zum Hauptinhalt
Studenten im großen Hörsaal am Tag der Erstsemesterbegrüßung zum Wintersemester 2023/24 an der Uni Köln. Themenbild, Symbolbild Köln, 09.10.2023 NRW Deutschland *** Students in the large lecture hall on the day of the first semester welcome to the winter semester 2023 24 at the University of Cologne Topic image, symbol image Cologne, 09 10 2023 NRW Germany. Copyright: xChristophxHardtx

© IMAGO/Panama Pictures/IMAGO/Christoph Hardt

Wie (post)migrantische Talente halten?: Deutschland ist schon lang kein Sehnsuchtsort mehr

Lieber nach Kanada, Dubai oder Schweden, als in Deutschland zu arbeiten: Das sagen deutsche Stipendiaten mit Migrationshintergrund, fragt man sie nach ihrer Zukunft. Was muss sich ändern, damit Talente bleiben?

Eine Kolumne von Barış Ünal

Während eines Workshops vor einigen Wochen sollten sich die Teilnehmenden eines Bildungsstipendiums für Schüler*innen die eigene Zukunft nach Abitur und Studium detailliert ausmalen. Zufälligerweise bestand meine Runde ausschließlich aus Menschen mit Fluchthintergrund oder mit Eltern nicht-deutscher Herkunft. Nach einer Reihe von Zukunftsvisionen stand fest, dass sich die Zukunft ausnahmslos aller Stipendiat*innen mit großer Selbstverständlichkeit nicht mehr in Deutschland abspielte.

Das traf für die aus Syrien geflüchtete Schulsprecherin mit inzwischen deutscher Staatsbürgerschaft ebenso zu, wie für den in der freiwilligen Feuerwehr engagierten Ukrainer oder die lokalpolitisch aktive Tochter eines nigerianischen Vaters. Nach Schule, Studium und Berufseinstieg sahen sich alle mittelfristig mit ihren Berufen und noch zu gründenden Familien nicht mehr in Deutschland – und auch nicht in den Ländern, aus denen sie oder die Eltern stammten. Sondern ganz woanders auf der Welt.

Auch wenn es Kinder mit „Migrationshintergrund“ in unserem Bildungssystem immer noch schwer haben und es weiterhin zu viele Fälle von Geflüchteten gibt, die ihr unterbrochenes Studium nur unter viel bürokratischer Gegenwehr wieder aufnehmen können, hat sich in den letzten Jahrzehnten doch einiges getan. Studienabschlüsse ehemals Geflüchteter sind inzwischen ähnlich selbstverständlich, wie dass man vom Krieg in der Ukraine betroffenen Menschen die notwendigen Schul- und Studienbedingungen außerhalb der Heimat schafft.

Nicht zuletzt sind die beschriebenen Stipendiat*innen mit ihren hervorragenden Schulnoten, Ehrenämtern und Vereinsmitgliedschaften auch Beispiel für Bildung als Schlüssel für eine gelingende und gelebte Integration.

Warum hält es diese wichtigen Schlüsselfiguren nach solch einer gemeinsam errungenen Leistung trotzdem nicht im Land? Warum zieht es sie an andere Sehnsuchtsorte wie Kanada, Dubai, Schweden oder Singapur? Handelt es sich nur um dasselbe Fernweh, was vielen von uns – insbesondere von November bis März – ähnlich zusetzt? Warum ist Deutschland, in rationaler Hinsicht vielleicht schon, aber in emotionaler anscheinend nicht, eins dieser Wunschländer? Handelt es sich dann um einen „Brain Drain“ oder einen „Heart Drain“?

Studien zeigen, dass insbesondere die von uns dringend benötigten hochqualifizierten Fachkräfte zur Auswanderung neigen. Möchte man die Verbleib-Absichten gerade von diesen Zuwanderern erhöhen, ist es „nur“ mit Zugang zu Bildung anscheinend nicht getan.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
false
showPaywallPiano:
false