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Digitaler Euro

© Bearbeitung: Tagesspiegel/stock.adobe/vegefox Quelle

Die EU will den digitalen Euro: Ein weiterer Schritt zum gläsernen Menschen?

Der neue Vorschlag aus Brüssel für eine digitale europäische Gemeinschaftswährung stößt auf Begeisterung wie Kritik. Wie sicher ist der digitale Euro und wie groß das Überwachungspotenzial?

Nach jahrelanger Vorbereitung legte die EU-Kommission Ende Juni ihren Gesetzesentwurf zum digitalen Euro vor. Neben Münzen und Scheinen sollen Menschen in der EU zukünftig auch eine digitale Variante des Euro für Käufe an der Ladenkasse oder im Onlineshop nutzen können. Zahlungen sollen sekundenschnell auch über Landesgrenzen hinweg getätigt werden können. Gleichermaßen sicher wie mit dem europäischen Bargeld, sagen EU-Kommission und Europäische Zentralbank.

Verbraucher- und Datenschützer sehen teilweise erheblichen Nachholbedarf, vor allem beim Thema Privatsphäre. Wir fragen drei Fachleute, inwiefern das Bezahl- und Einkaufsverhalten von EU-Bürgerinnen und -Bürgern durch den digitalen Euro nachvollziehbar wird. (Alle Folgen finden Sie hier.)

Der digitale Euro wird den Schutz der Privatsphäre und der Daten verstärken

Die kürzlich von der EU-Kommission vorgelegten Vorschläge zum digitalen Euro sind der Beginn eines langen demokratischen Prozesses. In der EU sind der Schutz der Privatsphäre und der Datenschutz Grundrechte. Der digitale Euro wird diese Grundrechte einhalten.

Die EZB wird die von Parlament und Rat vereinbarten Datenschutzvorschriften umsetzen müssen – unter Aufsicht des Europäischen Datenschutzbeauftragten. Was schlägt die Kommission vor, um diese Grundrechte bestmöglich zu schützen?

Erstens wird der Datenschutz bei Online-Zahlungen mit dem digitalen Euro derselbe sein wie bei bestehenden digitalen Zahlungen. Zweitens werden die Menschen den digitalen Euro auch ohne Internetverbindung verwenden können – das Niveau an Datenschutz ist dabei mit dem von Bargeld vergleichbar: Keine Bank wird sehen, wofür Sie Ihr Geld ausgeben. Drittens müssen alle Daten verschlüsselt werden, sodass weder die EZB noch die nationalen Zentralbanken einzelne Transaktionen einsehen können. Bei den heutigen digitalen Zahlungssystemen ist dieses Maß an Datenschutz beispiellos. In der digitalisierten Wirtschaft von morgen wird der digitale Euro den Datenschutz und den Schutz der Privatsphäre verstärken. Viertens möchte ich betonen, dass der digitale Euro nur eine zusätzliche Zahlungsmöglichkeit wäre – Sie könnten weiterhin zwischen Bargeld, privaten digitalen Zahlungen oder dem digitalen Euro wählen.

Der digitale Euro wird das Bargeld ergänzen und nicht ersetzen. Dafür hat die EU-Kommission zeitgleich auch Maßnahmen vorgelegt, um den Zugang zu und die Akzeptanz von Euro-Bargeld zu verbessern.


Der digitale Euro ist das Bargeld des 21. Jahrhunderts

Die Digitalisierung wird für die meisten Menschen täglich beim Bezahlen bemerkbar: 90 Prozent der Verbraucherinnen und Verbraucher zahlen heute schon regelmäßig digital und kontaktlos, beispielsweise mit Smartphone oder Smart Watch. Ein digitaler Euro würde diese Vielfalt erweitern und öffentliches Geld in digitaler Form verfügbar machen. Sicherheit und der Schutz der Privatsphäre haben dabei für die EZB in der Ausgestaltung oberste Priorität.

Der digitale Euro bietet nicht nur die Chance auf ein souveränes, europäisches Bezahl-Ökosystem. Er würde auch den Anspruch an Privatsphäre und Datenschutz beim Bezahlen stärken: Dritte erhalten keinen Einblick ins Kaufverhalten und die Verarbeitung personenbezogener Daten wird zur Geldwäscheprävention auf das absolut notwendige Minimum reduziert.

Vom gläsernen Menschen kann nicht die Rede sein. Der digitale Euro ist vielmehr das „Cash des 21. Jahrhunderts“. Er vereint die Vorteile der analogen und der digitalen Welt: Anonymität bei gleichzeitigem Komfort und höchster Sicherheit.


Bankkonten werden zu Logbüchern unseres Lebens 

Den vielstimmig vorgetragenen Versicherungen zufolge, wird der digitale Euro Bargeld nur ergänzen, nicht ersetzen. Das ist Augenwischerei. Er soll so gestaltet werden, dass er dem Bargeld besonders gut Konkurrenz machen kann.

Und die EU-Kommission will den digitalen Euro als künftiges zweites gesetzliches Zahlungsmittel per Gesetz davor schützen, dass Händler einseitig seine Annahme ausschließen. Dem Bargeld will sie diesen Schutz seiner generellen Nutzbarkeit weiterhin verweigern. Banken und Zahlungsdienstleister sollen zudem gezwungen werden, den digitalen Euro-Zahlungsverkehr zu subventionieren, zulasten des Bargelds.

Die Folge der so forcierten Bargeldverdrängung ist, dass Bankkonten zu Logbüchern unseres Lebens werden, in denen Behörden noch Jahrzehnte später nachlesen können, wer wann wo was getan hat. Uns wird versichert, der digitale Euro werde nicht programmierbar sein, aber das gilt nicht für die Plattform, über die der Zahlungsverkehr laufen wird. Über die Programmierung von Bedingungen können wir automatisiert lenkbar werden.

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