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Nabucco: Russen kooperieren mit Iran

Der Bau der Nabucco-Pipeline, mit der die EU Gas am russischen Einflussbereich vorbei nach Europa transportieren will, wird immer unwahrscheinlicher. Russland ist es offenbar gelungen, alle wichtigen Förderländer Zentralasiens so eng an sich zu binden, dass diese kein Gas mehr in die Nabucco-Pipeline einspeisen würden.

Moskau/Berlin - Der Bau der Nabucco- Pipeline, mit der die EU Gas am russischen Einflussbereich vorbei nach Europa transportieren will, wird immer unwahrscheinlicher. Der russischen Regierung und dem Staatskonzern Gasprom ist es offenbar gelungen, alle wichtigen Förderländer Zentralasiens so eng an sich zu binden, dass diese kein Gas mehr in die Nabucco-Pipeline einspeisen würden.

Spätestens 2011 sollte der Bau der 3300 Kilometer langen Leitung vom Kaspischen Meer nach Österreich beginnen und im Jahr 2014 abgeschlossen sein. Nachdem aber vor drei Wochen bereits die Förderländer Kasachstan, Usbekistan und Turkmenistan auf dem EU-Gas-Gipfel in Prag auf Distanz zu dem Projekt gegangen waren, dürfte jetzt auch das wichtigste Land, Iran, endgültig das Interesse an Nabucco verlieren.

Der Grund: Der russische Monopolist Gasprom hat bestätigt, dass er sich maßgeblich am Bau der vergangenen Sonntag beschlossenen Iran-Pakistan-Indien-Gaspipeline beteiligen will. Als am Mittwoch Details der russisch-iranischen Zusammenarbeit bekannt wurden, stieg die Gasprom-Aktie um acht Prozent, weil klar wurde, dass die Russen ihre Dominanz weiter ausbauen: Gasprom wird den Bau und Betrieb der Pipeline finanzieren und soll im Gegenzug dafür freie Gasmengen aus dem iranischen Süd-Pars-Feld nach Indien verkaufen können.

Mit Moskaus Hilfe will Teheran vor allem seine Förderanlagen modernisieren. Die sind wegen des Lieferstopps, den die USA 1981 verhängten, inzwischen so marode, dass Iran derzeit sogar seinen eigenen Gasbedarf mit Importen aus dem benachbarten Turkmenistan decken muss. Sobald die Infrastruktur mithilfe der Russen wiederhergestellt ist, wird Irans Gas nach Osten gen Indien fließen – und nicht gen Westen nach Europa. Die Gasversorgung für die EU übernimmt Russland selbst und plant zu diesem Zweck die South-Stream-Pipeline. Sie soll, anders als Nabucco, Transitländer wie die Türkei und Georgien umgehen und nach Italien führen, weshalb auch Silvio Berlusconi South-Stream unterstützt.

Russlands Vize-Energieminister Anatoli Janowski sagte jetzt, man werde dem iranischen Projekt gleich nach Eingang eines konkreten Angebots aus Teheran formal beitreten. Diesen Schritt erwarten russische Beobachter nach den iranischen Präsidentenwahlen am 12. Juni. Amtsinhaber Mahmud Ahmadinedschad soll auch im Wahlkampf bereits mit diesem Thema werben.

Sonderbar nur: Vor knapp zwei Wochen noch hatte Valeri Jasew, Vize-Präsident der Duma und Chef des russischen Gasverbandes, das EU-Projekt Nabucco als „unseriös“ bezeichnet. Wer sich auf Zulieferungen aus Iran verlasse, mache die Rechnung ohne den Wirt. Denn Iran sei „eines der instabilsten Länder“. Elke Windisch/Kevin P. Hoffmann

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