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Für die Katz. Das erste Mannschaftsfoto von Hertha in dieser Saison ist längst überholt.

© IMAGO/Matthias Koch

Die schwierigste Transferperiode der Vereinsgeschichte: Hertha BSC und ein Sommer der Komplikationen

Den Kader entkernen, Geld einnehmen und trotzdem sportlich konkurrenzfähig bleiben. Das war die Aufgabe für Hertha BSC in diesem Sommer. So ist es gelungen.

Der sogenannte Deadline Day, von dem man manchmal den Eindruck hat, als wäre er eigens von Sportnachrichtensendern und für diese erfunden worden, treibt in schöner Regelmäßigkeit seltsame Blüten, Stichwort Faxgerät. Auch Hertha BSC hat in der Vergangenheit schon zur Erheiterung des Publikums beigetragen, Stichwort Ladebalken.

Zwei Jahre ist es her, dass der Berliner Fußball-Bundesligist am Ende der Transferperiode in hektische Betriebsamkeit verfiel, weil der Kader offenkundig noch einige Leerstellen aufwies. Die Gewissheit, dass auf den letzten Drücker noch einiges passieren würde, wurde nicht zuletzt von der eigenen Medienabteilung befeuert, die die Nachricht der Verpflichtung von Myziane Maolida am Deadline Day mit einem Ladebalken illustrierte, der bei 22 Prozent stand.

Rein rechnerisch hätten also noch 3,54 weitere Spieler kommen müssen. Doch bis zum Transferschluss passierte: nichts mehr. Hertha wurde mit Hohn und Spott bedacht, der damalige Sportchef Fredi Bobic zürnte.

Aber vielleicht hat man das mit den 22 Prozent einfach nur falsch verstanden. Vielleicht bezogen sich die 22 Prozent auf das Leistungsvermögen, das Myziane Maolida bei Hertha BSC abrufen würde. Wohlwollend geschätzt.

Der Franzose hat – wie so viele Verpflichtungen von Fredi Bobic – die Erwartungen nicht mal ansatzweise erfüllen können. In der vergangenen Saison war er an Stade Reims verliehen. Auch dort konnte er nicht überzeugen, also kehrte er nach Berlin zurück. Allerdings nur, um am besten gleich wieder zu gehen.

Maolida ist und bleibt ein Sonderfall. Die meisten anderen Spieler, für die Hertha entweder keine Verwendung mehr hatte oder die der Verein sich nicht mehr hätte leisten können, haben den Klub verlassen. Bei Maolida hingegen sieht es so aus, als würde Hertha ihn auch in diesem Sommer nicht losbekommen. „Aktuell gibt es da nichts“, sagte Herthas Sportdirektor Benjamin Weber am Donnerstagmittag, knapp 30 Stunden, bevor an diesem Freitag, um 18 Uhr, das Transferfenster schließt.

Aber selbst wenn Maolida bleibt: Ein gutes halbes Jahr, nachdem Bobic als Sportvorstand hat gehen müssen, ist seine kurze Ära bereits weitgehend abgewickelt worden. Von den insgesamt 24 Spielern, die er in anderthalb Jahren verpflichtet hat, stehen nur noch neun bei Hertha im Kader.

Die Transferperiode, die an diesem Freitag endet, war wahrscheinlich die schwierigste überhaupt in Herthas Vereinsgeschichte. „Wir wussten, dass es eine große Herausforderung wird“, sagt Sportdirektor Weber, der den Großteil des Sommers am Handy verbracht haben dürfte.

Es ist verdammt schwer. Aber im Rahmen unserer Möglichkeiten haben wir gute Jungs geholt.

Pal Dardai, Herthas Trainer, über die Transferperiode

Den Kader entkernen, die Kosten reduzieren und gleichzeitig einen beachtlichen Transferüberschuss erzielen, das war ja nur der eine Teil seiner Aufgabe. Gleichzeitig musste Weber eine Mannschaft zusammenstellen, die in der Zweiten Liga im Idealfall um den direkten Wiederaufstieg mitspielen kann. „Es ist schwierig. Es ist verdammt schwer“, hat Trainer Pal Dardai gesagt. „Aber im Rahmen unserer Möglichkeiten haben wir gute Jungs geholt, menschlich und sportlich.“

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Hertha hat in diesem Sommer Nationalspieler aus Polen, Schweden, Griechenland und Ungarn verpflichtet, „und die Millionen sind noch hier“, sagte Dardai. „Was die Führung gemacht hat, damit bin ich sehr zufrieden. Das ist jetzt wahrscheinlich mein Kader, plus minus einen Spieler.“

Mit der Verpflichtung zweier zentraler Mittelfeldspieler hat der Klub auch die wohl gravierendste Problemzone im Kader beseitigt. Bilal Hussein, ein schwedischer Nationalspieler mit somalischen Wurzeln, kommt für 675.000 Euro vom AIK Solna und erhält bei den Berlinern einen Vertrag bis 2026. „Für mich ist er eher ein Achter als ein Sechser“, sagt Dardai über den 23-Jährigen. „Er ist technisch sehr gut, hat einen sehr guten rechten Fuß, ist sehr beweglich und kann das Spiel bestimmen.“

Andreas Bouchalakis bringt Erfahrung und Körpergröße mit nach Berlin.

© Imago/ANE Edition

Der 30 Jahre alte Andreas Bouchalakis, den Hertha von Olympiakos Piräus verpflichtet hat, bringt nicht nur ausreichend Erfahrung mit (unter anderem aus 36 Länderspielen für Griechenland), er verfügt mit 1,86 Meter auch über eine Körpergröße, die sich Trainer Dardai zuletzt gewünscht hatte. Bouchalakis erhält einen Vertrag bis 2025. Am Samstag, wenn Hertha beim 1. FC Magdeburg antritt (13 Uhr, live bei Sky), sollen beide zumindest im Kader stehen.

Dardai sehnt den 1. September herbei

Mit bisher zwanzig Abgängen und zwölf Zugängen ist Herthas Kader in diesem Sommer ordentlich durchgerüttelt worden. Trainer Dardai hat den 1. September daher fast flehentlich herbeigesehnt, weil dann endlich Ruhe einkehrt und er weiß, mit wem er fix planen kann.

Viele seiner Spieler haben mit einem Wechsel geliebäugelt, bei vielen hat sich dieser Wunsch letztlich auch erfüllt. Andere wie Marc Kempf und Jonjoe Kenny sind immer noch da und werden es sehr wahrscheinlich auch bleiben. „Du bist hier, aber irgendwie auch weit weg“, hat Dardai über diese Situation gesagt, die ihm die Arbeit mit der Mannschaft nicht erleichtert hat.

Nach dem Abstieg und angesichts der bekannten finanziellen Schwierigkeiten hat sich Hertha in diesem Sommer nicht gerade in einer blendenden Verhandlungsposition befunden. Viele Spieler musste der Klub unter ihrem vermeintlichen Marktwert abgeben, um wenigstens das Gehaltsbudget zu entlasten. Trotzdem haben die Berliner einen beachtlichen Transferüberschuss erzielt. Stimmen die kolportierten Ablösesummen, sind es immerhin rund 25 Millionen Euro.

Das liegt auch daran, dass sich Hertha bei den Neuverpflichtungen ordentlich beschränkt hat. Allein für Michal Karbownik hat er Klub eine siebenstellige Ablöse (2,5 Millionen Euro) bezahlt. „Wir können nicht großartig Geld ausgeben“, hat Pal Dardai gesagt. „Das ist nicht unsere Schuld. Wir sind gerade dabei, den Verein zu retten.“

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