani – eröffnete Mbappé die Chance, seine Mannschaft heranzubringen.

Emiliano Martinez im argentinischen Tor ahnte die Ecke, er hatte die Finger am Ball, doch der Schuss war zu hart. Genauso wie zwei Minuten später, als Mbappé seinen siebten Treffer bei diesem Turnier erzielte. Nach einem feinen Doppelpass mit dem Gladbacher Thuram zog er volley ab und traf zum kurz zuvor scheinbar utopischen Ausgleich.

Der Spielverlauf erinnerte an das Finale der WM 1986, als die Argentinier ebenfalls 2:0 geführt hatten und gegen die Deutschen den Ausgleich kassierten. Damals war es ein genialer Pass von Diego Maradona, der das 3:2 durch Jorge Burruchaga einleitete. In Lusail war es ein Abstauber von Messi, nachdem Lloris im französischen Tor noch spektakulär hatte klären können. Das Ende war es noch nicht.

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