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Ein Bogenstirn-Hammerhai im Meer vor Costa Rica

© Getty Images/iStockphoto/Velvetfish

Atemlos durch die Tiefe: Wie Hammerhaie in kaltem Wasser jagen

Als Bewohner tropischer Meere sind Hammerhaie an warmes Wasser angepasst. Um in der kälteren Tiefe Beute zu machen, passen sie ihr Verhalten an.

Wie alle Fische müssen Hammerhaie nicht an die Oberfläche schwimmen, um dort zu atmen, sondern holen sich den lebenswichtigen Sauerstoff aus dem Wasser, das durch ihre Kiemen strömt. Weshalb aber bleiben die weit verbreiteten Bogenstirn-Hammerhaie dann nach einer Jagd in einigen hundert Metern Tiefe nicht dort unten, sondern eilen rasch nach oben?

Weil das Wasser in den Tiefen auch tropischer Ozeane mit vier oder fünf Grad Celsius durch die Kiemen strömt. Dadurch würde das Blut der Tiere sehr schnell kalt werden und könnte auch ihre Muskeln unter die nötige Betriebstemperatur abkühlen. Um das zu vermeiden, halten die Hammerhaie den Atem an und stoppen den Wasserfluss durch ihre Kiemen, berichtet ein Team um Mark Royer, Carl Meyer und Kim Holland von der University of Hawai’i in Honolulu in der Zeitschrift „Science“.

Mit Haien auf Jagd

Für ihre Studie hat die Gruppe erwachsene Bogenstirn-Hammerhaie (Sphyrna lewini) mit Geräten ausgerüstet, die Wassertiefe und -temperatur sowie die Bewegungsaktivität und die Temperatur der Muskeln neben der Rückenflosse aufzeichneten. Nach diesen Daten begannen die Tiere ihre Tauchgänge in den oberen 50 Metern der Wassersäule und glitten in einem flachen Winkel angetrieben von etwa vier Schlägen der Schwanzflosse in zehn Sekunden gemächlich tiefer.

In rund 110 Metern verdoppelten die Hammerhaie dann ihre Beschleunigung und begannen, in einem sehr steilen Winkel von 70 bis 80 Grad rasch nach unten zu schwimmen. Ab Tiefen von 300 bis 500 Metern meldeten die Geräte dann heftige Aktivitäten der Tiere, die fünf bis 20 Sekunden dauerten und in denen sie ihre Beschleunigung noch einmal verzehnfachten. Je weiter die Hammerhaie nach unten tauchten, umso häufiger traten diese Aktivitätsphasen auf, in denen die Tiere vermutlich Beute jagten.

Solche raschen Bewegungen mit eingelagerten heftigen Tempo-Vorstößen waren auch typisch für die im Durchschnitt gut vier Minuten in der größten Tiefe. Die Tauchgänge führten zum Teil in mehr als 800 Meter Tiefe und damit in Regionen mit nur etwa fünf Grad Celsius.

Aufatmen in 300 Meter Tiefe

Trotzdem fiel die Temperatur in den Muskeln kaum unter die anfangs gemessenen 25 bis 26 Grad. Während der Tauchgänge dürfte kaum vom kalten Wasser abgekühltes Blut durch die Muskeln geflossen sein, vermutet die Gruppe aus Hawaii. Beweise für die Theorie, dass die Tiere dort unten ihre Kiemen verschlossen halten, hat die Gruppe zwar nicht, verweist aber auf die Aufnahmen eines Tauch-Roboters. Sie zeigen ausgewachsene Bogenstirn-Hammerhaie in einer Tiefe von über 1000 Metern vor der Küste Tansanias, deren Kiemen verschlossen waren.

Die Hammerhaie verfolgen damit eine von zwei Strategien, um Wärmeverluste im kalten Wasser möglichst gering zu halten. „Die andere Möglichkeit zeigen die Walhaie, die einen großen Körper haben, der ohnehin im Verhältnis zu kleineren Tieren vergleichsweise wenig Energie verliert“, erläutern Mark Meekan von der University of Western Australia und Adrian Gleiss von der Murdoch University im gleichen Bundesstaat Australiens ebenfalls in „Science“.

Hammerhaie jagen auch im flachen Wasser, können dazu aber auch tief tauchen.

© Mark Royer

Walhaie (Rhincodon typus) können mehr als zehn Meter lang werden und über zehn Tonnen wiegen. Sie gleiten meist langsam durchs Wasser und sieben mit offenem Maul kleine Organismen heraus. Bogenstirn-Hammerhaie sind die zweitgrößte Art der Hammerhaie und erreichen Längen von vier Metern und ein Gewicht von 150 Kilogramm. Sie jagen mit raschen Bewegungen deutlich größere Beute.

„Für diese Aktivitäten brauchen sie viel Sauerstoff und könnten vielleicht größere Mengen davon in ihrem Gewebe speichern“, vermuten Meekan und Gleiss. Solche Sauerstoff-Depots im Körper legen auch Meeressäugetiere wie Pottwale oder See-Elefanten an, die in der Tiefe ebenfalls aktiv Beute jagen und dabei die Luft anhalten müssen. Gehen diese Vorräte zur Neige, tauchen Meeressäuger und Hammerhaie wieder auf. Dabei schwimmen die Haie steil nach oben und beschleunigen dabei mit mehr als einem Schlag der Schwanzflosse in der Minute, berichtet das Team aus Hawaii.

In rund 300 Metern Tiefe aber verlangsamen die Hammerhaie ihren Aufstieg zu einem gemächlichen Tempo – und öffnen offensichtlich ihre Kiemen wieder. Erst dann, lange nach der tiefsten Stelle, registrieren die Geräte, dass die Temperatur der Muskeln um insgesamt knapp drei Grad Celsius absinkt. Das ist aber kein Problem, weil diese Hammerhaie in Weltgegenden mit warmem Oberflächenwasser von 25 oder 26 Grad leben. In Tiefen von weniger als 50 Metern wärmen die Haie sich dann rund eine Dreiviertelstunde lang auf, bevor sie ihren nächsten Jagdausflug in die kalte Tiefe beginnen.

Mögliche Gewinner des Klimawandels

„Dieses Atemhalten bei ihrer Jagd in der Tiefe könnte den Hammerhaien auch helfen, mit den Wasserschichten in 200 bis 1000 Meter Tiefe zurechtzukommen, von denen einige nur wenig Sauerstoff enthalten“, vermuten Meekan und Gleiss. Solche Zonen weiten sich deutlich aus, wenn der Klimawandel das Wasser aufwärmt. Damit kommen viele größere Fische kaum zurecht, die beim schnellen Schwimmen viel Sauerstoff benötigen.

„Tatsächlich wurden Hammerhaie bereits in sehr Sauerstoff-armen Zonen im Golf von Kalifornien beobachtet“, wissen die beiden Forscher. Vielleicht könnten die Haie mit dem stark verbreiterten und oft auch flachen Kopf daher zu den wenigen Gewinnern des Klimawandels gehören.

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