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Die Zugrouten verlangen den Vögeln mehr ab als der entspannte Segelflug im Sommerquartier.

© imago/Hans Blossey/imago/Hans Blossey

Wildwechsel: Junge und alte Störche fliegen getrennte Wege

Die Reise zwischen den Überwinterungs- und Brutgebieten ist lang. Alte Störche fliegen auf möglichst direkter Route. Jüngere nehmen es damit nicht so genau.

Eine Kolumne von Patrick Eickemeier

Halten sie an, um an Rosen zu schnuppern? Oder sich Hörner abzustoßen? Beides kann sicher ausgeschlossen werden, mangels geeigneten Geruchsempfindens und mangels Hörner. Doch was junge Störche auf den alljährlichen Weltreisen zwischen Brut- und Überwinterungsgebiet anstellen, ist kaum bekannt. Vielleicht trödeln sie einfach ein bisschen?

Erwiesen ist, dass ältere Störche, im gesetzten Alter ab etwa vier Jahren, keine Zeit mit Umherschweifen verlieren. Was sie auf der Reise verpassen, machen die besseren Bedingungen am Zielort wieder wett, zum Beispiel bei der Auswahl von Nist- und Futterplätzen. Und das ist etwas, das junge Störche offenbar erstmal kapieren müssen.

Andrea Flack vom Max-Planck-Institut für Verhaltensbiologie wird in einer Mitteilung dazu so zitiert: „Unsere Studie zeigt, dass die Gewinnung von Informationen und deren Nutzung zur schrittweisen Verfeinerung des Verhaltens eine starke Triebkraft für lebenslange Wanderungen ist.“ Mit den Jahren lernen Störche also bessere Zugvögel zu sein, zumindest was die Reisezeiten angeht.

Das Forschungsteam vom Max-Planck-Institut und der Universität Konstanz hat über sieben Jahre Daten von rund 250 Weißstörchen aus Süddeutschland und Österreich gesammelt, während diese im Herbst gen Afrika und im Frühjahr wieder zurückflogen.

In der Fachzeitschrift „PNAS“ berichten die Forschenden, dass die auf der westlichen Route ziehenden Störche mit zunehmender Erfahrung ihren Kurs schrittweise begradigten, um auf teils anstrengenderen, aber dafür kürzeren Routen schneller zu den sommerlichen Brut- und Nistplätzen zu gelangen.

Für die Aufzucht der Küken nutzen Störche das zumindest saisonal reichere Nahrungsangebot im Norden.
Für die Aufzucht der Küken nutzen Störche das zumindest saisonal reichere Nahrungsangebot im Norden.

© IMAGO/SNA/IMAGO/Alexei Danichev

Individuelle Erfahrungen, die die Tiere auf ihren vorherigen Reisen gesammelt haben, seien dabei entscheidend, sagen die Forschenden. Sie schließen allerdings weitere Faktoren wie Erbanlagen und kulturell vererbte Informationen für die Verhaltensanpassung nicht aus. Frühere Untersuchungen haben auch gezeigt, dass Weißstorch-Individuen sich auf dem Zug auch nach dem Wetter richten. Als Population reagieren die Tiere zudem auf den Klimawandel und die veränderten Muster, wann sie wo die besten Bedingungen zum Brüten, überwintern oder auch für Zwischenstopps vorfinden.

Jungstörche lassen sich dagegen Zeit, schon beim Reisen selbst. „Bei ihrem ersten Zug fliegen junge Vögel Routen, die länger dauern, aber weniger Energie kosten“, sagt Erstautorin Ellen Aikens. Dazu kommt Zeit für die Erkundung neuer Orte. „Die Landschaften, durch die die Tiere wandern, sind komplex und dynamisch“, sagt Flack. Indem die Tiere mit den Jahren lernten, günstige Bedingungen zu nutzen, sparten sie sowohl Zeit als auch Energie. „Wir liefern den bisher stärksten Beweis dafür, dass die Erkundungen in den frühen Lebensjahren die Migration im späteren Leben prägt“, sagt Flack.

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