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Au Backe. Viktor Skripnik verantwortet die schlechteste Heimbilanz in der Bundesliga-Historie von Werder Bremen.

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Update

Unser Blog zum Bundesliga-Wochenende: Werder Bremen: Was hat dich bloß so ruiniert?

Heute mit Sonderteil Europapokal: Jürgen Klopp kehrt nach Deutschland zurück, Hertha BSC rockt die Bundesliga, Bayern trifft auf Juventus Turin

Duell der Gestrauchelten. Es ist doch immer wieder aufs Neue bemerkenswert, wie schnelllebig der professionelle Fußball ist. Vor gerade mal einem Jahr wurde Viktor Skripnik bei Werder Bremen noch als großer Magier gefeiert; seine Beförderung vom Trainer der U 23 zum Trainer der Profis hat in der Bundesliga sogar einen regelrechten Trend ausgelöst. Pal Dardai bei Hertha BSC, Martin Schmidt in Mainz und zuletzt Andre Schubert bei Borussia Mönchengladbach haben einen ähnlichen Weg genommen: aus dem eigenen Nachwuchs zu den Profis.

Inzwischen fragen sich viele, ob der Auslöser dieser Bewegung überhaupt noch up to date ist. Die Zweifel an Skripnik wachsen, und Werders Sportdirektor Thomas Eichin hat diese Zweifel mit ein paar ungeschickten Äußerungen über seinen Trainer noch befeuert. Tatsache ist, dass sich Werder mehr und mehr in jene Region zurückbewegt, in der Skripnik die Mannschaft vor einem Jahr übernommen hat - ziemlich nah am Abgrund. Dramatisch ist vor allem die Heimbilanz der Bremer. Zwar beendeten sie am Wochenende mit dem 1:1 gegen Köln eine Serie von fünf Heimniederlagen hintereinander; trotzdem holten sie aus den acht Spielen im Weserstadion nur vier Punkte. Das ist die schlechteste Ausbeute in Werders Bundesligahistorie.

Da trifft es sich ganz gut, dass die Bremer bis Weihnachten noch zweimal auswärts antreten müssen: am Dienstag im Pokal bei den ersatzgeschwächten und zunehmend erschöpfteren Gladbachern (der einzigen Mannschaft übrigens, gegen die sie in dieser Saison ein Heimspiel gewinnen konnten) und am Samstag bei Eintracht Frankfurt. Die Frankfurter strotzen gerade auch nicht unbedingt vor Selbstvertrauen. Das 1:4 in Dortmund war nicht nur ihre vierte Niederlage hintereinander, sondern auch die 600. der Eintracht in der Bundesliga. „Ihr Zustand lässt Schlimmstes befürchten“, schreibt die „FAZ“. Wer das Spiel am Samstag verliert, hat sogar gute Chancen, auf einem Abstiegsplatz zu überwintern.

Gladbachs Jantschke: Verdacht auf Kreuzbandriss

Telefon-Joker am Spielfeldrand. Nach dem Ausflug nach Europa zurück in die Bundesliga. Thomas Eichin, der Sportdirektor von Werder Bremen, hat sich über den 1. FC Köln echauffiert, der sich wiederum über seinen früheren Spieler Tony Ujah echauffiert hatte, der am Wochenende einen zweifelhaften Elfmeter für die Bremer herausgeholt hatte. Die Kölner hätten es schön gefunden, wenn der Schiedsrichter mal bei Ujah nachgefragt hätte. Thomas Eichin wiederum hätte das gar nicht schön gefunden. „Vielleicht sollten wir noch am Spielfeldrand einen Tisch hinstellen. Die Spieler kommen dann an einen Lügendetektor und es gibt noch einen Telefon-Joker. Der Schiedsrichter soll einfach entscheiden, fertig. Alles andere ist grotesk und unsinnig.“ +++ Bei Borussia Mönchengladbach reißen die schlechten Nachrichten nicht ab. Zwei Tage nach der 0:5-Niederlage bei Bayer Leverkusen meldet sich Tony Jantschke erst einmal bis auf Weiteres ab. Der Defensivspieler hat sich am Samstag in Leverkusen am Knie verletzt, er soll sich morgen einem arthroskopischen Eingriff unterziehen. Bei ihm besteht der Verdacht auf Kreuzbandriss. Jantschke wäre nach Patrick Herrmann und Nico Schulz der dritte Spieler der Gladbacher, der mit dieser Verletzung ausfällt. +++ Auch Roberto Hilbert von Bayer Leverkusen muss lange pausieren. Er hat sich im Spiel gegen die Gladbacher einen Muskelbündelriss im rechten Oberschenkel zugezogen. Er fällt acht bis zehn Wochen aus.

