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Haddadus binotatus ist eine häufige Art, offenbart nun aber unbekannte Fähigkeiten.

© Henrique Nogueira

Schreit, wenn ihr könnt!: Diese Frösche können es

Es ist ein stummer Schrei, zumindest für Menschen. Aber gegen potenzielle Fressfeinde könnten sich südamerikanische Frösche mit Ultraschall verteidigen.

Eine Kolumne von Patrick Eickemeier

Der kleine Frosch aus dem brasilianischen Regenwald versucht sich dem Griff des Biologen zu entwinden, doch der hält ihn fachkundig an den Hinterbeinen fest. Also bringt die Amphibie ihre ultimative Verteidigungswaffe zum Einsatz, oder zumindest interpretieren Forschende es so: Das Tier richtet sich auf, reißt das Maul auf, wirft den Kopf in den Nacken und quakt ohrenbetäubend.

Für Menschen mit ihrem eingeschränkten Hörvermögen ist das allerdings nur begrenzt wahrnehmbar. Hohe Töne mit einer Frequenz der Schallwellen von mehr als 20.000 Hertz stoßen bei Homo sapiens auf taube Ohren. Sie werden daher als Ultraschall bezeichnet. Aber einigen Tieren, die den Fröschen der Art Haddadus binotatus gefährlich werden könnten, dürfte bei dem Ultraschall-Gequake Hören und Sehen vergehen. Sodass die Amphibien entkommen können.

Von drei asiatischen Froscharten ist bekannt, dass sie bisweilen im Ultraschallbereich kommunizieren, das aber nur innerhalb ihrer Arten. Für Südamerika beschreibt das brasilianische Forschungsteam im Fachjournal „Acta Ethologica“ ein Novum: In Brasilien, dem Land mit den meisten bekannten Arten von Amphibien weltweit – über 2000 – gibt es auch welche. Und ihre Absichten sind nicht friedfertiger, sondern abschreckender Natur.

„Einige potenzielle Fressfeinde wie Fledermäuse, Nagetiere und kleine Affen können Laute in diesem Frequenzbereich erzeugen und wahrnehmen“, sagt Teamleiter Ubiratã Ferreira Souza vom biologischen Institut der Universität Campinas. Leider sei nicht bekannt, welche Tiere im artenreichen Wald an der Atlantikküste den dort häufigen Haddadus-Fröschen gefährlich werden, teilte er dem Tagesspiegel mit. Aber die Rufe hätten ein breites Frequenzspektrum. „Sie sollen so viele Fressfeinde abschrecken, wie möglich“, sagt der Forscher.

Die Rufe werden abgegeben, wenn sich das aufgerissene Maul wieder schließt.

© Lucas Rosado

Bei zwei Gelegenheiten gelang es seinem Team, die Lautäußerungen aufzuzeichnen. Mit dem Griff an die Hinterbeine simulierten die Forschenden dabei den Angriff eines Fressfeinds. Das Frequenzspektrum der Rufe reichte bis hinauf zu 44.000 Hertz, aber auch hinab bis zu auch vom Menschen hörbaren 7000 Hertz.

Zur Erklärung der Ultraschall-Lautäußerungen hat das Team auch eine alternative Hypothese: Die Tiere könnten damit noch größere Räuber auf den Plan rufen, die ihren Fressfeind angreifen sollen. „Könnte es sein, dass die Rufe eine Eule anlocken sollen, die die Schlange angreift, die den Frosch fressen will?“, fragt Souza. Auf jeden Fall Stoff für weitere Forschungsexkursionen in den brasilianischen Regenwald.

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