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Für Fotos näherte sich Goodall den Tieren stärker an als üblich, fand es in einigen Situationen aber auch schwierig, passiv zu bleiben.

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Heute vor 63 Jahren: Dr. Jane und die Schimpansen

Die männlich geprägte Fachwelt wollte ihre Ergebnisse nicht anerkennen. Doch sie kam an dem, was Jane Goodall über Schimpansen herausfand, sehr bald nicht mehr vorbei.

Eine Kolumne von Patrick Eickemeier

Wenn Jane Goodall an ein Rednerpult tritt, die jetzt 89-Jährige ist weiterhin gefragt, beginnt sie ihre Vorträge bisweilen mit dem in Lautstärke und Intensität zunehmenden Ruf, mit dem sich Schimpansen in der Natur weithin Gehör verschaffen: Uh-hu-huh-huh, bis das Mikrofon übersteuert. Manche Zuhörende wissen, dass sie aufgefordert sind zu antworten, so wie Schimpansen auf ihre Artgenossen.

Dass Menschen überall auf der Welt diese Verhaltensweise der Tiere kennen, sich für sie interessieren, ist vor allem Goodalls Verdienst. Sie ist die global bekannteste Fürsprecherin der Menschenaffen und des Naturschutzes um der Menschen willen und sie ist die erste Verhaltensforscherin, die den Menschen an seinen nächsten lebenden Verwandten heranführte.

Am 14. Juli 1960, heute vor 63 Jahren, begann Goodall ihre Freilandstudie an wilden Schimpansen (Pan troglodytes) am Ufer das Tanganjikasees. Das Gebiet ist mittlerweile geschützt, Besucher schaffen es aber nur in weit geringerer Zahl in den Gombe-Nationalpark, als in Tansanias bekanntere Reiseziele wie die Serengeti und den Ngorongoro-Krater. Gombe ist abgelegen und Goodalls Anreise Mitte des vorigen Jahrhunderts dürfte durchaus beschwerlich gewesen sein.

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Doch die damals 26-Jährige kam aus Überzeugung und zudem in Begleitung ihrer Mutter, die sie lebenslang und in den ersten Jahren auch vor Ort unterstützte. Jane Goodall war die erste von drei jungen Frauen, die der britische Anthropologe Louis Leakey für Verhaltensstudien an Menschenaffen aussuchte: Jane Goodall für die Schimpansen, Dian Fossey für Berggorillas und Birutė Galdikas für Orang-Utans. Leakey versprach sich davon Aufschluss über das Verhalten von Vorfahren des modernen Menschen.

Goodall lernte schnell, die Tiere individuell zu unterscheiden, und gab ihnen Namen.
Goodall lernte schnell, die Tiere individuell zu unterscheiden, und gab ihnen Namen.

© imago images / United Archives/imago stock&people

Goodall kam ohne passenden Studienabschluss und fand ihre eigene Herangehensweise, die sie bald aus dem Schatten ihres Mentors heraustreten ließ. Als beharrliche stille Begleiterin mit Fernglas und Notizbuch gelang es ihr zunächst, die Tiere eines Klans an ihre Nähe zu gewöhnen. Tag um Tag kletterte sie ihnen im Wald an den steilen Uferhängen hinterher.

Die Mühe lohnte. Goodall, von ihren einheimischen Helfern unabhängig von ihrem akademischen Ausbildungsgrad bald „Dr. Jane“ genannt, gelangen einzigartige Einblicke: Schimpansen, die mit Werkzeugen nach Termiten angelten und die Affen für ihr Fleisch jagten. Ihre größte Erkenntnis ist, dass Schimpansen in einem komplexen Beziehungsgefüge leben und ihre Gefühle mit denen des Menschen vergleichbar sind.

Goodall gab den Tieren Namen, den ersten Buchstaben, sofern bekannt, nach der mütterlichen Abstammung, den vollen Namen nach verschiedenen Inspirationen – Flo, Fifi, Frodo, Freud, Goliath, Prof und David Greybeard. Die Fachwelt nahm daran Anstoß und bezweifelte zunächst Goodalls wegweisende Entdeckungen. Doch auch diese Widerstände sollte die Britin überwinden, auf ihre eigene, stille und beharrliche Weise.

Lesen Sie alle bisher erschienenen Folgen der „Tagesrückspiegel“-Kolumne hier.

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