Die Lose werden gezogen (IX). Der Final-Gastgeber lässt allen anderen den Vortritt. Der FC Basel wird als letzter Klub gezogen. Er trifft auf AS St. Etienne. Villarreal spielt gegen den SSC Neapel. Hier noch einmal die Spiele der deutschen Teams: Borussia Dortmund - FC Porto, FC Augsburg - FC Liverpool, Sporting Lissabon - Bayer Leverkusen und Schachtjor Donezk - Schalke 04. Gespielt wird am 18. und 25. Februar.

Der Ural muss warten. Bayer Leverkusen trifft wie Borussia Dortmund auf einen portugiesischen Klub. Die Leverkusener bekommen es mit Sporting Lissabon zu tun.

Die Lose werden gezogen (VIII). Weitere Partien: Marseille - Bilbao, Sevilla - Molde FK.

Die Lose werden gezogen (VII). Der FC Schalke 04 muss in die Ukraine reisen. Er trifft auf Schachtjor Donezk, der seine Heimspiele allerdings in Lemberg austrägt.

Die Lose werden gezogen (VI). Weitere Partien: Sparta Prag - Krasnodar, Galatasaray - Lazio, Sion - Braga.

Die Lose werden gezogen (V). Der FC Augsburg trifft in der Zwischenrunde auf den FC Liverpool und Trainer Jürgen Klopp.

Gutes Los. Jürgen Klopp trifft mit Liverpool auf den FC Augsburg.
Gutes Los. Jürgen Klopp trifft mit Liverpool auf den FC Augsburg.

© AFP

Die Lose werden gezogen (IV). Weitere Partien sind: Fenerbahce - Lokomotive Moskau, RSC Anderlecht - Olympiakos, Midtjylland - Manchester United.

Die Lose werden gezogen (III). Borussia Dortmund bekommt es mit dem FC Porto zu tun.

Die Lose werden gezogen (II). Florenz trifft auf Tottenham.

Die Lose werden gezogen (I). Die erste Partie steht fest: FC Valencia - Rapid Wien.

Losfee. Gelost wird vom Basler Alexander Frei, der auch für Borussia Dortmund gespielt hat.

Europa League. Das Finale findet übrigens am 18. Mai in Basel statt. Schalke und Leverkusen sind in Lostopf eins, dürfen also zuerst auswärts antreten. Dortmund und Augsburg finden sich in Lostopf zwei wieder.

Ein Lob der Europa League. In Deutschland hat die Europa League leider nicht den besten Ruf. Zu Unrecht, finde ich. Dortmund, Schalke, Manchester United, FC Liverpool, SSC Neapel, Tottenham Hotspur, Lazio, FC Valencia, FC Basel, RSC Anderlecht, AS St. Etienne, AC Florenz - hört sich nach Champions League an, ist aber gerade Europa League. Mal sehen, was passiert, wenn Borussia Dortmund auf den FC Liverpool trifft. Dann könnte es das Champions-League-Spiel Wolfsburg gegen Gent in der medialen Wahrnehmung recht schwer haben.

Und jetzt Europa League. Um ein Uhr geht es weiter mit Teil zwei der Auslosung und vier deutschen Mannschaften (Bayern Leverkusen, Borussia Dortmund, FC Schalke 04, FC Augsburg). Leverkusens Geschäftsführer Michael Schade ist wahrscheinlich schon ganz wuschig, in welches malerische Städtchen am Ural er mit der Mannschaft reisen darf.

