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Eingang zu der Theaterkasse im Admiralspalast in Berlin-Mitte.

© dpa / Gerald Matzka

Folgen von Corona und Energiekrise: Theatern in Brandenburg fehlt das Publikum

Während Berlins Bühnen wieder recht gut besucht sind, bleiben in Brandenburgs Stadttheatern die Reihen zu oft leer. Das liegt offenbar nicht am Programm.

Die großen Theaterbühnen in Berlin und Brandenburg haben sich seit dem Frühjahr von pandemiebedingten Einschränkungen weitgehend verabschiedet, doch nicht überall ist der Wiedereinstieg in den Normalbetrieb gelungen. Während die Berliner Bühnen schon wieder gut besuchte Säle melden, bleiben die Stuhlreihen in Brandenburg häufig unbesetzt.

Ukraine-Krieg und Inflation schmälern die Geldbeutel der Theatergänger und erhöhen gleichzeitig die Fixkosten der Theater, die weitgehend von staatlichen Zuwendungen abhängig sind. Während einige Häuser in der Pandemie wegen Lockdown-Schließungen und Kurzarbeit einen kleinen Finanzpuffer ansparen konnten, geht es in der neuen Krise bei Normalbetrieb ans Eingemachte.

Das Theater in Brandenburg an der Havel rechnet 2023 mit Mehrkosten für Energie von bis zu 200.000 Euro, wie die „Märkische Allgemeine“ berichtete. Zugleich sind die Einnahmen aus den Kartenverkäufen gesunken.

Die Uckermärkischen Bühnen in Schwedt melden eine Auslastung von 55 Prozent im Vergleich zu den Vor-Corona-Jahren. „Allgemein ist festzustellen, dass das Publikum kurzfristiger bucht und noch nicht in gleichem Maße wieder ausgeht“, erklärt Jana Zazvorka, Medienreferentin der Bühnen. Es gebe einen gewissen Vertrauensverlust, weil wegen Corona viele Vorstellungen verschoben oder abgesagt werden mussten.

Auch die „allgemeine wirtschaftliche Lage und Verunsicherung aufgrund des Ukraine-Krieges“ sowie die „besondere Situation hier in Schwedt mit der PCK-Raffinerie als größtem regionalen Arbeitgeber kommen erschwerend und verstärkend hinzu.“

Das Staatstheater Cottbus, ein Vierspartenhaus, hat in der vergangenen Spielzeit 2021/22, also bis zum Sommer, eine Auslastung von 65 Prozent gehabt. Das war ein Rückgang gegenüber Vor-Corona um rund acht Prozentpunkte, allerdings wurden wegen der Abstandsregeln nur 50 Prozent der Plätze freigegeben.

Das Theater in Cottbus hat in der Pandemie 400 Abonnenten verloren

Die absoluten Zuschauerzahlen sind also deutlich stärker zurückgegangen, von mehr als 100.000 in der Saison 2018/19 auf aktuell 48.127. Die Umsätze durch Kartenverkäufe sanken von 1,5 Millionen Euro auf 560.000 Euro. Es sei „weiterhin ein zögerliches Kauf- und Besuchsverhalten“ festzustellen, erklärt das Theater auf Anfrage.

Rund 400 Abonnenten sind in der Pandemie verloren gegangen. Mindereinnahmen und höhere Ausgaben sollen mit Einsparungen an anderer Stelle kompensiert werden, mit einem Defizit rechnet das Theater nicht.

Etwas besser sieht es beim Hans-Otto-Theater in der Landeshauptstadt Potsdam aus. Der Abonnenten-Stamm sei weitgehend gehalten worden, berichtet Marketingchef Björn Achenbach, allerdings liege die Auslastung mit 60 Prozent „deutlich unter den Vor-Corona-Jahren“.

Das Staatsballett Berlin wirbt um Touristen mit einer „Schwanensee“-Probe auf einem Ausflugsschiff.
Das Staatsballett Berlin wirbt um Touristen mit einer „Schwanensee“-Probe auf einem Ausflugsschiff.

© picture alliance/dpa / Christoph Soeder

Mit einem Rabatt von 30 Prozent auf die Eintrittskarten versucht das Theater, in den Berliner Herbstferien mehr Publikum anzulocken. Auch die Uckermärkischen Bühnen arbeiten an einem neuen „Rabattier-System“ statt dem klassischen Abonnement.

Die Berliner Bühnen müssen sich offenbar weniger Sorgen um ihr Publikum machen. So meldete das Deutsche Theater meldet eine Auslastung in der abgelaufenen Spielzeit von 75 Prozent, im Juli, dem letzten Monat vor der Sommerpause, seien es sogar 90 Prozent gewesen.

