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US-Schauspieler Sean Penn (l) und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in einer Szene des Dokumentarfilms "Superpower" (undatierte Filmszene). Der neue Film von Regisseur A. Kaufman und Sean Penn läuft in der Reihe Berlinale Special Gala. (zu dpa "Berlinale will Sean Penns Dokumentarfilm über Ukraine zeigen") +++ dpa-Bildfunk +++

© dpa/The People’s Servant/Berlinale

Tag 4 bei der Berlinale: Wie sich Sean Penn in der Ukraine verliert

Die Kriegs-Doku „Superpower“ hätte ein Zentrum der diesjährigen Berlinale sein können. Doch dem Film selbst fehlt ein Zentrum. Wie den Filmfestspielen auch.

Eine Kolumne von Robert Ide

Ich weiß ja nicht, wie Hechtsuppe zieht. Aber vor der Verti Music Hall zieht es auf jeden Fall mehr. Willkommen zum Auswärtsspiel der Berlinale: Auf dem von Leuchtreklame-Säulen bestrahlten, von Seele befreiten Platz vor der Mercedes-Benz-Arena ziehen sich ein paar versprengte Eishockey-Fans ein Wegbüchsenbier, während Kinoliebhaberinnen ihre zu dünnen Glitzergewänder durch den Sturm ziehen.

Sie huschen in eine gesichtslose Musikhalle, in der eine provisorische Zuschauertribüne und hunderte Klappstühle vor einer lieblos hingehängten Leinwand auf etwas Besonderes warten. Hier beginnt gleich eine international beachtete Weltpremiere. Berlin hat sich feierlich zurecht gemacht.

Sie geben mir nur einen Flügel und fragen mich: Warum fliegst Du nicht?

Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj über die Waffenhilfe für sein Land

Es ist ein Coup der Berlinale. „Superpower“, der Film von Oscar-Preisträger Sean Penn über den Ausbruch des Ukraine-Kriegs, gekrönt von einem Interview Penns mit Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj in einem Bunkerraum in Kiew am Tage des russischen Invasion vor einem Jahr – für ein politisches Filmfestival ist das eine Heldengeschichte.

Sean Penn trinkt offenbar oft Alkohol

Selenskyj, selbst Schauspieler bevor er Präsident wurde, war schon bei der Berlinale-Eröffnungsgala aus Kiew zugeschaltet und erinnerte eindringlich an den Film „Himmel über Berlin“, der die Einheit in Freiheit vorwegnahm. „Nun kämpfen wir für die Freiheit der Welt. Und wir werden gewinnen.“ Standing Ovations. Nun die Weltpremiere. Im Saal zieht es auch.

Sean Penn trinkt offenbar oft Alkohol. Sean Penn hat zu Hause im Bücherregal eine Lexikothek stehen. Sean Penn sagt, dass die Ukraine für all das kämpft, was den Menschen in Amerika und Europa zu selbstverständlich geworden ist. Sean Penn raucht andauernd.

Sean Penn redet mehrmals mit Selenskyj, der weiß, wie wichtig internationale Öffentlichkeit ist, damit sein Land nicht abgeschlachtet wird. Sean Penn sitzt in Autos. Sean Penn denkt über Sean Penn nach. Dieser Film, der inmitten dramatischer Ereignisse gedreht wurde, ist wichtig. Aber er zieht sich ziemlich.

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„Superpower“ hätte ein Zentrum der diesjährigen Berlinale sein können. Doch dem Film selbst fehlt ein Zentrum. Sind es die Menschen im Krieg, die in ihrer gerade zerbombten Wohnung stehen und mit sarkastischem Überlebensmut sagen: „Ich kann leider keinen Tee anbieten“?

Sind es die deutlich gezeigten Kriegsverbrechen von Wladimir Putins Armee, die aufzeigen, mit wem die Welt es hier wirklich zu tun hat? Oder ist es Selenskyj, der insbesondere Deutschland nun schon seit einem Jahr um die nötigen Waffen zur Verteidigung anbetteln muss und der im Film eindrucksvoll sagt: „Wenn ich fliegen soll, brauche ich zwei Flügel. Sie geben mir nur einen Flügel und fragen mich: Warum fliegst Du nicht“?

Der Berlinale, die am zugigen Potsdamer Platz nicht mehr genügend Kinoplätze hat, fehlt ein Zentrum. Das Zentrum der freien Welt ist seit einem Jahr sowieso ein anderes: Kiew.

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