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Direktor des Instituts für Virologie an der Charité in Berlin: Christian Drosten.

© Christophe Gateau/dpa/dpa

Update

Drosten äußert sich zur Quarantänezeit: „Habe keine Verkürzung auf fünf Tage vorgeschlagen“

Isolierung, Quarantäne oder Abklingzeit: Virologe Christian Drosten sieht seine Aussagen missverstanden – löst aber eine breite Debatte aus.

Äußerungen des Chefvirologen der Berliner Charitè, Christian Drosten, zur Quarantänezeit bei Coronavirus-Verdachtsfällen haben Verwirrung ausgelöst und die Debatte über eine Verringerung der Dauer befeuert. Drosten stellte nun am Freitag klar, dass er nicht vorgeschlagen habe, die Zeit von 14 auf fünf Tage zu verkürzen. „Isolierung und Quarantäne geraten durcheinander“, schrieb er auf Twitter. Sein Vorschlag sei eine Reduktion der Isolierungszeit bei sogenannten Clustern von Infizierten auf zum Beispiel fünf Tage.

In Quarantäne müssen sich Menschen begeben, wenn sie Kontakt zu Infizierten hatten. Eine Isolierung gilt für Infizierte. Die Isolationszeit beträgt derzeit zehn Tage, die Quarantäne 14 Tage.

Drosten hatte sich Anfang August in einem Beitrag für die Wochenzeitung „Die Zeit“ mit der Bedeutung von Clustern befasst, also Häufungen von Coronavirus-Infektionen. Dabei schrieb er unter anderem: „Schaut man sich neuere Daten zur Ausscheidung des Virus an, reicht eine Isolierung der Clustermitglieder von fünf Tagen.“ Er würde diese „Mischung aus Quarantäne und Isolierung 'Abklingzeit' nennen, um die Begrifflichkeiten nicht zu verwässern“. Am Ende dieser fünf Tage könnten die Mitglieder des Clusters getestet werden.

Auch in seinem NDR-Podcast am Dienstag hatte Drosten Bezug auf den Artikel genommen. Bei Twitter schrieb er nun: „Dort und im Podcast weise ich darauf hin, dass es um einen Notfallmodus geht, nicht um eine Änderung der jetzigen Strategie.“

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Im Podcast hatte er dem Skript zufolge von fünf Tagen „Quarantäne“ gesprochen, was von vielen als eine Forderung nach einer Reduzierung der Quarantäne auch von Kontaktpersonen verstanden wurde: „Und hier kommen wir zu einer interessanten Kompromissüberlegung. Wenn wir jetzt doch wissen, es ist schmerzhaft für einen Arbeitgeber, für den Landrat, (...) für einen Lokalpolitiker, dass dieses Quellcluster unter Quarantäne gesetzt wird. Da wird versucht, mit dem Amtsarzt zu verhandeln. Da ist es doch gut, wenn der Amtsarzt jetzt etwas entgegnen kann, was neu ist und was einen Ausweg bietet, nämlich wenn der Amtsarzt sagen kann: „Lieber Herr Landrat, wir machen aber nur fünf Tage. Wir machen nicht 14 Tage, nur fünf Tage. Wir machen eine kurze Quarantäne. Und in diesen fünf Tagen ist außerdem auch das Wochenende drin. Das heißt, eigentlich sind es nur drei verlorene Arbeitstage.“

Daraufhin wird Drosten von seiner Interviewerin gefragt: „Das heißt, die Belastung für alle, für jeden Einzelnen und auch die wirtschaftliche Belastung wäre geringer. Trotzdem, von 14 Tagen auf fünf Tage runterschrauben, reicht das aus, um weitere Ansteckungen weitestgehend zu verhindern?“

Drosten antwortet: „Also in diesem Vorschlag, den ich da mache mit fünf Tagen, gehe ich bis an die Schmerzgrenze der Epidemiologie. Das ist schon, sagen wir mal, eine steile These, dass man sagt, nach fünf Tagen ist eigentlich die Infektiosität vorbei.“

In einer Mail an die Deutsche Presse-Agentur ging er dann am Freitag erneut auf dem von ihm vorgeschlagenen „Notfallmodus“ für den Fall ein, „wenn die Gesundheitsämter die Fallverfolgung nicht mehr leisten können, die Inzidenz steigt, und deshalb ein Lockdown unausweichlich erscheint“.

Die Gesundheitsämter sollen sich dann Drosten zufolge auf sogenannte Quellcluster konzentrieren, also auf Gruppen, in denen sich ein Infizierter angesteckt haben könnte. „Ich führe den Begriff „Abklingzeit“ ein, weil in dieser Notfallsituation ein Quellcluster weitgehend unbestätigt isoliert wird und man einfach annimmt, dass die meisten Mitglieder infiziert sind“, schreibt Drosten. „Ich empfehle hier das Vorgehen wie bei der Einzelisolation: Fünf Tage Isolierung, danach Testung.“ Er empfehle die kurze Zeit von fünf Tagen, weil in Quellclustern die meisten Infizierten zu einem einzigen Zeitpunkt infiziert worden seien.

