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Milchkühe in Eatonton, Georgia, fressen aus einem Futtertrog.

© picture alliance / dpa/Erik S. Lesser

Update

Über Kontakt mit Milchkühen angesteckt: Zum zweiten Mal erkrankt ein Mensch in den USA an Vogelgrippe

Der Vogelgrippe-Patient leide lediglich an geröteten Augen und befinde sich auf dem Weg der Besserung. Er werde mit antiviralen Medikamenten behandelt.

| Update:

In den USA ist zum zweiten Mal ein Mensch nachweislich an der Vogelgrippe erkrankt. Die US-Gesundheitsbehörde CDC teilte am Montag mit, die betroffene Person habe sich über den Kontakt mit Milchkühen angesteckt. Der Patient leide lediglich an geröteten Augen, was mit einer Bindehautentzündung zusammenhängen könne. Er werde mit dem antiviralen Medikament Oseltamivir (Tamiflu) behandelt und befinde sich bereits auf dem Weg der Besserung.

Obwohl die Übertragung von H5N1 von Mensch zu Mensch sehr unwahrscheinlich ist, sei dem Patienten dennoch geraten worden, sich zu isolieren. „Uns sind keine Berichte bekannt, dass einer der engen Kontakte dieser Person irgendwelche Symptome entwickelt hat“, sagte Nirav Shav, stellvertretender Direktor der CDC.

Sowohl die CDC als auch die Weltgesundheitsorganisation WHO schätzen die Gesundheitsgefahr durch die diesjährige Vogelgrippewelle, die größte je dokumentierte, für Menschen aber weiterhin als gering ein.

Immer mehr Säugetiere infektiös

Zwar hat sich in den vergangenen Jahrzehnten die Zahl der Säugetierarten stetig vergrößert, die für das Virus empfänglich sind, etwa Füchse, Otter und Bären. Bislang sind die Folgen für den Menschen aber überschaubar: Seit 2003 sind nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation weltweit 888 Menschen infiziert worden. Zwar starben 462 an den Folgen der Infektion, die meisten schweren Verlaufsfälle liegen jedoch Jahre zurück. Jüngere Varianten von H5N1 scheinen mildere Erkrankungen auszulösen.

Vom aktuellen H5N1-Stamm 2.3.4.4b sind bisher weltweit etwa zwölf Infektionen von Menschen, keiner davon in Deutschland, bekannt, die „in den meisten Fällen sehr mild“ verlaufen seien, erklärte das für Tierseuchen zuständige Friedrich-Löffler-Institut (FLI) auf Anfrage des Tagesspiegels. In den USA sei die Variante „bekannt, jedoch bislang nicht dominant“. Es gebe bisher keine Hinweise, dass der Stamm besondere Eigenschaften besitzt oder infektiöser für Rinder ist. „Allerdings stehen die Untersuchungen hier erst am Anfang und es fehlen Informationen, die jetzt schon eine genauere Einschätzung erlauben“, so das FLI. Andere H5-Stämme, die in Kambodscha (H5N1 2.3.2.1c) oder China (H5N6) kursieren, hätten jedoch auch schon zu „schweren/tödlichen Humaninfektionen geführt“.

Das ist bei den von Rindern überspringenden H5N1-Viren nicht zu erwarten. Mehr Grund zur Besorgnis hätten Virologen allerdings, wenn H5N1 auch Schweine befallen würde. Denn dann könnte es zu Mischformen mit Influenzaviren vom Typ H1N1 kommen, die sowohl Schweine als auch Menschen befallen, befürchtet etwa der Virologe Michael Osterholm von University of Minnesota gegenüber dem Fachmedium „Stat“. Durch die neue H5N1-Infektiosität von Rindern habe sich das Risiko für den Menschen jedoch vorerst nicht geändert.

Dennoch seien die „Antennen“ weiter ausgefahren, so der CDC-Vize Shah. Man arbeite mit den zuständigen Gesundheitsbehörden in verschiedenen Regionen in Texas, Kansas und Michigan, wo H5N1-infizierte Rinder entdeckt wurden, zusammen, um sicherzustellen, dass Menschen, die Symptome zeigen sollten, schnell getestet werden können. Auch in New Mexico und Idaho wird vermutet, dass sich erkrankte Kühe mit dem Virus infiziert haben.

Die Situation ist sowohl aus veterinär- als auch aus humanmedizinischer Sicht besorgniserregend und muss genau verfolgt werden.

Isabella Eckerle, Ko-Leiterin des Zentrums für neuartige Viruserkrankungen an der Universitätsklinik Genf (Schweiz).

