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Hallo, da bin ich wieder. Pal Dardai soll Hertha BSC mal wieder retten.

© dpa/Tobias Schwarz

Update

Pal Dardai soll Hertha BSC mal wieder retten: Man sieht sich immer dreimal im Leben

Trainer Sandro Schwarz muss bei Hertha BSC nach dem 2:5 gegen Schalke 04 seinen Platz räumen. Sein Nachfolger ist ein alter Bekannter. Pal Dardai übernimmt bis zum Saisonende.

Die Sonne schien, am Himmel waren nur ein paar harmlose Schleierwolken zu sehen. Pal Dardai, der ein T-Shirt mit dem Hertha-Wappen trug, hatte sich in seinem Urlaubsdomizil am Plattensee einen Platz im Schatten gesucht, als er die Kamera seines Smartphones in Gang setzte. Was er dann mitzuteilen hatte, war alles andere als harmlos.

„Es wird Zeit, dass ein echter Neuanfang kommt“, sagte Dardai, Rekordspieler des Berliner Fußball-Bundesligisten Hertha BSC und ehemaliger Trainer des Klubs. Hertha suchte gerade einen neuen Präsidenten, Kay Bernstein und Frank Steffel waren die aussichtsreichsten Kandidaten, und Dardai ergriff in dieser Auseinandersetzung eindeutig und durchaus überraschend Partei – gegen Bernstein und für Steffel: „Aus meiner Sicht ist Frank Steffel ein sehr interessanter und ehrlicher Kandidat.“

Bernstein, der sich am Ende trotzdem gegen Steffel durchsetzte, war von der Einmischung der Vereinslegende Dardai in den Wahlkampf nicht besonders erfreut – um es mal vorsichtig auszudrücken. Aber nachtragend scheint er nicht zu sein. Zuletzt gab es Bilder, die Dardai und Herthas Präsidenten auf der Tribüne des Olympiastadions bei einer innigen Umarmung zeigten. Künftig dürften sie sich noch häufiger über den Weg laufen.

Pal Dardai, die Dritte. Der Ungar, 47 Jahre, löst den glücklosen Sandro Schwarz ab und wird erneut Cheftrainer der Profis von Hertha BSC. Bis zum Saisonende läuft sein Vertrag. Neben Schwarz verlässt auch dessen Assistent Volkan Bulut den Klub, während Tamas Bodog, Dardais ungarischer Landsmann, dem Trainerteam weiterhin angehören wird.

Dardai war bereits zweimal Chefcoach der Berliner

Ein echter Neuanfang ist Dardais Rückkehr nicht. Aber in der aktuellen Situation mit dem Absturz auf den letzten Tabellenplatz ist die Entscheidung für ihn zumindest plausibel. Den Abstieg gilt es unter allen Umständen zu verhindern. „Pal hat bereits zweimal gezeigt, dass er mit seiner klaren Art und seinem Plan eine Mannschaft stabilisieren und aus solchen Situationen herausführen kann“, erklärte Herthas Sportdirektor Benjamin Weber.

Die Trennung von Schwarz, die Herthas Vereinsführung eigentlich mit aller Macht hatte verhindern wollen, war spätestens nach der 2:5-Niederlage beim vormaligen Tabellenletzten Schalke 04 am Freitagabend unausweichlich geworden. Schwarz, erst seit Saisonbeginn im Amt, hatte am Ende keine Argumente mehr. „Ich kann mit Blick auf die Tabelle nachvollziehen, dass die Verantwortlichen sich für einen neuen Weg entschieden haben“, wird der frühere Trainer in einer Mitteilung des Vereins zitiert.

Ich kann mit Blick auf die Tabelle nachvollziehen, dass die Verantwortlichen sich für einen neuen Weg entschieden haben.

Sandro Schwarz zu seiner Freistellung als Hertha-Trainer

Unter ihm ist Hertha im DFB-Pokal schon in der ersten Runde beim Zweitligisten Eintracht Braunschweig ausgeschieden, und von 28 Spielen in der Bundesliga konnte seine Mannschaft nur fünf gewinnen. Durchaus ansehnlichen Auftritten, bei denen die fußballerische Idee des Trainers zu erkennen war, folgten unerklärlichen Aussetzer wie jetzt gegen Schalke.

Schwarz war am Samstagvormittag noch einmal auf dem Vereinsgelände erschienen. Während sein Team am Tag nach der Niederlage gegen Schalke laufen ging, konferierte er mit der Vereinsführung über die Konsequenzen aus diesem Debakel. Mit welchem Ergebnis, das wurde zunächst nicht kommuniziert. Als Schwarz jedoch noch vor der Rückkehr der Spieler vom Gelände fuhr, galt das als Indiz, dass seine Zeit in Berlin nach nur zehn Monaten schon wieder zu Ende ist.

Der Schein trügt. Sandro Schwarz gewann mit Hertha viel zu selten.
Der Schein trügt. Sandro Schwarz gewann mit Hertha viel zu selten.

© dpa/Soeren Stache

Doch Herthas Führung mit dem noch vergleichsweise frischen Präsidenten Bernstein und dem unerfahrenen Sportdirektor Weber war auf die Trennung von Schwarz offenbar nicht ausreichend vorbereitet. Einen ausgearbeiteten Plan B gab es anscheinend nicht. Und Dardai war wohl auch nicht der erste und einzige Kandidat, mit dem sich der Klub beschäftigt hat.