Man kennt sich. Für Andreas Jung, den Vorstand der Bayern, war Juventus Turin neben Paris St. Germain "der schwerste Gegner, den man im Achtelfinale bekommen konnte". Man kennt sich. Bei den Turinern spielt Stürmer Mario Mandzukic, der zwischen 2012 und 2014 in 54 Bundesligaspielen 33 Tore für die Münchner erzielt hat und mit ihnen 2013 die Champions League gewonnen hat. Bei den Bayern spielen mit Kingsley Coman und Arturo Vidal zwei frühere Turiner.

Zurück nach München. Mario Mandzukic (l.) spielt mit Juventus Turin gegen seinen Ex-Klub Bayern.
Zurück nach München. Mario Mandzukic (l.) spielt mit Juventus Turin gegen seinen Ex-Klub Bayern.

© dpa

Bayern-Dusel geht anders. Den Namen nach gibt es drei Kracherpartien im Achtelfinale: Bayern gegen Juventus Turin ist eine davon. Die Turiner waren im vorigen Jahr immerhin im Finale, nachdem sie im Viertelfinale Borussia Dortmund ausgeschaltet hatten. In der Vorrunde haben sie sich unter anderem gegen Borussia Mönchengladbach durchgesetzt. Allerdings konnte Juve keins der beiden Spiele gewinnen. In Turin endete die Partie 0:0, in Mönchengladbach 1:1. Das immerhin haben die Münchner nicht geschafft. Vor einer Woche unterlagen sie der Borussia in Mönchengladbach 1:3. „Niemand ist unschlagbar. Wir müssen diese Partien mit Demut, Begeisterung und Selbstbewusstsein angehen“, sagt Juves Vize-Präsident Pavel Nedved . „Wir haben bis hierher eine Entwicklung auf ein sehr gutes Niveau gezeigt. Das macht mich zuversichtlich."

Das Achtelfinale steht. Hier noch einmal alle Achtelfinalspiele auf einen Blick: KAA Gent - VfL Wolfsburg, AS Rom - Real Madrid, Paris St. Germain - FC Chelsea, FC Arsenal - FC Barcelona, Juventus Turin - Bayern München, PSV Eindhoven - Atlético Madrid, Benfica Lissabon - Zenit St. Petersburg, Dynamo Kiew - Manchester City. Die Hinspiele finden am 16./17. und 23./24. Februar statt, die Rückspiele am 8./9. und 15./16. März. Die weiteren Spielrunden (exklusiv für alle Wolfsburg-Fans): Viertelfinale 5./6. April und 12./13. April, Halbfinale 26./27. April und 3./4. Mai. Das Finale wird am 28. Mai in Mailand ausgetragen.

Besser geht's nicht. Der VfL Wolfsburg ist überraschenderweise "sehr zufrieden" mit seinem Gegner KAA Gent. Das sagt Geschäftsführer Klaus Allofs dem Sky-Reporter. In dieser Partie treffen die beiden Teams aufeinander, die sich vermutlich alle anderen gewünscht hätten. Gent ist Tabellenführer in der belgischen Liga, trotzdem für die Wolfsburger ein Los, das laut Allofs, "lösbar erscheint".

Die Lose werden gezogen (VII). Die letzten beiden Partien sind Benfica gegen Zenit St. Petersburg und Dynamo Kiew gegen Manchester City.

Die Lose werden gezogen (VI). PSV Eindhoven spielt gegen Atletico Madrid.

Die Lose werden gezogen (V). Bayern München hat mal kein Losglück. Die Münchner treffen auf Juventus Turin.

Die Lose werden gezogen (IIII). Arsenal bekommt es mit dem Titelverteidiger Barcelona zu tun.

Die Lose werden gezogen (III). Der FC Chelsea muss zu Paris St. Germain. Eine Paarung mit vielen Gesichten. David Luiz (PSG) trifft auf seinen Ex-Klub, Zlatan Ibrahimovic auf Jose Mourinho.

Die Lose werden gezogen (II). Der AS Rom spielt gegen Real Madrid.

