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Ein Senior hinter dem Steuer eines Autos.

© IMAGO/ingimage

Führerscheinentzug ohne Attest?: EU schlägt Fahrtauglichkeits-Checks für Menschen über 70 vor

Ältere Fahrer sollen alle fünf Jahre zum Fahrtauglichkeits-Check, wenn sie ihren Führerschein behalten wollen. So lautet ein Vorschlag für eine neue EU-Richtlinie. Was heißt das genau?

Stellen ältere Menschen hinter dem Steuer im Straßenverkehr ein erhöhtes Gefahrenrisiko dar? Diese Frage wird immer wieder intensiv diskutiert und beschäftigt aktuell auch die EU-Kommission.

Ein Vorschlag für eine EU-weite Führerschein-Richtlinie sieht nun vor, dass Menschen ab 70 Jahren alle fünf Jahre einen Fahrtauglichkeits-Check machen sollen.

Demnach sollen ärztliche Kontrollen sicherstellen, dass die körperliche und geistige Gesundheit der Fahrzeugführer:innen immer noch gewährleistet ist. Auch sogenannte Auffrischungskurse sollen im Rahmen der neuen Richtlinie angeboten werden.

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Wie genau diese Fahrtauglichkeits-Checks aussehen sollen, dürfen die Mitgliedsländer selbst bestimmen. Der geplante Fünf-Jahres-Rhythmus entspricht dabei dem Eu-weiten Minimum. Die Länder dürfen aber auch kürzere Intervalle für den Führerschein-TÜV verordnen.

Wie sieht so ein Fahrtauglichkeits-Check aus?

Wie genau diese Fahrtauglichkeitsprüfungen aussehen sollen, steht aktuell noch nicht fest. Als EU-Mitgliedsstaat darf Deutschland selbst entscheiden, wie das genaue Prozedere und vor allem die Tauglichkeitstests vonstattengehen sollen.

Im eingereichten Vorschlag der EU steht lediglich: „Die Mitgliedstaaten verkürzen die Gültigkeitsdauer der Führerscheine von Inhabern, die das 70. Lebensjahr vollendet haben, auf fünf Jahre oder weniger.“

Dies geschehe, damit eine „ärztliche Kontrolle oder andere spezifische Maßnahmen, einschließlich Auffrischungskurse“ durchgeführt werden können.

Wie das Fachmagazin „Motorrad“ berichtet, sollen die ärztlichen Bescheinigungen „im Grunde dem aktuellen Verfahren für die Fahrerlaubnisklasse C, CE, D und DE“ entsprechen und ein Augenarzt-Attest sowie ein allgemeines Attest für die Fahrtüchtigkeit beinhalten.

Auf der Webseite der EU-Kommission steht lediglich, dass die Fahrtauglichkeit „gezielter“ bewertet werden soll – „auch durch Einbeziehung der Fortschritte bei der medizinischen Behandlung von Krankheiten wie Diabetes“.

Eine ältere Frau fährt in einem Auto auf der Straße.
Eine ältere Frau fährt in einem Auto auf der Straße.

© IMAGO/Westend61

Weiterhin heißt es: „Die Fahrer werden auch ermutigt, ihre Fahrfertigkeiten und ihr Fahrwissen auf dem neuesten Stand zu halten, damit sie mit den technologischen Entwicklungen Schritt halten.“

Wann tritt die neue EU-Richtlinie für Führerscheine in Kraft?

Ab wann genau die neue Führerschein-Regelung gilt, steht noch nicht fest.

Bislang hat die EU-Kommission lediglich einen Vorschlag zur Modernisierung der Führerscheinvorschriften eingereicht. Dieser Entwurf „wird nun vom Europäischen Parlament und vom Rat beraten“, heißt es auf der Webseite der EU-Kommission.

Branchenexpert:innen gehen davon aus, dass die neue Richtlinie bis 2030 in Kraft treten soll.

Bis zu diesem Jahr möchte die EU die Anzahl der Toten und Schwerverletzten im Straßenverkehr um 50 Prozent reduzieren. Bis 2050 plant der Staatenverbund zudem die Umsetzung seiner „Vision null Straßenverkehrstote“.

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Was gilt für Führerscheinbesitzer:innen unter 70 Jahren?

Die EU-Kommission möchte die Gültigkeit von Führerscheinen generell zeitlich begrenzen. Das gilt auch für Menschen unter 70 Jahren.

Allerdings müssen jüngere Pkw-Fahrer:innen keinen Gesundheits-Checkup machen, wenn sie ihren Führerschein verlängern lassen möchten.

Wie begründet sind die Fahrtauglichkeits-Checks für ältere Menschen?