Zunächst hieß es aus verlässlichen Quellen, dass Oliver Reiß und Ante Covic, die Trainer von Hertha U 19 und U 23, als Gespann die Aufgabe bei den Profis übernehmen könnten. Ein weiterer Kandidat war Markus Gisdol, der mit der TSG Hoffenheim und dem Hamburger SV erfolgreiche Abstiegskämpfe bestritten hat. Gisdol soll der Favorit des Investors 777 Partners gewesen sein.

Und trotzdem ist Dardai alles andere als nur die dritte Wahl. Mit ihm erscheint die Rettung wahrscheinlicher als mit allen anderen verfügbaren Kandidaten. Dardai kennt den Verein in- und auswendig. Er kennt auch den Kader und die Mannschaft, in der unter anderem sein Sohn Marton spielt.

Zudem ist Hertha für Dardai eben nicht einfach nur ein x-beliebiger Arbeitgeber; ihm ist Hertha Herzensangelegenheit. Auch deshalb dürfte er sich – gegen verständliche Bedenken – überhaupt dazu bereit erklärt haben, den Posten ein weiteres Mal zu übernehmen.

Schon zweimal ist Dardai in schwieriger Situation bei den Profis eingesprungen. Im Februar 2015 wurde er als Trainer von der U 15 zu den Profis befördert, um die Nachfolge von Jos Luhukay anzutreten. Dardai übernahm das Team auf Platz 17 und schaffte am Ende den Klassenerhalt. Mehr als das: Aus der Interims- wurde eine Dauerlösung. Fast viereinhalb Jahre blieb der Ungar im Amt. Es war mit immerhin zwei Europapokalteilnahmen die bis heute letzte unbeschwerte Zeit für Hertha BSC.

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Siege holte Schwarz in 29 Pflichtspielen mit Hertha

Dardai hat es in seiner ersten Amtszeit meisterhaft verstanden, aus vergleichsweise geringen Mitteln das Maximum herauszuholen. Doch irgendwann reichte das dem Klub nicht mehr: Hertha hatte nun höhere Ziele.

Am 16. April 2019 verkündete der Klub, die Zusammenarbeit mit Dardai zum Ende der Saison zu beenden, um dem Team neue Impulse zu geben. Am 16. April 2023, auf den Tag genau vier Jahre später, ist Dardai nun als Trainer reaktiviert worden – weil das Team auch jetzt wieder neue Impulse benötigt, wenn auch auf ungleich niedrigerem Niveau.

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Dass Hertha die ambitionierten Ziele seit 2019 nicht mal im Ansatz erreicht hat, hat auch dazu geführt, dass Pal Dardai schon im Januar 2021 erneut einspringen musste – als Nachfolger seines Nach-Nach-Nach-Nachfolgers Bruno Labbadia. Hertha lag zu diesem Zeitpunkt auf Platz 14, mit zwei Punkten Vorsprung auf den Relegationsrang.

Unter schwierigen Bedingungen schaffte Dardai erneut den Klassenerhalt – und durfte über das Saisonende hinaus bleiben. Allerdings zeigte sich sehr schnell, dass das Verhältnis mit den neuen Sportgeschäftsführer Fredi Bobic nicht frei von Spannungen war. Der Trainer haderte mit dem Kader, der ihm zur Verfügung stand. Bobic wiederum fand Dardai zu verkniffen und die Auftritte der Mannschaft zu verzagt.

Bobic und Dardai konnten nicht miteinander

Schon im November 2021 musste der Ungar seinen Platz erneut räumen – zwei Tage nach einem 1:1 gegen den FC Augsburg, bei dem Hertha in der siebten Minute der Nachspielzeit den Ausgleich kassiert hatte. Bobic verteidigte seine Entscheidung gegen alle verständliche Kritik. Selbst bei einem Sieg gegen Augsburg hätte Dardai gehen müssen, erklärte er. Das Verhältnis zwischen Trainer und Sportchef war da längst vollends ruiniert.

Aber besser wurde die sportliche Performance anschließend nicht. Nach dem Experiment mit Tayfun Korkut rettete sich Hertha erst unter dem Routinier Felix Magath in der Relegation vor dem Abstieg. Bobic hat trotzdem „keine Sekunde“ darüber nachgedacht, dass Dardais Entlassung ein Fehler gewesen sein könnte. Die meisten Beobachter waren anderer Ansicht: Mit Dardai wäre Hertha wohl nie derart in Gefahr geraten.

Inzwischen ist Fredi Bobic selbst längst Geschichte. Ende Januar musste er gehen. Erst dadurch ist Dardais Rückkehr überhaupt möglich geworden.

Mit schwierigen Aufgaben hat Herthas neuer, alter Trainer Erfahrungen, doch so schwierig wie aktuell war es auch für ihn noch nie. Sechs Spiele bleiben ihm, um den Abstieg in die Zweite Liga zu verhindern. Vielleicht auch acht, sollte es die Mannschaft erneut in die Relegation schaffen. So, wie sich das Team zuletzt präsentiert hat, wäre das schon ein großer Erfolg.

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