Heute vor 114 Jahren: Die Fossilien von Familie Walcott
Bei einem Ausflug machte Charles Walcott im Fels eine Entdeckung, die Einblicke in längst vergangene Zeiten ermöglichte. Und auch der Mensch verewigt sich mit aggressiven Mitteln im Gestein.
Der US-Amerikaner Charles Walcott legte eine beachtliche Karriere hin. Er verdankte sie keiner formalen Qualifikation (die er nicht hatte), sondern einem Hobby, das er schon als Kind ausübte: Er sammelte Fossilien. Dank seiner dabei erworbenen Kenntnisse brachte es Walcott zum Museumsmitarbeiter, wechselte an die neu gegründete Behörde „Geological Survey“ und stieg schließlich zum Direktor des Smithsonian auf, einer bedeutenden Forschungs- und Bildungseinrichtung.
Da er nur noch im Sommer Zeit zum Fossiliensammeln fand, bezog er seine ganze Familie mit ein, wie auf der Internetseite des Smithsonian zu lesen ist. Sie war wohl dabei, als er im kanadischen Teil der Rocky Mountains eine bahnbrechende Entdeckung machte, die allerdings ihm allein zugeschrieben wird.
Die Kambrische Explosion
An den Hängen des Mount Burgess stieß Familie Walcott am 30. August 1909, heute vor 114 Jahren, auf eine Reihe auffälliger, dunkler Felsformationen, was sie veranlasste, in dem Gebiet zu graben. Ihr Instinkt täuschte sie nicht.
Sie entdeckten eine wahre Schatzkammer fossiler Meereslebewesen aus dem Kambrium, einem Zeitalter der Erdgeschichte, das vor etwa 540 Millionen Jahren begann und zwischen sechzig und siebzig Millionen Jahre dauerte. Zu den Funden gehörten die fünfäugige Opabinia, oder Marrella: ein winziges Tier mit Kopfschild, Rumpf- und Endabschnitt, Antennen, Dornen und Borsten.
Die Fossilien der Familie Walcott krempelten das damalige Wissen um. Es galt, dass die Lebewesen des Kambriums einfach und primitiv gewesen seien. Doch der Burgess-Schiefer enthüllte eine Vielfalt komplexer Organismen, einige mit komplizierten Körperstrukturen und bizarren Anhängseln. Die Funde zeigten: Im Kambrium war es zu einer explosionsartigen Zunahme der Lebensformen gekommen – Fachleute sprechen von der Kambrischen Explosion.
Diese hat auf den ersten Blick nichts mit der Explosion einer Atombombe gemeinsam. Doch genauso wie die von Walcott entdeckten Fossilien auf das Kambrium verweisen, so hinterlässt auch der Mensch Spuren für die Nachwelt. Radioaktive Niederschläge von Atombombentests, die die USA, die Sowjetunion, England, Frankreich und China in der Mitte des 20. Jahrhunderts durchführten, können auch in tausenden von Jahren noch nachgewiesen werden.
Das Brennmaterial, etwa Plutonium-239 oder Plutonium-240, kommt nicht natürlich in der Natur vor und verweist daher auf die Einwirkung durch den Menschen. Diese Elemente gelten daher für die Geologen und Geologinnen der Anthropocene Working Group als Geomarker des menschengemachten Zeitalters. Ob das Anthropozän aber offiziell ausgerufen wird, muss die International Union of Geological Sciences erst noch entscheiden.
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