In der Infobroschüre „Älter werden und AUTOmobil bleiben“ (hier als PDF) des Deutschen Verkehrssicherheitsrats (DVR) wird darauf hingewiesen, dass altersbedingte Erscheinungen die „Sicherheit beim Autofahren beeinflussen“ können.

So lasse etwa mit zunehmendem Alter das Seh- und Hörvermögen oder die Reaktionsgeschwindigkeit nach. Und das wiederum kann zu Unfällen führen.

Das Statistische Bundesamt (Destatis) gibt an, dass im Jahr 2021 etwa 14,5 Prozent aller Unfallbeteiligten in Deutschland über 65 Jahre alt waren.

Zunächst scheint diese Zahl nicht sehr hoch. Allerdings verweist Destatis darauf, dass ältere Menschen im Vergleich zu jüngeren auch seltener am Straßenverkehr teilnehmen – unter anderem, weil sie „nicht mehr regelmäßig zur Arbeit fahren“.

Zahlen des Statistischen Bundesamtes für 2021 stützen die Annahme, dass Senior:innen häufiger in schwere Unfälle verwickelt sind:

War ein über 75-jähriger Verkehrsteilnehmer an einem Unfall beteiligt, dann trug die Person in drei Viertel aller Fälle (75,9 Prozent) auch die Hauptschuld an dem Unfall.

Unfall-Experte: „Die Dramatik steigt ab 75 Jahren“

Der Leiter der Unfallforschung der Versicherer, Siegfried Brockmann, sagte in der ARD, die Altersgruppe der 65- bis 75-Jährigen zeige in der Regel noch keine Auffälligkeiten im Vergleich zu jüngeren Autofahrer:innen. „Die Dramatik steigt ab 75 Jahren“, so der Experte.

Dabei handele es sich allerdings um rein statistische Werte: „Es gibt auch 80-Jährige, die super fahren können, und 65-Jährige, die bereits Schwierigkeiten haben.“

Führerschein-Richtlinie: Kritiker sprechen von Altersdiskriminierung

Fest steht: Ein Entzug des Führerscheins würde für viele Senior:innen einen großen Einschnitt, massive Einschränkungen in der Mobilität und mitunter auch eine Demütigung bedeuten. Das Auto ist für viele ein zentrales Mittel zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben.

Genau deshalb warnte der Vorsitzende des Bundestags-Verkehrsausschusses, Udo Schiefner, mit Blick auf die EU-Pläne vor einer pauschalen Benachteiligung Älterer.

„Wir müssen sehr genau abwägen, wo die Vorteile und wo die Nachteile liegen“, sagte der SPD-Politiker der „Rheinischen Post“ am Donnerstag.

Es darf bei der Umsetzung keine Diskriminierung entstehen.

Udo Schiefner, Verkehrsausschuss des Bundestags

Auch der ADAC lehnt die geplanten Maßnahmen ab. Senioren seien keine schlechteren Autofahrer. „Zwar kann es mit zunehmendem Alter zu Leistungseinbußen kommen, dennoch ist das Unfallrisiko älterer Kraftfahrer nicht außergewöhnlich hoch“, heißt es in einer gerade online veröffentlichten Erklärung.

Eine gesetzliche Verpflichtung von Eignungsuntersuchungen von Senioren erachtet der ADAC als nicht verhältnismäßig. Denn gerade ältere Verkehrsteilnehmende zeichneten sich in der Regel durch einen situationsangepassten Fahrstil sowie vorausschauendes Fahren aus.

Verkehrssicherheitsrat empfiehlt „Rückmeldefahrten“ für Senior:innen

Der DVR empfiehlt in seiner Broschüre, dass ältere Autofahrer:innen regelmäßige Untersuchungen bei den Haus-, Augen- und Ohrenärzten einhalten sollten. Wer sich im Straßenverkehr unsicher fühle, könne auch an einem speziellen Fahrsicherheitstraining für ältere Menschen teilnehmen, heißt es weiter.

Bei einer Fahrschule könne man zudem eine sogenannte „Rückmeldefahrt“ absolvieren. Dabei handelt es sich um eine Fahrstunde, in der die Fahrlehrer:innen professionelle und kritische Rückmeldung zum eigenen Fahrverhalten geben.

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In dieser 2019 erschienen Broschüre schreibt der DVR, dass es einen TÜV für Menschen hierzulande „zum Glück“ nicht gebe.

„Dennoch gehören auch die Fähigkeiten des Fahrenden regelmäßig auf den Prüfstand“, heißt es weiter. Demnächst gilt das dann auch verpflichtend für Menschen ab 70 Jahren. (mit KNA)

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