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Musik berührt. Harald Lesch (2. v. l.) nutzt die Kraft der Kunst, um über sein Herzensthema, den Klimawandel, zu sprechen.

© Elena Zaucke

„Die Vier Jahreszeiten im Klimawandel“: Astrophysiker Harald Lesch kommt in die Berliner Philharmonie

Harald Lesch warnt, wo er kann, vor den Gefahren des Klimawandels. Dem Astrophysiker dienen auch Vivaldis „Vier Jahreszeiten“ als Vorlage. Die bringt er jetzt auf die Bühne.

Astrophysik auf dem Bierdeckel erklären? Für Harald Lesch ist das kein Problem. Um komplexe Sachverhalte lebensnah zu vermitteln, nimmt er im Fernsehen auch schon mal einen Besen zur Hand.

Der Wissenschaftler weiß und versteht zwar mehr als viele andere, aber er ist getrieben von dem Wunsch, sein Wissen auf verständliche Weise zu teilen. Ganz besonders trifft das zu auf sein Herzensthema, den Klimawandel.

Naturphilosophie lehrt er auch

Dafür geht der Mann, der in der ZDF-Sendung „Leschs Kosmos“ einem großen Publikum das Universum näherbringt und auch auf YouTube längst ein Erklär-Star ist, ungewöhnliche Wege. Zusammen mit dem Merlin-Ensemble Wien hat er das Programm „Die Vier Jahreszeiten im Klimawandel“ entwickelt, in dem er zur Musik von Antonio Vivaldi als Erzähler auftritt.

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Der Professor für Theoretische Astrophysik lehrt an der Ludwig-Maximilians-Universität München und ist gleichzeitig Lehrbeauftragter für Naturphilosophie. An seiner lebhaften und freundlichen, manchmal begeisterten Art zu sprechen, merkt man schon, dass er sich für vieles interessiert und auch für vieles brennt.

56
Millionen Jahre ist es her, dass es auf der Erde zuletzt so warm war wie jetzt.

Der Klimaschutz aber liegt ihm besonders am Herzen. „Sie erwischen mich gerade am Klavier“, sagt er und lässt ein paar Noten durchs Telefon perlen. Dann erzählt er, wie es vor etwa 30 Jahren dazu kam, dass er sich bis heute fürs Klima interessiert.

Im Zuge seiner Habilitation befasste er sich mit der Bewohnbarkeit von Planeten, studierte die damals vorliegenden Klimamodelle. „Als Säugetiere sind wir darauf angewiesen, dass es nicht zu warm wird“, weiß er. So warm wie jetzt sei es auf der Erde zuletzt vor 56 Millionen Jahren gewesen.

Wenn der Gardasee schrumpft

Jede Zeitung zeige die entsprechenden Diagramme. „Aber es folgt kein Handeln daraus.“ Das kann Lesch nicht nachvollziehen. Die Informationen stünden doch allen zur Verfügung.

Lesch fürchtet, dass erst reale Erlebnisse den Klimawandel ins Bewusstsein der Leute katapultieren. „Wenn sie nach Italien fahren und sehen, dass der Gardasee geschrumpft ist, sehen sie es vielleicht ein.“

Umweltschädliche Subventionen streichen

Erst kürzlich hat er im Fernsehen seine persönliche Lösung für das 60-Milliarden-Euro-Haushaltsloch der Bundesregierung präsentiert: „Streichen Sie alle umweltschädlichen Subventionen, dann kommt diese Summe ungefähr zusammen.“

Der Planet hat Fieber. Hohes Fieber. 

Harald Lesch, Astrophysiker

Als Wissenschaftler findet er es schlimm, dass zwar viel Geld für Forschung ausgegeben, diese dann aber nicht unbedingt auch wahrgenommen werde. „Das Schlimme ist doch, dass wissenschaftliche Ergebnisse ignoriert werden, wenn sie der Gesellschaft nicht passen. Sie werden nicht mal diskutiert“, kritisiert Lesch.

Auf die Frage, wie er den Status des Klimawandels in Kürze erklären würde, hat er eine prompte Antwort: „Der Planet hat Fieber. Hohes Fieber. Das hat seinen Organen nicht wiedergutzumachende Schäden zugefügt.“ Er denke dabei an das schmelzende Eis, an Landwirtschaftsflächen und die zunehmende Virenlast.

