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Topsys Tötung wurde als Spektakel für Hunderte Zuschauende und ein Filmteam inszeniert.

© mauritius images / Alpha Stock / Alamy / Alamy Stock Photos

Tagesrückspiegel – Heute vor 120 Jahren: Exekution eines Elefanten

Ein kurzes Leben als exotische Attraktion: Die Geschichte eines Elefanten in den USA und sein unrühmliches Ende zeugen von Grausamkeit und falschem Umgang mit dem Tier.

Eine Kolumne von Patrick Eickemeier

Es sind verstörende Bilder, die die Edison Manufacturing Company 1903 in New York aufzeichnete. Sie zeigen die Tötung eines Asiatischen Elefanten, der unter dem Namen „Topsy“ in Vergnügungsparks in den USA zur Schau gestellt worden war. Topsy hatte einen Menschen getötet, weitere verletzt, und am 4. Januar des Jahres wurde eine Show aus seiner Tötung gemacht.

Auch heute werden bisweilen Elefanten in menschlicher Obhut getötet. „Die tierärztliche Sorgfaltspflicht schreibt das fachgerechte Töten von nicht mehr zu behandelnden Patienten vor, die erhebliche Schmerzen haben“, sagte Thomas Hildebrandt vom Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung dem Tagesspiegel. 

Erkrankte Elefanten erhalten zunächst eine Vollnarkose. Über einen Venenzugang wird dann ein für die Tiermedizin entwickeltes Euthanasiepräparat gegeben – in auf die Körpermasse abgestimmter Dosis. „Dieses Medikament führt zu einer irreversiblen Reizleitungsstörung am Herzen und dann zum kardialen Stillstand“, erklärt der Tierarzt. Das Vorgehen sei standardisiert und werde heute wenn nötig in allen Elefanten-haltenden Zoos umgesetzt.

Nicht so zu Topsys Zeit. Wie häufig bei Geschichten, in denen Tiere auf Menschen treffen, geht es auch in ihrer um Geschäftemacherei. Unverständnis, Trunksucht und Grausamkeiten kamen hinzu – und Betrug.

Aus einem Wildtier wird ein „böser“ Elefant

Das Tier wurde wahrscheinlich recht kurz nach seiner Geburt um das Jahr 1875 in Südostasien gefangen und in die USA geschmuggelt. Der Käufer stellte das Kalb als „ersten in den USA geborenen Elefanten“ zur Schau. Topsy wuchs im Zirkusbetrieb auf und galt bald als „böser“ Elefant.

Im Jahr 1902 ereignete sich der Vorfall, bei dem ein Mensch ums Leben kam. Details sind nicht überliefert oder weichen in unterschiedlichen Darstellungen voneinander ab. Übereinstimmend wird berichtet, dass James Fielding Blount am 27. Mai in den Zirkus eindrang und dort auf angekettete Elefanten traf. Er soll Topsy mit Sand beworfen und mit einer brennenden Zigarre traktiert haben. Der Elefant griff den Mann mit dem Rüssel, drückte ihn zu Boden und tötete ihn mit seinem Gewicht.

Im Juni wurde Topsy an den Seelöwenpark auf Coney Island verkauft und ihr Pfleger wechselte mit ihr vom Zirkus zum Vergnügungspark. Bei einer Vorführung soll er – möglicherweise betrunken – das Tier schwer misshandelt haben und wurde später dazu von der Polizei vernommen. Im Dezember des Jahres griff er mit dem Tier die örtliche Polizeistation an und wurde daraufhin als Pfleger entlassen.

Ein grausames Spektakel

Die Parkbesitzer kündigten an, das Tier, das sie nun nicht mehr kontrollieren könnten, mit Stromschlägen töten zu wollen. Nach dem Protest von Tierschützern sahen sie davon ab, bei der Hinrichtung Eintritt zu nehmen, aber es kamen dennoch Hunderte Zuschauende zusammen.

Topsy weigerte sich, über eine Brücke zur aufgebauten Tötungsapparatur zu laufen. Also brachte man sie zu ihr. Über Kupferplatten, die an den vorderen rechten und hinteren linken Fuß geschnallt wurden, wurden 6600 Volt Spannung angelegt. Die Filmaufnahmen der Tötung zeigen, wie das Tier krampft, seine Haut an den Füßen verbrennt und es dann auf seine rechte Seite sinkt.

Zuvor waren ihm mit Zyanid versetzte Karotten gefüttert worden und anschließend wurde ihm mit einer Schlinge um den Hals die Luft abgeschnitten. Es sind grausame und ungeeignete Methoden, um ein großes Tier zu Tode zu bringen, und es ist unklar, wie lange es dauerte.

Gift und Strom wirkten zu wenig und zu langsam

Die vergifteten Karotten haben bei dem Tier wahrscheinlich keine Wirkung gehabt. Einige Tierarten haben Anpassungsmechanismen für den Umgang mit in Pflanzen vorhandenen Giftstoffen entwickelt. „Dies ist besonders beim Großen Pandabären erforscht, der rohe Bambussprossen mit extrem hohem Zyanidgehalt problemlos konsumieren kann“, sagt Hildebrandt. 

Von Elefanten ist bekannt, dass sie Weihnachtsbäume in großen Mengen verspeisen können, ohne Vergiftungserscheinungen zu zeigen. Sie verfügen über sehr ausgeprägte Speicheldrüsen, die „mit Sicherheit alle möglichen pflanzlichen Giftstoffe dekontaminieren können“, so der Tierarzt. Die Verfütterung von zyanidhaltigen Karotten sei kein geeignetes Euthanasieverfahren für Elefanten.

Auch der elektrische Strom dürfte seine Wirkung verfehlt haben. Es kam wahrscheinlich zu den schweren Verbrennungen, bevor das Herz des Tieres stehen blieb. „Ein Elefantenherz schlägt zwischen 20- und 40-mal pro Minute, sodass es relativ resistent gegen die Reizleitungsstörung durch Wechselstrom ist“, sagt Hildebrandt. Der Tötungsprozess habe wahrscheinlich sehr lange gedauert.

Damals wurde bekanntgegeben, dass Topsys Tod zwei Minuten nach Anlegen der Stromspannung festgestellt wurde.

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