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Wollte die Migrantenquote einführen: Elke Breitenbach (Linke), Berlins Senatorin für Integration, Arbeit und Soziales.

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Update

SPD setzt sich gegen Linke durch: Berlin verzichtet auf Migrantenquote im öffentlichen Dienst

Die von Integrationssenatorin Breitenbach geplante Migrantenquote wird es nicht geben. Doch auch ohne sie will der Senat die Vielfalt in der Verwaltung fördern.

Der rot-rot-grüne Senat verzichtet auf eine Migrantenquote von 35 Prozent im öffentlichen Dienst. Nach einem Vier-Augen-Gespräch von Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) und Integrationssenatorin Elke Breitenbach (Linke) ist die Regelung vom Tisch. Die SPD hat sich durchgesetzt, die deutschlandweit einmalige Regelung kommt nicht.

Wie der Tagesspiegel am Freitagnachmittag erfuhr, gab es stattdessen eine Einigung auf einen Kompromiss. Es soll dennoch eine weitgehende Förderung der Vielfalt im öffentlichen Dienst angestrebt werden. Zuerst hatte die "Berliner Morgenpost" darüber berichtet.

Innensenator Geisel sagte dem Tagesspiegel: „Wir wollen unsere Berliner Vielfaltsgesellschaft auch im öffentlichen Dienst abbilden. Mit der jetzt erzielten Einigung kommen wir dem einen großen Schritt näher. Ich bin froh, dass wir in konstruktiven Gesprächen zu einem verfassungskonformen und rechtssicheren Entwurf gekommen sind.“

Zur gleichen Zeit verschickt auch Integrationssenatorin Breitenbach ein Statement: „Wir wollen Strukturen entwickeln, die einen gleichberechtigten Zugang für alle Menschen ermöglichen. Der vorliegende Gesetzesentwurf schafft dafür die nötigen verbindlichen Regelungen.“

Die linke Integrationssenatorin Elke Breitenbach hatte sich für die Quote eingesetzt. Der Migrationshintergrund sollte zum positiven Einstellungsmerkmal werden, der Anteil von 35 Prozent Menschen mit Migrationshintergrund sich auch in der Zusammensetzung des öffentlichen Dienstes wiederfinden.

Innensenator Geisel und die SPD hatten die Quote jedoch als verfassungswidrig abgelehnt. Künftig soll deshalb weiter nach der sogenannten Einzelfallgerechtigkeit eingestellt werden - es werden diejenigen eingestellt, die unabhängig vom Migrationshintergrund am besten geeignet sind.

Sprachliche und interkulturelle Kompetenzen sollen den Ausschlag geben

Allerdings einigte sich die Koalition, Menschen mit Migrationshintergrund verstärkt für die Verwaltung anzuwerben. Im konkreten Einzelfall kann dann bei einem Gleichstand der Bewerber der Migrationshintergrund den Ausschlag für die Auswahl geben. Kein Bewerber soll aber deshalb quotiert vorgezogen werden.

Allerdings sollen in Zukunft Auswahlentscheidungen damit begründet werden können, dass Bewerber mit Migrationshintergrund durch ihre sprachlichen und interkulturellen Kompetenzen den Vorzug erhalten.

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Ebenfalls vom Tisch sind die Pläne, auf das Wort Integration zu verzichten. Die Integrationsbeauftragte sollte nach dem Willen der Linken künftig „Beauftragte für Partizipation in der Migrationsgesellschaft“ heißen. Die SPD setzte sich mit der Forderung durch, am Begriff der Integration festzuhalten.

Mit der Einigung ist nun der Weg frei für eine Neufassung des Partizipations- und Integrationsgesetzes, das sich die Koalition 2016 in den Koalitionsvertrag geschrieben hatte. Künftig sollen etwa auf der Grundlage freiwilliger Erhebungen Förderpläne für die Verwaltung eingeführt werden.

Beirat für Sinti und Roma wird eingerichtet

Bei der Senatsverwaltung für Integration wird eine neue Fachstelle geschaffen, die den Öffnungsprozess der Verwaltung begleiten soll. Die Landes- und Bezirksbeauftragten für Integration und Partizipation sollen gestärkt und künftig gesetzlich in jedem Bezirk verankert sein. Außerdem wird ein Beirat für die Belange von Sinti und Roma eingerichtet.

Der Vorsitzendes des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) Berlin-Brandenburg, Christian Hossbach, begrüßte die Einigung am Freitag. Er bezeichnete das neue Gesetz als "großen Schritt nach vorn, auch ohne formal und ohnehin schwer zu administrierende Quote".

Die Debatte um eine Migrantenquote von 35 Prozent in der Berliner Verwaltung hatte in den vergangenen Wochen für erheblichen Streit in der Koalition und im Senat gesorgt. Nachdem der Tagesspiegel die Pläne Mitte Januar öffentlich gemacht hatte, wurde Kritik daran laut. Der Koalitionspartner SPD wertete Breitenbachs Vorstoß als "grobes Foul".

Die Grüne Spitzenkandidatin Bettina Jarasch sagte dem Tagesspiegel, sie habe sich vom Kompromiss zwischen Linke und SPD mehr erhofft. "In der Sache ist die Einigung aber ein wichtiger Schritt nach vorne für eine angemessene Repräsentanz von Menschen mit Migrationshintergrund in der Berliner Verwaltung. Es freut mich, wenn wir mit einem schon tragfähigen Entwurf in das parlamentarische Verfahren gehen, doch klar ist auch: Der Entwurf bleibt hinter den Möglichkeiten zurück. Für angemessene Repräsentanz werden wir Bündnisgrüne weiter kämpfen."

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