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© Julius Demand

Berliner Musiker Oli P. mit neuem Album: „Ich bin gerne Teil der Schlagerwelt“

Mit „Flugzeuge im Bauch“ gelang Oli P. 1998 der Durchbruch. Bis zu 200 Konzerte spielt er im Jahr. Ein Gespräch über das Tourleben, Schlagermusik und das 90er-Revival.

Oli P., Sie sind den Sommer über auf Promoreisen für Ihr neues Album „Hey Freiheit“. Wie sieht der Touralltag bei Ihnen aus?
Ich fahre alleine mit dem Auto – das habe ich schon immer so gemacht. Mir wird als Beifahrer übel. Und wenn jemand dabei wäre, würde mich das stressen, weil ich mir Gedanken mache wie: Ist die Musik zu laut? Ist es zu warm im Auto? Oder zu kalt? Sollen wir Pause machen? So bin ich flexibel, fahre irgendwo hin, mache meine Arbeit und dann bin ich wieder weg. Mein Berufsleben ist immer sehr laut und turbulent, die Fahrzeit ist dann meine Me Time. Ich telefoniere oder höre „Die drei ???“.

Ist das, was Sie heute musikalisch machen, noch Pop oder schon Schlager?
Es ist einfach Musik. Ich würde das gar nicht einem Genre zuordnen wollen. Als ich wieder angefangen habe zu singen, habe ich zu meiner Frau gesagt: Ich möchte es einmal schaffen, in eine Show von Florian Silbereisen eingeladen zu werden. Da finden doch heute moderne Musik und Entertainment statt. Wie früher in den großen Shows von Peter Alexander, bei denen wir als Familie vor dem Fernseher gesessen haben und es einfach das Größte war.

In den modernen Schlagershows trete ich neben tollen Kollegen wie Ben Zucker auf und das ist wiederum fast rockig. Aber man hat auch sehr konservativen Schlager oder Volksmusik dabei. Pop heißt doch am Ende nur, dass es populär ist. Und die Schlagerwelt ist sehr breit gefächert. Ich bin gerne Teil davon.

Mit „Ich hab geträumt von dir“ haben Sie auf Ihrem Album einen Song von und mit Matthias Reim. Ein Idol Ihrer Jugend?
Wie krass ist das denn, oder? Früher habe ich Zwei-Mark-Stücke in eine Jukebox geschmissen, um den Song immer wieder zu hören. Wenn ich heute mit ihm arbeite, fühle ich mich immer noch als Fan und kann es nicht fassen. Ich glaube, das wird für mich nie zur Routine. Wenn ich das heute dem elfjährigen Oli in Spandau sagen könnte – Wahnsinn!

Ich glaube, dass das 90er-Jahre Revival auch von mir profitiert.

Oli P.

Und Herbert Grönemeyer? War das Cover von „Flugzeuge im Bauch“ damals Ihre Idee?
Ehrlich gesagt war das die Idee der Grundy UFA, RTL und BMG. Der letzte Versuch, meine Gesangskarriere noch in Schwung zu bringen. Als sie mir den Refrain vorgespielt haben, hat mein Vater sofort gesagt: Boah, geil! Und ich so: Ja? Wer ist das denn? Ich kannte seinen Namen natürlich, aber den Song nicht. Ich habe das dann gemacht und gemerkt, wow, das kennen doch ein paar Leute. Und irgendwann kam der Anruf: Das ist die Nummer Eins.

Auf dem Song „Melodie“ ist Ihre Frau zu hören …
Sie ist die Frauenstimme, die im Hintergrund zu hören ist. Oft versuche ich bei meinen Songs einen Mittelweg zwischen meinem eigenen Gefühl und einer Identifikationsfläche für andere zu finden. Dieser Song ist aber einfach komplett für Pauline. Und deshalb war klar, dass wenn ich singe „Du bist meine Melodie“ und wenn ich möchte, dass dann eine Frauenstimme zu hören ist, dass das dann nicht irgendjemand macht.

Bei Ihrer Frau wurde 2007 ein Gehirntumor diagnostiziert und 2020 entfernt. Wie geht es ihr heute?
Die Krankheit wird sie immer begleiten, sie wird nie zu 100 Prozent gesund sein. Es gehört zu unserem Leben, dass MRT-Termine regelmäßig wieder näher rücken und wir dann angespannter sind. Aber man stellt sich darauf ein. Der Titel meines Albums spielt aber auch auf das Gefühl an, was wir gerade haben. Noch vor einem Jahr wäre es gesundheitlich nicht möglich gewesen, den ganzen Tag draußen zu sein, ins Café und spazieren zu gehen. Wir wussten nicht, ob das jemals zurückkommt. Gesundheit und die Fähigkeit, wieder normal am Alltag teilnehmen zu können, ist für uns Freiheit.

Das Schlimmste, was einem als Künstler passieren kann, ist übrigens, nach Michael Holm auf die Bühne zu müssen.

Oli P.

Profitieren Sie vom 90er-Jahre-Revival?
Da kann ich ganz selbstbewusst sagen: Ich glaube, dass das 90er-Jahre-Revival auch von mir profitiert (lacht). Wenn man als Veranstaltender so ein Festival macht, kommt es immer ganz gut an, wenn man mich dafür bucht, denn ich gebe immer 100 Prozent. Ich spiele bis zu 200 Konzerte im Jahr. Es ist doch Wahnsinn, dass auch nach fast 30 Jahren immer wieder neue, junge Fans vor der Bühne stehen. Heute dann oft zusammen mit ihren Eltern. Ich bin sehr glücklich, dass ich immer noch so arbeiten darf und dass es sich so anfühlt, als sei noch lange kein Ende in Sicht.

Reminiszenzen gibt es auf dem Album auch an Echt und Michael Holm. Ist es wichtig, sie zu erkennen, damit man beim Hören richtig mitfühlen kann?
Gerade bei „Echt“ ist es ja wirklich sehr versteckt und sonst ein komplett neuer Song. Die, die es kennen, freuen sich darüber, für die anderen ist es einfach eine schöne Melodie. Und „Tränen lügen nicht“ ist im Original übrigens auch nicht von Michael Holm, das ist eine italienische Melodie aus den 1960er-Jahren. Michael Holm feiert in diesem Jahr seinen 80. Geburtstag, deshalb kam meine Frau auf die Idee. Als ganz dicker Geburtstagsschmatzer. Das Schlimmste, was einem als Künstler passieren kann, ist übrigens, nach ihm auf die Bühne zu müssen. Der zerlegt alles, der geht ab, der hat ein Funkeln in den Augen wie ein 20-Jähriger. Das finde ich viel inspirierender, als wenn jemand sagt: Ich hoffe, ich bin mit 50 durch und kann dann Golf spielen. Das wird bei mir hoffentlich auch so.

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