Das Stammpublikum habe dem Haus auch in der Pandemie die Treue gehalten. Allerdings bestätigt DT-Sprecherin Luisa Männel Aussagen des Deutschen Bühnenvereins vom September, dass ältere Besucher wegblieben, das Publikum habe sich „stark verjüngt“. Kartenbuchungen würden spontaner vorgenommen.

Von kurzfristigen Rabattaktionen will das DT aber nichts wissen. Es gebe schon genügend Angebote für Leute mit geringem Einkommen wie Studenten oder Berlin-Pass-Inhaber. „Ein niedriger Eintrittspreis ist kein Garant für einen vollen Saal.“ Das DT ist eine „nicht rechtsfähige Anstalt des Landes Berlin“ und wird nach eigenen Angaben in diesem Jahr mit 28 Millionen Euro gefördert.

Dass ältere Gäste ausbleiben, kann der Friedrichstadt-Palast, ebenfalls ein landeseigener Theaterbetrieb, der traditionell viele Touristen begrüßt, nicht bestätigen. „Insgesamt waren wir mit den Kartenumsätzen, insbesondere der Monate April bis August, höchst zufrieden. Das zeigt, dass die meisten Gäste die Pandemie hinter sich gelassen haben“, erklärt Intendant Berndt Schmidt auf Anfrage.

Allerdings bliebt das Theater vorsichtig. „Unsere Monatsauslastung deckeln wir derzeit freiwillig bei 80 Prozent, auch um etwaige Hilfen aus dem Sonderfonds Kultur des Bundes in Anspruch nehmen zu können.“

Es gibt keinen Bedarf, unsere Marketingstrategien anzupassen.

Statement Berliner Schaubühne

Im Wirtschaftsplan der Landesbühne ist bereits eine Bundesförderung von 900.000 Euro eingeplant, der Senat fördert das Haus mit jährlich rund 16 Millionen Euro. Es gebe inzwischen „Bremsspuren“ bei den Kartenbestellungen für die kommenden Monate, die Schmidt darauf zurückführt, „dass immer mehr Menschen ihr Geld zusammenhalten, um finanzielle Mehrbelastungen und Unsicherheiten abzufedern“.

Auch das Berliner Ensemble und die Schaubühne sind bislang mit dem ersten Jahr nach der Pandemie zufrieden. „Es gibt keine signifikanten Veränderungen in den Zuschauerzahlen“, erklärt die Schaubühne, deswegen gebe es auch „keinen Bedarf, unsere Marketingstrategien anzupassen.“ BE-Intendant Oliver Reese hatte schon Anfang September im Tagesspiegel-Interview von einer „sehr erfolgreichen Saison“ mit 84-prozentiger Auslastung berichtet.

Die Auslastungen der Bühnen in der Hauptstadt mit der Situation „auf dem platten Land“ zu vergleichen, findet Ulrich Katzer vom Landesverband Ost des Deutschen Bühnenvereins nicht ganz fair. In Berlin gebe es einfach ein viel größeres Potenzial an kulturaffinem Publikum, auch durch den Tourismus. Wenn ältere Theatergänger aus Angst vor Corona zuhause blieben, könne mit entsprechenden Inszenierungen ein jüngeres Publikum aktiviert werden. Das gebe es auf dem Land oft gar nicht mehr.

Besondere Open-Air-Events im Sommer seien auch in kleineren Städten gut gelaufen. „Das Problem ist der Alltag“ mit Inszenierungen aus dem Repertoire der Häuser, sagt Katzer. Lösungen habe er da auch nicht parat.

Die Berliner Staatsoper ist mit den aktuellen Kartenbuchungen zufrieden. Auch bei den Abos gehe es inzwischen wieder aufwärts, teilt das Haus mit. Auch hier sollen Rabattaktionen wie „Oper zum Kinopreis“ junge Leute in die Oper holen. Beim „Flex-Paket“ erhöht sich der Rabatt mit jeder gekauften Karte. Außerdem soll die „Besucherforschung“ ausgebaut und in Künstliche Intelligenz investiert werden, um „eine feinere Zielgruppenansprache“ zu ermöglichen.

Die Staatsoper wird wie die beiden anderen Opernhäuser der Stadt über die Berliner Opernstiftung finanziert, die derzeit rund 160 Millionen Euro vom Land erhält und zehn Millionen vom Bund. Von solchen Summen können die Brandenburger Theaterhäuser nur träumen.

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