zum Hauptinhalt
Eulen könnten jetzt ausgeruhter aufwachen.

© Kinga Howard

„Der Erbonkel“: Warum Eulen das Ende der Sommerzeit feiern

Frühes Aufstehen ist nicht beliebt - jedenfalls bei einem großen Teil der Menschheit. Und dieser atmet auf, wenn die Sommerzeit endet. Das hat auch mit den Genen zu tun, die „Eulen“ und „Lerchen“ formen.

Eine Kolumne von Sascha Karberg

Es ist einer jener grauen, ungemütlichen Wintertage in Berlin. Die Pflichtvorlesung soll um 8 Uhr beginnen, sehr früh für studentische Gewohnheiten, insbesondere wenn die Uni eine knappe Stunde entfernt am anderen Ende der Stadt liegt.

Als der Erbonkel an jenem Morgen aus einem unruhigen Schlaf aufschreckt, ist er sich sofort bewusst: Verschlafen! Der hektische Blick auf den antiquarisch wertvollen, aber notorisch unzuverlässigen Wecker bestätigt den Verdacht: Schon zehn nach!

Er fährt in die Hose, wirft seinen Kram in die Tasche, hastet ohne Frühstück zum U-Bahnhof und die Treppen hinunter ... zum erstaunlich leeren Bahnsteig, ungewöhnlich leer für diese Zeit. Der Erbonkel ist verwirrt, schaut sich um und tatsächlich, die Bahnhofsuhr zeigt es: Es ist nicht kurz vor halb acht, sondern erst kurz vor halb sieben.

Fast eine Stunde zu früh war der Erbonkel – eher für eine leichte Tendenz zum Zuspätkommen bekannt – seitdem nie wieder. Aber die Anekdote aus Studienzeiten zeigt, dass frühes Aufstehen mitunter überfordert. Tatsächlich gibt es Menschen, deren „innere Uhr“ so getaktet ist, dass sie bis in die späte Nacht aktiv sind und morgens länger schlafen sollten, der „Eulen“-Typ, als die geborenen Frühaufsteher, die dafür früher am Abend müde werden, die „Lerchen“.

Zwar können Menschen ihren Tag-Nacht-Rhythmus je nach den erforderlichen „Umweltbedingungen“, etwa Schul-, Uni- oder Job-Beginn, verschieben und sich auch ein Stück weit daran gewöhnen. Etwa wachen sie dann bereits auf, kurz bevor der Wecker klingelt. Doch wer langfristig gegen seinen Chronotyp arbeitet – zu Zeiten isst, an denen Darm und Leber (noch) nicht darauf vorbereitet sind, oder das Hirn strapaziert, wenn es noch halb im Schlafmodus steckt – schadet langfristig seiner Gesundheit.

Wenn jetzt, am letzten Oktoberwochenende, die Sommerzeit endet, atmen vor allem die „Eulen“ auf. Ihrer inneren Uhr kommt das spätere Aufstehen und spätere Zubettgehen entgegen. Tatsächlich beeinflussen wohl diverse Gene den „Chronotyp“: über 350, einer Studie zufolge, bei der das Erbgut von fast 700.000 Menschen untersucht wurde, die sich selbst als „Eulen“ oder „Lerchen“ bezeichneten und teilweise per Zeiterfassung einem der Chronotypen zugeordnet wurden.

Jene fünf Prozent, die eine Kombination von überwiegend Genvarianten des „Lerchen“-Typs trugen, wachten im Schnitt 25 Minuten früher auf als jene fünf Prozent, die überwiegend „Eulen“-Genvarianten geerbt hatten.

Der Verweis auf die eigene genetisch bedingte Taktung als Entschuldigung für morgendliches Zuspätkommen funktioniert allerdings bisher nur sehr eingeschränkt, haben regelmäßige Selbstversuche des Erbonkels ergeben. Aber vielleicht trägt ja diese Kolumne für mehr Verständnis für uns Eulen bei.

Was wir zum Leben mitbekommen und was wir weitergeben – jedes Wochenende Geschichten rund um Gene und mehr in der „Erbonkel“-Kolumne.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false