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Parteifreunde: Bundeskanzler Olaf Scholz (l.) und der Vorsitzende der IG BCE, Michael Vassiliadis.

© imago images/Future Image/Ulrich Stamm via www.imago-images.de

Umfrage zeigt Zweifel am Green Deal: Industriebeschäftigte gehen auf Distanz zur EU

Eine Mehrheit der Industriebeschäftigten hält die Klimaschutzziele der EU-Kommission für unrealistisch. Zu diesem Ergebnis kommt eine Umfrage der Gewerkschaft IG BCE.

Mit einer Umfrage an der Basis forciert die IG Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) die Diskussion um die Klimaschutzpolitik der EU. Das Ziel, bis 2050 als erster Kontinent klimaneutral zu werden, stufen knapp vier Fünftel der Befragten als unrealistisch ein. „Die Industriebeschäftigten wollen kein Europa, das nur Ziele vorschreibt, aber nicht genug für ihre Erreichung tut“, kommentierte der Vorsitzende der IG BCE, Michael Vassiliadis, die Umfrageergebnisse.

„Wenn der Green Deal zum Erfolgsmodell werden soll, muss die EU mehr Geld und Gehirnschmalz in die Weiterentwicklung der Industrie stecken“, so Vassiliadis. Die Industrie sei der „Wohlstandsgarant des Kontinents“.

Die IG BCE ist mit mehr als 570.000 Mitgliedern die zweitgrößte Industriegewerkschaft nach der IG Metall. Der 60-jährige Vassiliadis führt die Gewerkschaft seit 15 Jahren und ist in Berlin der einflussreichste Arbeitnehmervertreter. Vassiliadis war Mitglied in diversen Beratungsgremien der Bundesregierung, darunter Kohle- und Gaspreis-Kommission. Die Ehefrau von Vassiliadis, Yasmin Fahimi, führt seit zwei Jahren den Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB), zu dem neben der IG BCE sieben weitere Gewerkschaften gehören.

Anlässlich der am 9. Juni anstehenden Europawahl fragte die Gewerkschaft bei 4000 Beschäftigten ihre Meinung zur EU und einigen Sachthemen ab. Zwei von drei Befragten fühlen sich der Gemeinschaft „eher“ oder „sehr verbunden“. Das Interesse an der Europawahl ist bei 54 Prozent „groß“ oder „sehr groß“. 78 Prozent gaben an, der europäische Binnenmarkt sei für ihren Betrieb „eher“ oder „sehr wichtig“.

Negative Wirkung für Betrieb befürchtet

Gleichzeitig äußern sich viele Beschäftigte kritisch über die europäische Industriepolitik respektive den Umwelt- und Klimaschutz. Dass politische Entscheidungen auf EU-Ebene für ihren Betrieb „eher“ oder „sehr negative“ Auswirkungen haben, meinen 44 Prozent der Befragten (gegenüber 31 Prozent positive Auswirkungen).

61 Prozent der Befragten sind der Ansicht, die EU müsse den Mitgliedstaaten mehr Spielraum für staatliche Investitionen in den Umbau der Industrie ermöglichen. Als wichtigste Themenfelder der nächsten Wahlperiode sehen die Industriebeschäftigten die Energieversorgung, Sicherheit/Verteidigung, Wettbewerbsfähigkeit und Migration.

Auch die IG Metall wünscht sich im EU-Rahmen mehr und erleichterte Hilfen für die Industrie, stellt aber die Klimaschutzpolitik nicht infrage. Dabei nimmt gegenwärtig die Diskussion Fahrt auf, ob das beschlossene Verbot von Pkw-Neuzulassungen mit Verbrennungsmotor ab 2035 korrigiert werden sollte. Bislang hat die IG Metall für die Transformation in Richtung Elektromobilität geworben.

„Staatliche Unterstützung für Industrieunternehmen muss leichter möglich sein – und an Bedingungen geknüpft werden, etwa an Tarifverträge und den Erhalt von Arbeitsplätzen“, wünscht sich die IG Metall von der EU. Strompreise müssten international wettbewerbsfähig sein und öffentliche Aufträge an europäische Wertschöpfung gekoppelt werden.

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