„Hoffentlich gibt es bald weitere Informationen und entsprechende Maßnahmen aus den betroffenen Betrieben“, kommentierte die deutsche Virologin Isabella Eckerle den US-Fall auf „X“. Geeignete Maßnahmen, die eine Weiterverbreitung verhindern können, könnten Transportbeschränkungen (von Milch oder Tieren) bis hin zu Bestandssperren und umfangreichen Beprobungen sein. Das „vorsorgliche Töten von Tieren in betroffenen Beständen“ sei derzeit aber „nicht vorgesehen“.

Kein H5N1-Monitoring bei Rindern

Virologin Eckerle sieht in dem H5N1-Fall ein „weiteres Beispiel“ dafür, wie Nutztiere als Zwischenwirt fungieren: „Wir sollten auch in Europa Kühe testen, um zu verstehen, wie weit verbreitet solche Infektionen sind.“

In Deutschland ist derzeit indes kein generelles Monitoring auf H5N1-Infektionen beim Rind geplant, erklärt das FLI. Stattdessen sollen bei Verdachtsfällen Proben entnommen und analysiert werden. „Es gibt derzeit keinerlei Hinweise auf eine ähnliche Situation wie in den USA“, so das FLI.

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Das bedeute nicht, dass es zu einem Ausbruch, einer Epidemie, kommen wird. Weder unter Kühen (für eine Übertragung „von Kuh zu Kuh“, so das FLI, gebe es bisher „keine Hinweise“), noch unter Menschen. Allerdings erhöhen infizierte Kühe das Risiko aufgrund des engeren Kontakts zwischen Mensch und Tier, so Eckerle: „Die Situation ist sowohl aus veterinär- als auch aus humanmedizinischer Sicht besorgniserregend und muss genau verfolgt werden.“

Bislang hätten sich in Deutschland und Europa Übertragungen von H5N1 auf Säugetiere „auf einzelne wildlebende Fleischfresser (insbesondere Füchse) und wenige Seehunde bzw. Kegelrobben“ beschränkt, sagt das FLI. Es sei jedoch nicht ausgeschlossen, dass „auch Nutztiere (Wiederkäuer, Schweine) unter bestimmten Bedingungen infiziert werden“. Die Fälle in den USA seien die ersten Hinweise auf H5N1-Infektionen bei Wiederkäuern. Beim Schwein seien in Italien Infektionen nachgewiesen worden, die sich aber nie weiter ausgebreitet hätten. Ein Versuch am FLI, bei dem Schweine dem aktuellen H5N1-Erreger ausgesetzt wurden, hätte nur „eine sehr geringe Empfänglichkeit“ gezeigt.

Tote Wildvögel auf US-Bauernhöfen entdeckt

Bislang erkranken wohl vor allem ältere Kühe an H5N1 und hätten infolgedessen weniger Appetit und weniger Milch gegeben, meldete das US-Landwirtschaftsministerium. Wahrscheinlich seien die Kühe von Wildvögeln angesteckt worden. Tote Wildvögel seien auf einigen der betroffenen Bauernhöfe gefunden worden. Tierhaltern empfiehlt das FLI daher „aufmerksam zu bleiben und sich der Risiken bewusst zu sein“, insbesondere wenn die Tiere „Kontakt zu Bereichen erhalten, zu denen auch Wasservögel Zugang haben“.

H5N1 (schwarze Kugeln) ist ein Influenza-Virus des Typs A und wird auch als „Vogelgrippe“ bezeichnet.
H5N1 (schwarze Kugeln) ist ein Influenza-Virus des Typs A und wird auch als „Vogelgrippe“ bezeichnet.

© Robert Koch-Institut (Norbert Bannert, Freya Kaulbars, 2006)

Auch in einigen unpasteurisierten Milchproben sei der Erreger entdeckt worden. Das US-Landwirtschaftsministerium ordnete an, unbehandelte Milch von infizierten Kühen zu entsorgen.

Vorsichtshalber. Denn das Risiko, sich über Milch mit H5N1 zu infizieren, ist gering, so das Bundesinstitut für Risikobewertung in Berlin. Studien, in denen Rinder versuchsweise mit H5N1 über die Atemwege infiziert wurden, hätten ergeben, dass eine Ansteckung zwar möglich ist, die infizierten Tiere das Virus dann aber nur in sehr geringen Mengen ausscheiden. Sollten die Erreger in die Milch geraten, würden sie bei der Pasteurisierung der Milch jedoch, wie andere Keime auch, inaktiviert.

Die erste Infektion eines Menschen in den USA war im Jahr 2022 im Bundesstaat Colorado erfolgt. Allerdings blieb unklar, ob der Mann, der mit H5N1-infiziertem Geflügel hantiert hatte, tatsächlich an diesen Viren oder einem harmlosen Schnupfen erkrankt war. (mit AFP, dpa, mica)

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