Dass die Klimakleber der „Letzten Generation“ etwas verbessern, glaubt Lesch nicht. „Das ist eine sehr egoistische Form des Aktionismus. Es sind verzweifelte Leute, die keine Mehrheit finden im öffentlichen Diskurs.“

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Er wünscht sich Politiker mit Visionen, die Probleme wirklich angehen – ähnlich wie diejenigen, die einst die Kanalisation bauen ließen und so Krankheiten eindämmten.

Um gehört zu werden, kämpft Lesch auf vielen Ebenen, weil er weiß: „Mit der Natur kann man nicht verhandeln.“ Diese Einsicht sei im politischen Diskurs noch nicht angekommen: „Beim Klimawandel kann man keine Meinungen haben. Da geht es nur um Messungen. Die Politik hat den Schlag nicht gehört.“

Tür zu, Pullover an

Dass Deutschland aus seiner Sicht auf dem Verkehrssektor besonders schlecht aufgestellt ist, wenn es ums Klima geht, bekümmert Lesch besonders. Da könnten auch die Ingenieure, die sich rühmen, die besten Autos zu bauen, aus seiner Sicht mehr tun.

Dem Klimawandel auf der Spur. Das ZDF-Foto zeigt Harald Lesch auf dem Meteorologischen Observatorium Hohenpeißenberg im Sommer 2020.
Dem Klimawandel auf der Spur. Das ZDF-Foto zeigt Harald Lesch auf dem Meteorologischen Observatorium Hohenpeißenberg im Sommer 2020.

© ZDF und Nikolai Trawinski/Nikolai Trawinski

Beim Energiesparen sei es etwas besser, aber auch da könne mit einfachen Mitteln mehr getan werden. „Ich bin noch so aufgewachsen, dass man die Tür zu machte und sich einen Pullover anzog, wenn es kalt war.“ Um zugunsten des Klimas zu handeln, brauche es eine Transformation, eine Veränderung unserer Lebensweise. „Wir brauchen einen gesunden Planeten, damit wir gesund leben können.“

Die Nerds von damals

Gerade schreibt Lesch an einem Buch mit dem Titel „Physik für Politiker“. Er mag Geschichten, hätte beinahe Geschichte studiert. Sein Studium hat er sich als Kabarettist finanziert, sah sich zwischenzeitlich als Märchenerzähler auf einem Dorfplatz, ist als erfolgreicher YouTuber längst auch ein Influencer und seit langem darauf spezialisiert, über seine Arbeit „auf Deutsch ohne Fachausdrücke“ zu sprechen.

Physik, eingebettet in Geschichte, fasziniert ihn. Gemeinsam mit seiner Frau, der Astrophysikerin Cecilia Scorza, hat er kürzlich ein Buch zum 100. Geburtstag der Entdeckung der Milchstraße veröffentlicht. Es habe ihm auch Spaß gemacht, sich mit den Menschen zu befassen, die sie damals entdeckt haben. „Das waren die Nerds von damals, Typen, die neben der Spur waren, ein Musiker war auch dabei“, sagt Lesch. Er hält auch gern Vorträge zu Themen wie „Vom Jäger zum Sammler“ oder „Die große Beschleunigung“.

„Wie Humboldt die ganz großen Storys zu erzählen, das ist ein riesiges Vergnügen“, sagt er. Da er sich für viele Dinge interessiert, genießt er den Freiraum, den er als Wissenschaftler hat. „Viele Wissenschaftler nutzen ihre Freiheiten nicht genug aus“, findet er.

Der erste Akademiker in der Familie

Schon in der Kneipe seiner Großeltern habe es ihm Spaß gemacht, Leute zu unterhalten. „Ich bin der erste Akademiker in unserer Familie. Mein Vater war Starkstromelektriker, meine Mutter Hausfrau.“

Harald Lesch sieht es als seine Aufgabe, Dinge so zu erklären, dass andere sie verstehen. Dass er keinen Einfluss darauf hat, was sich im Kopf des Zuhörers abspielt, ist ihm klar: „Die ethische Verantwortung hört auf beim Schädelknochen meines Gegenübers.“

Er selbst spielt gern Filmmusik auf dem Klavier, „schlecht“, wie er sagt, aber „leidenschaftlich und mit Inbrunst“. Wenn er einen Außerirdischen treffen würde, dann würde seine erste Frage an ihn lauten, welche Kunst sie in dessen Heimat machen, welche Bilder, welche Musik.

Lesch freut sich auf den Auftritt mit seinen Freunden, den Musikern: „Die sind super.“ Wichtiger noch aber ist ihm etwas anderes: „Das Publikum ist tiefer berührt, wenn ich meine Texte im Zusammenhang mit der Musik vortrage.“

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