Die Lose werden gezogen. KAA Gent wird als Erstes gezogen und trifft auf den VfL Wolfsburg.

Regularien. Losfee ist Javier Zanetti. Gespielt wird das Achtelfinale ab dem 16. Februar, die letzten Spiele sind einen Monat später. Teams, die schon in der Vorrunde aufeinander getroffen, können nicht gegeneinander spielen, genauso wenig zwei Mannschaften aus demselben Land sowie aus Russland und der Ukraine.

Sehnsucht Wolfsburg. Könnte mir vorstellen, dass alle Mannschaften in Topf zwei ein Wunschlos haben. Ein Tipp: Der Klub kommt aus Deutschland.

Auf wen trifft Hertha BSC? Ach, nee. Das ist ja erst nächstes Jahr.
Auf wen trifft Hertha BSC? Ach, nee. Das ist ja erst nächstes Jahr.

© dpa

In guter Gesellschaft. Zwei deutsche Mannschaften, Bayern München und der VfL Wolfsburg, sind noch im Wettbewerb vertreten. Beide sind als erster ihrer Gruppe in Lostopf eins.

Die Auslosung kann beginnen. Gianni Infantino, der Generalsekretär der Uefa, ist erschienen. Der Mann ist im Dauereinsatz. Wie soll der sich eigentlich um seine Kandidatur für die Fifa-Präsidentschaft kümmern?

Die Auslosung live im Blog. In wenigen Minuten wird das Achtelfinale der Champions League ausgelost. Wir werden darüber ausnahmsweise an dieser Stelle berichten. Mal sehen, auf wen Hertha BSC trifft. Ach, nee. Das ist ja erst nächstes Jahr. Trotzdem. Die Auslosung wird auf jeden Fall spannender als die für die Europameisterschaft am vergangenen Samstag.

Pal Dardai und die Mathematik. Wir wollen uns im Nachhinein natürlich nicht klüger machen, als wir waren. Ehrlich gesagt, habe ich nicht gedacht, dass Pal Dardais detaillierte Rechnungen, die er vor der Saison aufgestellt hat, aufgehen werden. Herthas Trainer hat ja gesagt, er plane mit zehn Punkten mehr als in der vergangenen Saison. Diese Vorgabe haben die Berliner nach nicht einmal der Hälfte der Saison schon übertroffen. Vor einem Jahr hatte Hertha nach 16 Spielen 18 Punkte (nach 17 Spielen übrigens auch); jetzt sind es bereits 29.

Die Hinrunde kann schon jetzt keine schlechte mehr werden. In den letzten beiden Spielen geht es daher vor allem ums Gefühl. Am Mittwoch (19 Uhr) tritt Hertha im DFB-Pokal beim 1. FC Nürnberg an, zum Jahresabschluss kommt am Sonntag (15.30 Uhr) der FSV Mainz 05 ins Olympiastadion. Wie groß die Auswirkungen der beiden finalen Begegnungen auf die Stimmung sein können, hat Hertha vor einem Jahr erfahren. Da spielten die Berliner zuerst 4:4 in Frankfurt, nachdem sie bis in die Schlussminute 4:2 geführt hatten; und am vierten Advent setzte es dann ein 0:5 gegen die TSG Hoffenheim. Von dieser Klatsche haben sich die Mannschaft und ihr damaliger Trainer Jos Luhukay lange nicht erholt. Knapp zwei Monate später war der Holländer seinen Job los - und Hertha plötzlich mitten im Abstiegskampf.

Vor allem das Pokalspiel ist wichtig, damit Hertha ein schönes Weihnachtsfest erlebt. Pal Dardai, der vor der Saison offensiv verkündet hat, dass er ins Finale nach Berlin will, hat es zum „wichtigsten Spiel für unsere Fans - und uns“ ausgerufen“. Zwei Zweitligisten (Arminia Bielefeld und den FSV Frankfurt) hat Hertha schon aus dem Wettbewerb geräumt, mit dem 1. FC Nürnberg kommt nun der dritte. „Ein machbarer Gegner“ findet Marvin Plattenhardt, der bis vor anderthalb Jahren selbst noch für den FCN gespielt hat, am Mittwoch wegen seiner Gelb-Rot-Sperre aber leider nicht dabei sein darf.

