zum Hauptinhalt
Gegentreffer Nummer fünf. Torwart Tjark Ernst kann nicht mehr eingreifen.

© IMAGO/Matthias Koch

Update

„Offensiv gut, defensiv Schrott“: Hertha BSC führt viermal beim FCM und verliert 4:6

Was für ein Fußballspiel! Hertha BSC und der 1. FC Magdeburg liefern sich ein Offensivspektakel. Mit dem schlechteren Ende für die Gäste aus Berlin.

| Update:

Pal Dardai bekam sich kaum noch ein. Der Trainer von Hertha BSC lief an der Seitenlinie entlang, er schrie und winkte. Minutenlang ging das so. Selbst als seine Spieler für eine Trinkpause an den Spielfeldrand kamen, redete er weiter auf sie ein. Am Ende drückte er mit der flachen Hand sein Kinn in die Höhe. Kopf hoch, sollte das heißen.

Der Hinweis war durchaus berechtigt. Im Zweitligaspiel beim 1. FC Magdeburg gab es etliche Szenen, in denen die Berliner Fußballer kopflos über den Platz stolperten. Es war ein ebenso wildes wie aufregendes Duell, das sich beide Teams am Samstagmittag lieferten. „Wir haben den Gegner eingeladen zum Toreschießen“, sagte Herthas Linksaußen Fabian Reese. „Der Gegner hat uns eingeladen zum Toreschießen.“

Das Ergebnis war ein Fußballspektakel, wie man es selten sieht. Mit Chancen en masse, mit zehn Toren und einer fast wahnwitzigen Dramaturgie. Viermal ging Hertha in Führung, viermal schlugen die Magdeburger zurück, die das Spiel am Ende sogar mit 6:4 (2:3) für sich entscheiden konnten. „Die Mannschaft, die als Team mehr Abwehrfehler gemacht hat, hat verloren“, sagte Herthas Mittelstürmer Haris Tabakovic, der zwei der vier Tore für sein Team erzielt hatte.

Die Berliner begannen mit derselben Startelf wie beim ersten Saisonsieg vor einer Woche – und auch mit viel Schwung. „Ich erwarte, dass wir in Führung gehen“, hatte Trainer Pal Dardai im Interview mit Sky vor dem Spiel gesagt, „so schnell wie möglich.“ Sein Wunsch ging in Erfüllung.

11
Gegentore hat Hertha BSC in vier Zweitligaspielen kassiert. Und neun Tore geschossen.

Exakt 70 Sekunden dauerte es, bis Fabian Reese mit seinem ersten Saisontor das 1:0 erzielte. „Einen besseren Start ins Spiel gibt’s nicht“, sagte der Torschütze, dem der Magdeburger Mohammed El Hankouri den Ball am eigenen Strafraum genau in die Füße gepasst hatte.

Es war nicht das einzige Mal, dass Magdeburgs Defensive sich wenig geschickt anstellte. Aber Hertha stellte sich in der Folge auch nicht besser an. Die Führung der Gäste währte nur fünf Minuten, dann staubte Silas Gnaka zum 1:1 ab.

Herthas Marten Winkler (li.) im Zweikampf mit Leon Bell Bell.

© IMAGO/Nordphoto

Die Magdeburger bestätigten ihren Ruf, eine der spielstärksten Mannschaften der Zweiten Liga zu sein, erwiesen sich aber in der Abwehr allzu oft als allzu leichtfertig. So gelangen den Berlinern vor der Pause zwei weitere Tore. Erst traf Marten Winkler völlig unbehelligt zum 2:1, dann war es Haris Tabakovic, der nach Winklers Flanke, kurz vor der Pause zum 3:2 einköpfen konnte.

Dazwischen hatten die Magdeburg erneut ausgleichen können – dank freundlicher Unterstützung von Herthas indisponiertem Innenverteidiger Marc Kempf. Einen Freistoß am eigenen Strafraum spielte er über fünf Meter genau in die Füße von El Hankouri, zwei Stationen später traf Mittelstürmer Luca Schuler zum 2:2.

Offensiv gut, defensiv Schrott: Das ist meine Analyse.

Herthas Trainer Pal Dardai

Trotz der Pausenführung konnte Trainer Dardai nicht zufrieden sein. „Nach der Führung haben wir nie die richtige Kontrolle gehabt“, sagte er. Der Ungar wechselte daher zur zweiten Hälfte gleich zweimal, brachte den unter der Woche verpflichteten Andreas Bouchalakis sowie Smail Prevljak und stellte auf ein 4-4-2 um. Trotzdem blieb es wild. „Wir hatten das Gefühl, die Räume sind zu groß und wir gewinnen keinen Zweikampf“, sagte Dardai. „Aber wir waren auch nach den Wechseln nicht zweikampfstärker.“

Zumindest die Einwechslung von Stürmer Smail Prevljak machte sich bezahlt. Kurz nach dem 3:3 durch Jason Ceka köpfte er den Ball zurück in die Mitte. Tabakovic war zum zweiten Mal mit dem Kopf zur Stelle und brachte Hertha zum vierten Mal in Führung. Doch selbst das sollte an diesem Tag nicht reichen. „Offensiv gut, defensiv Schrott: Das ist meine Analyse“, sagte Dardai.

Magdeburg machte einfach immer weiter – und glich durch Leon Bell Bell ein viertes Mal aus. Gleich darauf nahm Dardai Kempf vom Platz, der sich einige halsbrecherische Fehler erlaubt hatte. „Vielleicht waren die letzten paar Tage zu viel für ihn“, mutmaßte Herthas Trainer, nachdem der Innenverteidiger wohl kurz vor Ende der Transferperiode noch auf einen Wechsel spekuliert hatte. Kempf zeigte selbst an, dass er vom Platz wollte.

Mehr Ruhe aber kam nicht ins Spiel. Weil beide Mannschaften weiter bedingungslos nach vorne spielten. Das bessere Ende hatten die Magdeburger für sich. Nach El Hankouris Kunstschuss in den Winkel zum 5:4 (68. Minute) konnte Hertha nicht mehr reagieren und kassierte in der Nachspielzeit durch Ahmet Arslan sogar noch das sechste Gegentor.

Dass auch die Berliner ihren Beitrag zu diesem Spektakel geleistet hatten, war – vor allem nach dem Verlauf des Spiels – nur ein schwacher Trost. „Offensiv hat das Spiel heute auf jeden Fall Spaß gemacht“, sagte Fabian Reese. „Defensiv beißen wir uns in den Arsch.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false