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Ihn überschreiten ist nicht schwer, ihn überschritten haben dagegen sehr. Brücke über den Rubikon in  Savignano sul Rubicone.

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Tagesrückspiegel – Heute vor 2071 Jahren: Als Cäsar rübermachte

Ob man den Rubikon überschreiten will, sollte man sich gut überlegen. Doch dafür muss man erstmal wissen, wo er überhaupt fließt, dieser geschichtsträchtige Fluss.

Eine Kolumne von Richard Friebe

Am 10. Januar soll es gewesen sein. Obwohl das niemand sicher sagen kann, weder heute noch in Zukunft. Es ist ja auch schon ziemlich lange her. 2071 Jahre, wenn wir richtig gerechnet haben (aber das ist nicht so sicher, siehe Anmerkung unten).

An jenem Tag im Winter des Jahres 49 vor Christus soll Gaius Julius Cäsar mit der ihm treu ergebenen Legio XIII Gemina in Norditalien den Rubikon überschritten haben. Das war gegen das Gesetz. Er hätte zwar durchaus aus der Provinz Gallia Cisalpina in das italienische Kernland des römischen Reiches einreisen dürfen, dessen Grenze jenes Flüsschen hier im Nordosten der Halbinsel bildete, aber eben ohne bewaffnete Begleitung.

Erst der Rubikon, dann...

Er tat es doch. Auf Griechisch rief er „Der Würfel ist gefallen“ oder etwas in der Art – und Pompeius, wie alle gebildeten Römer dieser Sprache auch mächtig, flüchtete seinerseits dann gleich nach Griechenland, um von dort aus den Widerstand zu organisieren. Und schon war man mitten im Bürgerkrieg. Cäsar war letztlich sehr erfolgreich und wurde zum Alleinherrscher. Doch schon fünf Jahre nach dem Rubikon ging er über den anderen sprichwörtlichen Fluss. 23 mal sollen die Verschwörer um Brutus, Servilius Casca und Cassius Longinus im Senat zugestochen haben.

Darstellung Julius Cäsars kurz bevor er den Rubikon 49 v. Chr. überquert (19. Jh., Bartolomeo Pinelli.).

© mauritius images / Classic Image / Alamy / Alamy Stock Photos / All mauritius images

Cäsar war Mitte 50, als er starb. Unsterblich ist sein Name trotzdem bis heute geblieben. Was man von dem des Flüsschens, dessen Überschreitung so wichtig für die römische und letztlich die Weltgeschichte war, nicht behaupten kann. Der Rubikon führte schon damals wahrscheinlich nicht viel mehr Wasser als die Panke (egal ob man die in Berlin oder die in der Prignitz meint).

Versickert in der Geschichte

Und während sein Überschreiten zu einem geflügelten Wort für eine riskante, nicht wieder rückgängig zu machende Aktion wurde, war ihn irgendwann dann doch so viel Wasser hinuntergeflossen, dass niemand mehr wusste, um welches norditalienische Flüsschen es sich überhaupt handelte.

Plastik am heutigen Rubikon. Mit Kopf und Würfel, der gefallen ist.

© mauritius images / Marco Perger / Alamy / Alamy Stock Photos / All mauritius images

Der Fluss, der heute „Rubicone“ heißt, verdankt dies einem Dekret des faschistischen Diktators Benito Mussolini, der in der Nähe eine Strandvilla hatte, von 1933. Diese Art der Umbenennung des Fiumicino – so hieß er bis dahin – kann das Vertrauen in die Richtigkeit dieser Zuweisung nicht unbedingt steigern. Doch es spricht inzwischen tatsächlich einiges dafür. 1991 brachten drei italienische Historiker wirklich aussagekräftige historische Zeugnisse und die geografischen Gegebenheiten so zusammen, dass die Chancen der paar anderen norditalienischen Flüsschen und ihrer Anwohner nun wirklich zu einem Rinnsal verkümmerten.

Wer heute den Rubicon überqueren will, kann das an vielen Stellen trockenen Fußes meist schon in Gummistiefeln tun. Oder man nimmt die hübsche Steinbrücke in Savignano sul Rubicone. Ob man es wirklich tut, sollte man sich aber gut überlegen.

Anmerkung der Redaktion: Dass es 2070 und nicht etwa, wie eine simple Addition ergeben würde, 2072 Jahre seien, darauf hat uns Tagesspiegel-Leser Klaus Krause aus Berlin aufmerksam gemacht. „Das kann man sich an den Fingern abzählen“, schrieb er. Haben wir gemacht. Hat ein bisschen gedauert und ein paar Anläufe gebraucht. Aber, wenn wir zumindest diesmal richtig gerechnet haben, dann hat weder Herr Krause Recht noch wir mit unseren ursprünglich 2072. Sondern es wären 2071 . Grund wäre, dass es kein Jahr Null gab. Wir hoffen es stimmt nun, aber wer weiß...

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