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Hochschulmedizin: Absage an Privatisierung der Charité

"Wohin Privatisierungen öffentlicher Leistungen führen, sieht man bei der S-Bahn": Vertreter der rot-roten Koalition lehnen eine Privatisierung des Berliner Uniklinikums ab. Auch Finanzsenator Nußbaum distanziert sich vom Vorschlag des FU-Präsidenten Lenzen.

Berlins Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) hat sich am Montag von Plänen zur Teilprivatisierung der Charité distanziert. Die Universitätsmedizin sei zwar aufgerufen, mit allen Krankenhäusern zu kooperieren. „Übertriebene Forderungen“ würden jedoch vom eigentlichen Ziel der Sanierung der Charité ablenken, teilte Nußbaum am Montag mit. Eine Privatisierung komme „überhaupt nicht infrage“. Damit reagierte der Senator auf einen Vorschlag von FU-Präsident Dieter Lenzen, das Klinikum Steglitz teilweise aus der Charité herauszulösen. Ein Investor solle mit 49 Prozent an dem Klinikum beteiligt werden und die Krankenversorgung übernehmen, während die Charité für Forschung und Lehre zuständig bleibt. Ein Direktor solle dezentral für das Klinikum verantwortlich sein. Dieses Konzept hatte Lenzen Nußbaum, wie berichtet, kürzlich vorgestellt. Ein Sprecher des Finanzsenators hatte dazu am Wochenende gesagt, Nußbaum sei „für alle innovativen Ideen gerne zu haben“.

Lenzen wolle die „alte Standortdiskussion“ um die Berliner Uniklinika wiederbeleben, kritisierte Wissenschaftssenator Zöllner. „Die Größe und die Verteilung der Standorte über die Stadt sind entscheidende Wettbewerbsvorteile“, erklärte Zöllner auf Anfrage. Die Qualität des Medizinstandortes Berlin müsse „über eine noch bessere Zusammenarbeit zwischen den landeseigenen Institutionen Charité und Vivantes“ gestärkt werden.

Auch Vertreter der Regierungsfraktionen lehnten den Vorschlag ab. Wohin die Privatisierung von öffentlichen Versorgungseinrichtungen führe, sei bei der S-Bahn zu sehen, sagte Wolfgang Albers, gesundheits- und wissenschaftspolitischer Sprecher der Linken im Abgeordnetenhaus. Lars Oberg, wissenschaftspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, sagte, seine Fraktion lehne die „Zerschlagung und Teilprivatisierung“ der Charité ab.

Um die finanziellen Probleme der Charité zu lösen, müsse es vielmehr endlich zu einer „strategischen Kooperation“ mit dem landeseigenen Krankenhauskonzern Vivantes kommen, sagte Albers. „Dazu bietet sich die Region Südwest an.“ Anders als Lenzen behaupte, alimentiere das Benjamin-Franklin-Klinikum nicht die anderen Standorte der Charité. Obwohl in Steglitz 31 Prozent der Betten der Charité stünden, erbringe das Klinikum nur 27 Prozent der Erlöse. Im System der Krankenhaus-Fallpauschalen (DRG) betragen laut Albers die Erlöse pro Bett in Steglitz 174 000 Euro. Am Standort Mitte liegen die Erlöse pro Bett dagegen bei 203 000 Euro und am Virchow-Klinikum in Wedding 220 000 Euro.

Oberg sagte, am Standort Buch habe man bei der inzwischen aufgelösten engen Kooperation von Helios und der Charité erlebt, welche Schwierigkeiten eine Zusammenarbeit von privaten mit staatlichen Klinken habe. „Eine solche Kooperation ist extrem anfällig für die Quersubventionierung des privaten Klinikbetreibers zu Lasten des Landes Berlin.“

„Lenzens Konzept ist nicht tragfähig“, sagte auch Lisa Paus, Wissenschaftsexpertin der Grünen. Allerdings lege der FU-Präsident „den Finger in eine offene Wunde“: Noch habe der Senat nicht die Frage beantwortet, ob das Land den Sanierungsbedarf der Charité überhaupt stemmen könne.

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