Man mag sich gar nicht ausmalen, was passierte, wenn ... Allerdings sollte man die Nürnberger auch nicht unterschätzen. Am Sonntag haben sie den bisherigen Tabellenführer Freiburg besiegt und gestürzt. Die Mannschaft ist unangenehm zu bespielen, was Freiburgs Trainer Christian Streich auch vehement beklagt hat. Der Club ist seit acht Spielen ungeschlagen, hat viermal hintereinander gewonnen und sich dadurch von Platz zehn auf drei in der Tabelle verbessert.

Wo soll das noch hinführen?

Knapp daneben. Wir aus der Sportredaktion mussten uns hausintern schon für unsere fehlende Kompetenz in Sachen Hertha verspotten lassen. Vor der Saison als Absteiger eingestuft - und jetzt Europapokalanwärter.

Um der Wahrheit zu ihrem Recht zu verhelfen: In unserer Bundesligaserie war bei Hertha von Abstieg keine Rede. In unserem redaktionsinternen Tippspiel wurde Hertha von 45 Teilnehmern 14 Mal als einer von drei Absteigern getippt. Darunter waren auch zwei Redakteure aus dem Ressort Sport.

Zugegeben: Ich habe von Herthas Mannschaft vor der Saison auch nicht erwartet, dass sie die Sterne vom Himmel spielen würde; die kritischsten Stimmen aber waren vor allem außerhalb Berlins zu vernehmen. Hier noch mal ein paar vorsaisonale Urteile zum Schmunzeln.

Felix Magath: „Ich erwarte für die Hertha einen Kampf gegen den Abstieg bis zum letzten Spieltag.“

Die „Fußball-Woche“: „Herthas Ansprüche müssen bescheiden bleiben.“ Der Klub müsse „gehörig auf der Hut sein, nicht über die Kante gestoßen zu werden“.

Die „Bild am Sonntag“: „Den Berlinern droht im 3. Bundesliga-Jahr infolge erneut eine Zittersaison.“

Die „FR“: „Es deutet einiges darauf hin, dass den Berlinern eine schwierige Saison bevorsteht.“

Die „Rheinische Post“: „Trainer Pal Dardai hat sich als Stimmungskanone verschlissen (...) Der Mannschaft fehlt es vorne und hinten an fußballerischer Klasse.“

Die „FAS“: „Dem Team mangelt es an Klasse, Sportdirektor Preetz an Ideen, Trainer Dardai an Erfahrung.“

Man muss zu seinen Fehleinschätzungen stehen, das lernt man (oder muss man lernen), wenn man hauptberuflich über Fußball berichtet. Mit der obigen Aufzählung geht es daher auch nicht darum, andere Kollegen bloßzustellen, die sich geirrt haben. Im Gegenteil: Ihre Ansichten zu Herthas waren ja durchaus fachlich und sachlich zu begründen. Wer sich die Stimmung zu Saisonbeginn noch einmal ins Gedächtnis rufen möchte, kann das hier tun.

So wie es aktuell gute Grunde für Herthas Aufschwung gibt, so gab es im Sommer gute Gründe, nicht allzu viel von Hertha zu erwarten. Noch mal zur Erinnerung: Die Mannschaft hatte mit Ach und Krach und wenig gutem Fußball den Abstieg vermieden. Die Mannschaft war trotzdem nur punktuell verändert worden. Der Umbau des Kaders erwies sich als sehr langwieriges und schwieriges Projekt, weil Hertha unerwünschte Spieler nicht los wurde und mögliche Neue absprangen. Trotzdem wollte Pal Dardai eine komplette Neuausrichtung der Spielphilosophie.

