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Apple-Gründer Steve Jobs gilt als Erfinder des iPhones.

© imago/ZUMA Press/imago stock&people

Heute vor 16 Jahren: Das erste iPhone und die Sucht danach

Am 29. Juni 2007 wurde das iPhone in den US-Handel eingeführt. Heute wischen und tippen sich Menschen 1000 bis 1800 Stunden im Jahr durchs Leben. Warum es Zeit für mehr Selbstkontrolle ist.

Eine Kolumne von Miray Caliskan

Als Apple-Gründer Steve Jobs sein „revolutionäres und magisches Produkt“ vorstellte, ahnte wohl nur er, wie revolutionär es wirklich war: das iPhone. Am 29. Juni 2007, heute vor 16 Jahren, startete der Verkauf der ersten Generation in den USA. Nur 74 Tage nach der Einführung verkaufte Apple sein millionstes Exemplar – das zweite moderne Smartphone nach dem schicken „LG KE850 Prada“, das jemals in den Handel kam.

Es war viel kleiner als die Smartphones von heute, und erinnert vielleicht genau deshalb ein bisschen an ein Spielzeughandy. Doch es war revolutionär, weil es sich mit sanftem Fingerdruck bedienen ließ. Kalender, Kamera, Uhr, Kontakte, iPod, Karte, Nachrichten, Notizen, Telefon, Fotos, Safari, Aktien, Sprachnotiz, Wetter und Einstellungen: Über insgesamt 15 Apps verfügte das 450 Euro teure Smartphone mit dem hauseigenen Betriebssystem.

In Europa war das erste iPhone ab dem 9. November 2007 erhältlich.
In Europa war das erste iPhone ab dem 9. November 2007 erhältlich.

© imago/ZUMA Press/imago stock&people

Noch konnte man mit dem iPhone keine Videos aufnehmen oder Bilder per MMS (wer erinnert sich?) schicken, dafür aber Musik hören und im Internet surfen. Nur wenige Jahre später stellte Apple „Facetime“ und den App-Store vor – und mit Whatsapp, das im Jahr 2009 erschien, wurde die Art und Weise, wie Smartphone-Besitzende untereinander kommunizieren, endgültig grundlegend geändert.

Von der Magie, von der Jobs damals sprach, ist heute kaum etwas übrig. Jeder, der sich’s leisten kann, besitzt ein Smartphone. Genauer gesagt, besitzt das Smartphone den Menschen. Ein Blick in die S-Bahn reicht aus, um zu verstehen, was gemeint ist: Die smarten Geräte sind fast schon zum Körperteil geworden. Mit schiefer Kopfhaltung schielen unsere Mitmenschen und wir selbst auf unsere Displays, die Finger permanent auf der Oberfläche, zum Tippen oder Streichen.

Die Statistik zeigt: Drei bis fünf Stunden pro Tag glotzt ein durchschnittlicher Mensch auf sein Smartphone. Das sind etwa 1000 bis 1800 Stunden im Jahr. Gesund ist das nicht. Die „Smartphone-Sucht“, von der sehr viele Menschen wissentlich oder nicht wissentlich betroffen sind, ist im internationalen Diagnosehandbuch psychischer Erkrankungen (ICD-11) noch keine anerkannte Diagnose. Der Grund: Man ist nicht vom Gerät selbst abhängig, sondern von den Inhalten, die es bietet: Social Media, Nachrichten, Videospiele, Chats.

Der Neurowissenschaftler Lutz Jäncke sprach davon, dass Menschen durch stundenlanges, eigentlich grundloses Surfen zu Sklaven der Reize geworden sind. Grund für das Nutzungsverhalten sei eine verloren gegangene Selbstdisziplin. Anders gesagt ist es ein freiwilliger Kontrollverlust, weil die Zeit am Smartphone so vielen Menschen augenscheinlich so viel Spaß macht.

Jäncke rät eindringlich dazu, sich selbst beizubringen, sich zu beschränken, die Selbstkontrolle zurückzugewinnen und zu wahren. Denn sonst verpasst man das Leben jenseits des Touchscreens – oder die eigene Haltestelle.

Lesen Sie alle bisher erschienenen Folgen der „Tagesrückspiegel“-Kolumne hier.

Hinweis: In der vorherigen Version des Artikels stand 2019 als Erscheinungsjahr von Whatsapp. Der Messenger-Dienst wurde 2009 im App-Store angeboten.

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