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Katja Kipping (Die Linke), Senatorin für Integration, Arbeit und Soziales, stellte am Mittwoch die Eckpunkte zur geplanten Ausbildungsplatzumlage vor.

© imago/photothek

Alle Berliner Unternehmen sollen einzahlen: Kipping stellt Pläne zur Ausbildungsplatzumlage vor

In einigen Branchen gibt es sie bereits. Nun will Berlin eine Ausbildungsplatzumlage einführen, um die Kosten der Ausbildung auf alle Unternehmen zu verteilen.

Berlins Arbeitssenatorin Katja Kipping (Die Linke) will alle Berliner Unternehmen an der von der rot-grün-roten Koalition geplanten Ausbildungsplatzumlage beteiligen. Das geht aus einem Eckpunktepapier hervor, das Kipping am Mittwoch vorstellte. Eine Ausnahme soll es lediglich für Solo-Selbstständige geben. Auch Branchen wie das Baugewerbe oder das Schornsteinfegerhandwerk, in denen es bereits ein tarifliches Umlagesystem gibt, sollen außen vor bleiben.

Laut Kippings Vorschlag sollen alle übrigen Betriebe einen gewissen Prozentsatz ihrer Bruttolohnsumme in einen vom Land Berlin verwalteten Fonds einzahlen. Das Geld soll an jene Unternehmen, die ausbilden, zurückfließen, um einen bestimmten Anteil der Ausbildungsvergütung zu kompensieren.

Über die Höhe der Abgabe bestehe noch Diskussionsbedarf. In einer Modellrechnung der Prognos AG ergab sich für eine Kompensation der Mindestausbildungsvergütung eine Abgabe von 0,47 Prozent der Bruttolohnsumme.

Berlin hat geringste Ausbildungsquote

SPD, Grüne und Linke hatten sich in ihrem Koalitionsvertrag auf die Einführung einer Ausbildungsplatzumlage geeinigt, „um zusätzliche Ausbildungskapazitäten zu schaffen.“ Übergeordnetes Ziel der Umlage sei es, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken und „für mehr Gerechtigkeit zwischen den Betrieben“ zu sorgen, sagte Kipping am Mittwoch. „Es gibt am Ende nur ein Mittel gegen Fachkräftemangel: ausbilden, ausbilden, ausbilden.“

Kipping verwies darauf, dass Berlin das Bundesland mit der geringsten Ausbildungsquote ist. Nur 3,2 Prozent aller sozialversicherungspflichtigen Beschäftigen seien im Jahr 2020 Auszubildende gewesen. Auch der Anteil der Unternehmen, die ausbilden, sei mit 11,1 Prozent unterdurchschnittlich. Durch die Umlage solle ein Anreiz geschafft werden, damit mehr Unternehmen ausbilden.

Kritik an dem Vorhaben kam von Seiten der Wirtschaftsverbände. „Was soll eine Ausbildungsplatzumlage bringen außer einem Berg Bürokratie?“, sagte Sebastian Stietzel, Präsident der Industrie- und Handelskammer (IHK) Berlin, zur geplanten Ausbildungsplatzumlage.

Nach einer aktuellen IHK-Umfrage würden 40 Prozent der befragten Ausbildungsunternehmen derzeit keine Auszubildenden für ihre ausgeschriebenen Stellen finden, so Stietzel. „Wenn der Berliner Senat es mit der Stärkung der dualen Ausbildung ernst meint, dann wäre eine gute Berufsorientierung an allen Schulen eine richtige und wichtige Maßnahme.“ Darüber hinaus sei die „fehlende Ausbildungsfähigkeit nach Abschluss der Schule ein Damoklesschwert für die Berliner Wirtschaft“, die den Fachkräftemangel unnötig verstärke.

Gesetzentwurf für 2023 geplant

Ähnlich äußerte sich der stellvertretende Hauptgeschäftsführer des Vereins Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg, Alexander Schirp. „An den heutigen Herausforderungen in der Fachkräftesicherung – Mangel an geeigneten Bewerberinnen und Bewerbern, unzureichende Ausstattung der beruflichen Schulen – geht die Ausbildungsplatzumlage meilenweit vorbei.“

Kipping entgegnete dem, dass selbst wenn alle offenen Ausbildungsplätze besetzt werden könnten, eine Angebotslücke herrsche. Zahlen der Bundesagentur für Arbeit ergaben kürzlich, dass es in Berlin im Ausbildungsjahr 2021/2022 bis Ende September 1502 offene Stellen gab, während 3135 Bewerberinnen und Bewerber keinen Ausbildungsplatz gefunden hatten.

Eine pure ideologische Blockade wird uns nicht abhalten.

Katja Kipping (Die Linke), Arbeitssenatorin, über die Kritik an der Ausbildungsplatzumlage

Man sei für praktische Hinweise und Anregungen bei der Erarbeitung der Ausbildungsplatzumlage offen und wolle die Gespräche mit Sozial- und Wirtschaftsverbänden fortführen, sagte Kipping. „Eine pure ideologische Blockade wird uns nicht abhalten“, sagte die Arbeitssenatorin. „Am Ende entscheiden parlamentarische Mehrheiten.“ Die Erarbeitung eines Gesetzesentwurfes sei für das erste Halbjahr 2023 geplant.

Allerdings müsste Kipping dafür nicht nur Widerstände auf Unternehmerseite überwinden, sondern auch in ihren eigenen Reihen. Der für Betriebe zuständige Senator Stephan Schwarz (parteilos, für die SPD) sagte dem Tagesspiegel: „Funktionierende Lösungen können nur gemeinsam mit der Wirtschaft entwickelt werden und müssen auch branchenspezifisch sein. Deshalb sehe ich bei den vorgestellten Eckpunkten noch erheblichen Diskussionsbedarf, vor allem bei der Leitfrage, wie wir am Ende wirklich zu mehr Ausbildung kommen.“

Schwarz verwies darauf, dass auch die Bundesregierung im Rahmen ihrer Fachkräftestrategie an diesem Thema arbeite. „Das sollten wir in unseren Berliner Überlegungen unbedingt berücksichtigen.“

Eine weitere Hürde ist nicht zuletzt der 12. Februar 2023. Sollte Rot-Grün-Rot nach der Wiederholungswahl abgewählt werden, könnten Kippings Pläne wieder in der Schublade verschwinden. Eine Umsetzung der Ausbildungsplatzumlage in einer Koalition, an der CDU oder FDP beteiligt sind, gilt als unwahrscheinlich.

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