Das alles lässt den Ist-Zustand noch größer erscheinen. Hertha ist die Überraschung der Saison, das neue Augsburg gewissermaßen. Mindestens. Der „Kicker“ bescheinigt dem Klub „eine wundersam anmutende Entwicklung“. Die „Fuwo“ sieht: „Hertha BSC auf Kurs nach Europa.“ Die „Bild“-Zeitung fragt sogar: „Hertha nächste Saison in der Königsklasse?“ Und weiter: „Der Höhenrausch wird immer mehr Realität.“Auch außerhalb Berlins wird die Entwicklung registriert. So schreibt die „FAZ“ „Das Repertoire der Hertha beinhaltet eine Vielfalt von Systemen, in denen unterschiedliche Spieler ihren Mann stehen können.“

Fakten, Fakten, Fakten. Das kommt davon, wenn man sich auf seine diffuse Erinnerung verlässt. Platz drei nach 16 Spieltagen ist nicht, wie ganz unten erwähnt, Herthas beste Platzierung seit 2008/09, sondern (mit Dank an die Dokumentation des "Kickers" die beste seit 1974/75, als die Berliner sogar Zweiter waren (und es am Ende der Saison auch wurden).

Gute-Laune-Truppe. Hertha BSC ist am Samstag auf einem Champions-League-Platz gelandet. Die Berliner überwintern sicher auf einem Europacupplatz.
Gute-Laune-Truppe. Hertha BSC ist am Samstag auf einem Champions-League-Platz gelandet. Die Berliner überwintern sicher auf einem Europacupplatz.

© dpa

Das Lied von den 40 Punkten. Heute zum Anfang mal ein kleines Quiz für alle Hertha-Fans unter unseren Lesern: Wie haben Sie reagiert, als der FC Augsburg am Sonntag im Spiel gegen den FC Schalke 04 in der Nachspielzeit den Treffer zum 2:1 erzielt hat? A) Sie haben gedacht: Sch..., jetzt punkten die Abstiegskandidaten selbst gegen die Großen. Nicht, dass es für Hertha im Kampf gegen den Abstieg noch mal eng wird. Oder B) Yeeeeeeeeees, wie geil ist das denn?! Einen Konkurrenten um die Europapokalplätze auf Abstand gehalten. Was für ein Wochenende!

Die richtige Antwort lautet: A.

Glaubt man zumindest den Einträgen in den diversen Hertha-Foren, müsste sich die Mehrheit der Anhänger für diese Variante entschieden haben. Im Internet wird ja immer noch das bekannte 40-Punkte-Lied gesungen, das seit Monaten von Herthas Vereinsführung promotet wird. Also: Stand jetzt sind es noch elf Punkte bis zum Klassenerhalt! Das Problem ist: Langsam wird das ein bisschen unglaubwürdig. (Und falls sie B geantwortet haben: Beschimpfen Sie uns, die Medien, bitte nicht, wir würden unrealistische Hoffnungen schüren!)

Am Samstag ist Hertha auf Platz drei vorgerückt. Für alle Fans der Berliner, die in den vergangenen Jahren von solchen Tabellenregionen weitgehend entwöhnt worden sind: Platz drei würde am Ende der Saison zur Teilnahme der Champions League („Money, money, money“) berechtigen. Gut, so weit sind wir noch lange nicht. Oder, um es mit Vedad Ibisevic zu sagen: „Diese Phase ist ganz gefährlich. Wenn es gut läuft, muss man noch mehr investieren, damit man so lange wie möglich da oben bleibt.“

In die ähnliche Richtung gingen auch die Aussagen seiner Kollegen. Von wegen: Man dürfe das nicht überbewerten. Und bestimmt ist am Samstag und Sonntag auch diverse Male das Wort „Momentaufnahme“ zu vernehmen gewesen. Nach 16 Spieltag, mithin fast einer kompletten halben Saison, ist die Belichtungszeit dieser Momentaufnahme allerdings schon ziemlich lang gewesen.

Der erfreuliche Moment wird für Hertha mindestens bis zum ersten Spieltag der Rückrunde Bestand haben: Seit Sonntag steht fest, dass die Mannschaft auf einem Europapokalplatz überwintern wird. Schlechter als mit Rang fünf kann die Hinrunde für Hertha also nicht mehr enden. Das ist die beste Platzierung seit der Saison 2008/09, als Favre tanzte. Die Älteren werden sich vielleicht noch erinnern.

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