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Auch unter Berufung auf die Äußerungen Drostens war eine Debatte über eine verkürzte Quarantänezeit aufgekommen. Gesundheitspolitiker aus mehreren Fraktionen hatten sich dafür ausgesprochen. So sagte der SPD-Abgeordnete Karl Lauterbach der „Welt“: „Ich halte es für sehr sinnvoll, die Quarantänezeit auf fünf Tage zu begrenzen.“ Zur Begründung sagte der Epidemiologe: „Wir wissen, dass die allermeisten Menschen fünf Tage nach Beginn der Symptome nicht mehr ansteckend sind, auch wenn der PCR-Test noch ein positives Ergebnis ausweist.“

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Die gesundheitspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Christine Aschenberg-Dugnus, sprach sich ebenfalls für eine lediglich fünftägige Quarantäne aus. Damit erhöhe man die Akzeptanz in der Bevölkerung und entziehe „zugleich den Verschwörungstheoretikern und Corona-Leugnern den Boden“, sagte sie dem Blatt.

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Die Grünen-Gesundheitspolitikerin Kordula Schulz-Asche sagte: „Für die breite Masse der Bevölkerung kann es sinnvoll sein, bei Verdacht auf einen Kontakt mit einer infizierten Person zunächst in eine verkürzte Quarantäne zu gehen und diese mit einem negativen Test abzuschließen.“ Der gesundheitspolitische Sprecher der AfD-Fraktion, Detlev Spangenberg, sah durch Drostens Aussage die Meinung der AfD bestätigt, „dass die bisherigen Maßnahmen überhastet und nicht ausgewogen angesetzt wurden“.

Die gesundheitspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Karin Maag, verwies auf eine Prüfung zu dem Thema: Bund und Länder hätten das Bundesgesundheitsministerium und das RKI damit beauftragt, „die vorhandene Studienlage zur Quarantäne auszuwerten – und dann im Austausch mit den europäischen Partnern einen Bericht vorzulegen“. Auf dieser Basis werde dann entschieden, ob eine verkürzte Quarantäne angeraten werden könne.

Bei einer Frau wird ein sogenannter PCR-Test gemacht.
Bei einer Frau wird ein sogenannter PCR-Test gemacht.

© imago images/imagebroker

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) zeigte sich offen dafür, die Quarantänezeit zu verkürzen. „Es würde das ganze System erleichtern“, sagte er am Freitag in Düsseldorf. Menschen weniger als 14 Tage Quarantäne zuzumuten, erhöhe die Akzeptanz für die Maßnahme.

Allerdings müsse ein solcher Schritt wissenschaftlich abgesichert sein. „Es ist immer klug, bei all diesen Vorschlägen auf den Rat der Experten zu hören“, sagte Laschet. „Und wenn es am Ende Konsens aller Virologen sein sollte, dass in der Tat sieben oder acht Tage ausreichen für eine Quarantäne, dann wird sich die Politik dem nicht verschließen.“

Auch der bayerische Ministerpräsident Markus Söder ist der Ansicht, dass die Frage nach der Quarantänedauer von der Wissenschaft beantwortet werden müsse. „Entscheidend sind gesicherte medizinische Erkenntnisse“, sagte der CSU-Chef am Freitag der Deutschen Presse-Agentur in München.

Die bayerische Staatsregierung führe intensive Gespräche mit Virologen in Bayern. „Damit wollen wir uns langfristig auf die Gefährdungslage im Herbst vorbereiten und die Teststrategie flexibel weiter entwickeln.“ Er sei grundsätzlich dafür, den Kurs größtmöglicher Vorsicht beizubehalten. „Wir wägen immer ab, sagen aber klar: in Bayern gilt Safety first.“

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Der Sprecher von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Steffen Seibert, verwies allerdings darauf, dass für die Regierung derzeit die Empfehlungen des Robert Koch-Instituts (RKI) für eine Quarantäne von 14 Tagen gelten. Wenn es wegen neuer Erkenntnisse neue Empfehlungen gebe, würden diese auch vom RKI ausgehen. Seibert machte zugleich deutlich, dass die wissenschaftliche Diskussion darüber wahrgenommen und verfolgt werde. In der Pandemie gehe es für Gesellschaft und Politik um ein ständiges Lernen und ständig neues Abwägen.

Die 14-tägige Quarantäne ist derzeit in Deutschland auch für Reisende aus Risikogebieten Pflicht. In den EU-Staaten soll diese Zeit nach Angaben von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) nun verkürzt werden. Die EU-Gesundheitsminister hätten sich auf einen Zeitraum von mindestens zehn Tagen verständigt, sagt Spahn nach einer Konferenz der Ressortchefs. Er könne sich gut vorstellen, dass die zehn Tage auch für Deutschland gelten können. Geprüft werde, diese bei einem negativen Test auch auf fünf Tage zu reduzieren.

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