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Vulcan wird die seit langem in Dienst stehenden Atlas- und Delta-Trägerraketen im „Fuhrpark“ der ULA Schritt für Schritt ablösen.

© United Launch Alliance

Hommage an Star Trek: Vulcan-Rakete soll Asche von Verstorbenen und DNA-Spuren ins All bringen

Nach 20 Jahren sollen in den USA zwei alte Raketentypen abgelöst werden. Das neue Kapitel der Raumfahrt beginnt mit einer bizarren Mission: an Bord sind Lebensspuren bekannter Persönlichkeiten.

Die Explosionswolken des abgebrochenen Tests der „Starship“-Superrakete von Elon Musk haben sich gerade erst verzogen, da steht am 4. Mai für die US-Raumfahrt die nächste Premiere auf dem Programm.

Die Konkurrenz von der United Launch Alliance (ULA), die als Dienstleister vor allem für Nasa und Pentagon Nutzlasten ins All bringt, hat den Start einer neuen Trägerrakete in Cape Canaveral angekündigt, die zum Arbeitspferd für die nächsten Jahre werden soll.

Vulcan wird die seit langem in Dienst stehenden Atlas- und Delta-Trägerraketen im „Fuhrpark“ der ULA Schritt für Schritt ablösen. Die 62 Meter hohe Rakete, die bis zu 30 Tonnen auf eine erdnahe und 13 Tonnen auf eine geostationäre Umlaufbahn oder auch zum Mond bringen kann, ist bei weitem nicht so gewaltig wie das SpaceX-Aggregat „Starship“, aber viel flexibler einsetzbar.

Im Unterschied zum „Starship“-Test wird sie bereits beim Jungfernflug mit Nutzlast ins All fliegen. An Bord sind drei Unternehmen. Vor allem das Projekt „Peregrine“, ein nur schuhkartongroßes Mondfahrzeug des Raumfahrt- und Robotikunternehmens Astrobotic Technology, ist darauf angewiesen, dass der Starttermin eingehalten wird. Die für eine Mondlandung notwendige Flugbahn ist es nur an wenigen Tagen im Monat erreichbar.

Amazon will eigene Satelliten für die Kommunikation

Astrobotic plant, seine Mondfahrzeuge künftig kommerziellen Kunden für ihre Forschungsprojekte zur Verfügung zu stellen. Kalkulierter Kostenpunkt: 1,2 Millionen Dollar pro Kilogramm wissenschaftlicher Geräte. Aufträge im Umfang von rund 80 Millionen Dollar sollen bereits gebucht worden sein, heißt es.

Der zweite Kunde ist Amazon mit seinem Projekt „Kuiper“. Dabei handelt es sich um Prototypen von Kommunikationssatelliten. Amazon wird in den nächsten Jahren Milliarden Dollar investieren, um mehr als 3000 Satelliten auf eine Umlaufbahn bringen. Damit will der Konzern in das Geschäft mit dem Breitband-Internetzugang einsteigen.

Auch da gibt es eine Konkurrenz zu Musk. Der hat mit „Starlink“ bereits 3700 Satelliten (Stand März 2023) zu diesem Zweck ins All gebracht. Insgesamt sind bereits maximal 20.000 Satellitenstarts genehmigt.

Im Vergleich damit mutet Fracht des dritten Kunden geradezu bizarr an. Das Unternehmen Celestis will mit Vulcan in 150 Kapseln die Asche von Verstorbenen, DNA-Spuren von Prominenten und digital aufgezeichnete Grüße in die Weiten des Weltalls transportieren lassen. Die Mission nennt sich „Enterprise Flight“ und ist erklärtermaßen eine Hommage an den Star-Trek-Erfinder Gene Roddenberry.

„Wir sind sehr froh, dass wir mit dieser Mission ein Versprechen einlösen können, welches ich 1997 Majel Barrett Roddenberry gegeben habe: dass wir sie und ihren Ehemann, den Star-Trek-Erfinder Gene Roddenberry, gemeinsam ins All fliegen werden“, schreibt Celestis-Chef Charles M. Chafer auf der Webseite des Unternehmens.

Mit an Bord sind laut der Ankündigung unter anderen auch DNA-Spuren von „Beam-me-up-Scotty“ James Doohan, „Dr. McCoy“ DeForest Kelley und „Lt. Uhura“ Nichelle Nicols sowie von vier US-Präsidenten (George Washington, Dwight D. Eisenhower, John F. Kennedy, Ronald Reagan) und einer Reihe von Privatpersonen. Sie werden dank der patentierten Kapseln ewig durchs All fliegen, verspricht Celestis.

Das Unternehmen bezeichnet sich selbst als Pionier für „Gedächtnisflüge“, also eine Art Seebestattung – nur eben im Weltall. Angeboten werden vier „einzigartige Destinationen“: suborbitale Flüge, die Erdumlaufbahn, die Oberfläche des Mondes und jetzt – mit dem „Enterprise“-Flug – auch der interplanetare Raum. Seit der ersten Mission 1997 seien bei 16 Missionen rund 3000 Aufträge von Kunden weltweit ausgeführt worden.

Das Ende für russische Triebwerke

Die entscheidende technische Neuerung der Vulcan ist zugleich ein politisches Signal. Zum ersten Mal seit zwei Jahrzehnten fliegt eine US-Trägerrakete dieser Klasse ohne ein russisches Triebwerk. Für den russischen Raumfahrtkonzern Roskosmos gehörte der Verkauf von RD-180-Triebwerken bis 2014 zum Kerngeschäft. Dann kam die Krim-Annexion und die US-Regierung entschied schon mit den ersten Sanktionen, diese Zusammenarbeit zu beenden und ein eigenes Triebwerk zu entwickeln. Die letzten beiden russischen Triebwerke sind im vergangenen Jahr verwendet worden.

Den Auftrag übernahm ein Unternehmen des Milliardärs Jeff Bezos, ein weiterer Konkurrent von Elon Musk. Neun Jahre später ist das Triebwerk BE-4 nun einsatzbereit. Und Roskosmos sucht neue Kunden. Vizechef Andrej Jeltschaninow zeigte sich kürzlich in einem Interview zuversichtlich: „Ungeachtet des äußeren Drucks werden wir neue Partner finden“, sagte er der staatlichen Nachrichtenagentur Interfax. Man sei vor allem mit Indien im Gespräch.

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