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Thomas Tuchel war in dieser Saison mehrfach am Rande der Verzweiflung.

© Reuters/Thilo Schmuelgen

Tuchels Aus beim FC Bayern: Eine sportliche Kapitulationserklärung

Die Bayern und Thomas Tuchel – das wollte nie so richtig passen. Dass die Klubführung den Trainer nicht sofort wechselt, zeigt aber auch: Sie glaubt selbst nicht mehr an die Mannschaft.

Ein Kommentar von Jörg Leopold

Erst Hansi Flick, dann Julian Nagelsmann und nun auch Thomas Tuchel: Der FC Bayern hat in der jüngeren Vergangenheit einen bemerkenswerten Verschleiß an vermeintlichen Toptrainern. Und blickt man noch weiter zurück, fällt auf, dass seit Pep Guardiola zwischen 2013 und 2016 kein Coach mehr auf eine Amtszeit von wenigstens zwei vollen Spielzeiten in München kommt.

Dass die Bayern in diesen mittlerweile mehr als sieben Jahren trotzdem immer in jeder Saison mindestens einen Titel holten, spricht für die Anspruchshaltung des Klubs und nicht zuletzt für seinen überragenden Profikader. Zuweilen konnte der Eindruck entstehen, dass die Spieler gar keinen Trainer brauchen, um zumindest die deutsche Meisterschaft zu gewinnen.

Nun scheint diese Serie zu reißen. Die Bayern in der Saison 2023/24 geben das Bild einer wankelmütigen Mannschaft ab, die ihre Fähigkeit verloren hat, allen Widerständen zu trotzen und zumindest der nationalen Konkurrenz in Sachen Selbstverständnis und Siegeswillen („Mia san mia“) stets überlegen zu sein.

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Doch der Nimbus der Unverwundbarkeit hatte schon in der vergangenen Saison Risse bekommen. Dass es hier überhaupt noch einmal für den Titel in der Bundesliga reichte, lag vor allem auch am Konkurrenten Borussia Dortmund. Der hatte nach Jahren als erster Prügelknabe der Liga letztlich Angst davor, die Bayern tatsächlich mal zu überholen.

Tuchel trat nach außen nicht immer souverän auf

In dieser Saison ist das anders. Bayer Leverkusen wirkt stabil, ist auf nahezu jeder Position doppelt besetzt und hat in Xabi Alonso den derzeit wohl besten Trainer in Deutschlands höchster Spielklasse. Und auch wenn die Bayern betonen, bis zum Ende alles geben zu wollen, so ist das jetzt verkündete Aus für Thomas Tuchel zum Saisonende in gewisser Weise auch eine Kapitulationserklärung.

Denn wenn die Klubführung der Meinung wäre, dass die Mannschaft gut genug ist, Leverkusen noch abzufangen und es nur am Coach liegt, hätte sie jetzt mit einem Wechsel auf der Trainerbank reagieren müssen. Doch statt auf einen neuen Impuls zu setzen, verschreibt sich der FC Bayern schon jetzt einem Neuaufbau und nimmt eine titellose Saison dabei in Kauf.

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Natürlich ist Thomas Tuchel beileibe nicht frei von Schuld, das mit ihm und den Bayern wollte von Beginn an nicht so passen wie erhofft. Allerdings hat Tuchel immer wieder betont, dass er den Kader zumindest auf internationaler Ebene final nicht für konkurrenzfähig hält. Die personellen Korrekturen in den beiden jüngsten Transferfenstern blieben letztlich halbgar.

Tuchel muss sich allerdings vorwerfen lassen, nach außen keine gute Figur abgegeben zu haben. Der endlose Kleinkrieg mit den Experten Dietmar Hamann und Lothar Matthäus vom Bezahlsender Sky hatte etwas von Kindergarten. Dass Hamann und Co. sich nun bestätigt fühlen können in ihrer Einschätzung, dürfte Tuchel besonders bitter aufstoßen.

Für Tuchel stellt sich nun wie für den FC Bayern die Frage, wie es weitergehen soll. Nach Borussia Dortmund, Paris St. Germain und dem FC Chelsea ist die Station in München nun die vierte nacheinander, bei der die Zusammenarbeit vor Ablauf der eigentlichen Vertragslaufzeit endet.

Und trotzdem wird Tuchel auch künftig irgendwo einen Job bei einem Spitzenklub finden. Als ehemaliger Bayern-Trainer fällt man schließlich weich. In England beispielsweise dürften einige Klubs spätestens zur neuen Saison Interesse anmelden. Und dann ist da ja auch noch die deutsche Nationalmannschaft. Geht es nach dem Gesetz der Serie, wird Thomas Tuchel nach der Europameisterschaft neuer Bundestrainer. Hansi Flick und Julian Nagelsmann lassen grüßen.

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