zum Hauptinhalt
Energie ohne Ende. Kinder sind so ausdauernd wie Top-Athleten.

© Hendrik Schmidt dpa/lnw

Sport und Fitness: Kinder sind so fit wie Leistungssportler

Eltern wissen es ohnehin: Kinder haben mehr Energie als Erwachsene. Sportwissenschaftler belegen nun, dass sie so ausdauernd sind wie Profiathleten.

Zum ersten Mal veranstaltete eine Berliner Grundschule einen "Spendenlauf". Für jede Runde um den Sportplatz, die ein Kind absolviert, sollten Eltern, Freunde oder Verwandte einen bestimmten Betrag spenden. Großzügig lobten die Angehörigen Beträge von teilweise bis zu zehn Euro pro Runde aus - sehr weit werden die Kleinen ja eh nicht kommen. Von wegen: "Guck mal, Papa, ich hab fünfzehn Runden geschafft!" Die Schule sah sich genötigt, die Eltern per Email vom Spendenversprechen zu entbinden.

Dass Kinder oft ohne Pause rennen, springen und kicken können, während ihnen die Erwachsene nach kurzer Zeit hinterherhecheln, diese Erfahrung hat wohl jeder schon gemacht. Tatsächlich haben sie, ohne spezielles Training zu benötigen, vor der Pubertät eine Durchhaltekraft wie Ausdauersportler. Das hat eine kleine französische Studie jetzt bestätigt.

Normale Jungs erreichen Leistungswerte wie Profi-Athleten

Fitness-Vergleiche einer Gruppe von acht- bis zwölfjährigen Jungen mit untrainierten Erwachsenen sowie mit Ausdauersportlern zeigten: Kinder haben nicht nur besonders müdigkeitsresistente Muskeln, sondern erholen sich auch schneller von hochintensivem Training. Das berichten Sébastien Ratel, Sportwissenschaftler an der Universität im französischen Clermont-Ferrand, und seine Kollegen im Journal "Frontiers in Physiology".

Das Forscherteam hatte dazu Herzschlag-Raten, Sauerstoff- und Laktat-Werte aller drei Gruppen gecheckt, die sich auf Trimmrädern abstrampeln mussten. Die zwölf Jungen - allesamt keine trainierenden Sportler - schlugen die zwölf untrainierten Männer dabei um Längen und erzielten Werte, die mit denen der 13 Profi-Athleten vergleichbar waren.

Kinder werden nicht so schnell müde

"Wir fanden heraus, dass Kinder verstärkt den aeroben Stoffwechsel nutzten und deshalb während des hochintensiven Trainings weniger müde werden", berichtet Ratel. Beim aeroben Stoffwechsel wird Sauerstoff aus dem Blut zur Energiegewinnung herangezogen. Reicht dies nicht aus, wird beim anaeroben Stoffwechsel Glukose in Laktat verwandelt, um den Körper mit Kraft zu versorgen. Das allerdings belastet den Muskel, hohe Laktatwerte sind schlecht für die Leistung, und das Laktat abzubauen braucht eine Weile. Erst dann ist der Muskel wieder erholt und normal einsatzbereit.

Die Kinder hätten sich allerdings sehr schnell erholt, "sogar noch schneller als die durchtrainierten Erwachsenen", so Ratel. Der Herzschlag habe sich zügiger beruhigt, auch der Abbau von Laktat im Blut sei schneller gewesen. "Das könnte erklären, warum Kinder die Fähigkeit zu haben scheinen, immer weiter zu spielen, wenn Erwachsene längst müde geworden sind."

Was den Befunden auf zellulärer Ebene zugrunde liegt, ist nicht völlig klar. Möglich ist, dass die Mitochondrien, die Glukose und anderen Energielieferanten ihre Energie entziehen und diese dann dem Körper zur Verfügung stellen, schon in jungen Jahren an Effizienz zu verlieren beginnen.

Wichtiger seien wahrscheinlich aber, so Jürgen Steinacker, andere Faktoren. "Untersucht wurden Jungs kurz vor dem zweiten Längenwachstumsschub", so der Professor für Sportmedizin an der Uniklinik Ulm, der nicht an der Studie beteiligt war. In diesem Alter hätten sie eine "optimale Hypertrophie", also viel Muskelmasse bezogen auf die Körpergröße. Zudem seien Kinder evolutionär und genetisch bedingt "automatisch Leistungssportler, weil sie all diese komplexen Bewegungen, die uns selbstverständlich vorkommen, erst ständig wiederholen und immer weiter erlernen müssen." Deshalb sei es wichtig, "Kinder nicht in ihrem Bewegungsdrang zu hindern, ihnen nicht alles abzunehmen, sie zum Beispiel nicht überall hinzufahren“.

Auch einen evolutionären Grund könnten es geben. Denn früher mussten Kinder zusammen mit den Erwachsenen oft lange Strecken zurücklegen, sobald sie nicht mehr von Eltern getragen werden konnten. Jene, die besonders ausdauernd waren, könnten also einen Vorteil gehabt haben. Resultat wäre auch eine erhöhte Wahrscheinlichkeit gewesen, das Erwachsenenalter zu erreichen und sich selbst fortzupflanzen. Auf diese Weise könnten sich Gene für die Ausdauer-Eigenschaft im Kindesalter durchgesetzt haben.

(mit dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false