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Die Vermisstenanzeigen sollen auf das Schicksal der entführten Menschen aufmerksam machen.

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Rote Vermissten-Plakate in Berlin: Aktion macht auf Geiseln der Hamas aufmerksam

Immer mehr rote Zettel tauchen in Berlin und anderen Städten auf. Sie zeigen die von der Hamas verschleppten Personen. Durch die Aktion sollen die Vermissten nicht in Vergessenheit geraten.

| Update:

Auffällig sind die roten Zettel. In ganz Berlin kleben die Plakate an Litfaßsäulen, Mülleimern und Wänden. Mehr als 6000 Stück haben Freiwillige bereits in der Stadt verteilt, erzählt einer der Initiator:innen der Aktion. Sie sind mit Fotos und Steckbriefen der in Israel von der Hamas verschleppten Personen bedruckt.

Mittlerweile hängen die Plakate in fast allen Kiezen aus, auch in Bezirken über den Ring hinaus. Die Initiative möchte weltweit die Schicksale der Menschen präsent halten, bis sie wieder in Sicherheit sind.

„Als wir mit der Aktion begonnen haben, haben wir festgestellt, dass noch andere Gruppen aktiv sind“, sagt einer der Initiator:innen. Die Person möchte anonym bleiben – zum eigenen Schutz gegen antisemitische Anfeindungen, und auch weil die Initiative „größer als ein Name einer Person“ sei. „Wir haben die Initiative begonnen, mittlerweile hat sie ein Eigenleben entwickelt.“ Die Freiwilligen haben sich organisiert, Teams für die jeweiligen Bezirke gebildet und eine Übersichtskarte erstellt, erzählt die Person.

Die Vermisstenanzeigen sollen auf das Schicksal der entführten Menschen aufmerksam machen.

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Die Initiative steckt viel Zeit in die Recherche zu den Plakaten. Die Freiwilligen stünden in Kontakt mit dem Forum für Geiseln und vermisste Familien, recherchierten aber auch selbst. Teilweise würden falsche Informationen über Vermisste kursieren, deshalb versuchten die Freiwilligen aus Berlin die Angaben mit mindestens drei Quellen zu verifizieren.

Mein Herz ist gebrochen, ich habe mich so allein in meiner Trauer gefühlt.

Initiator der Aktion, der anonym bleiben will.

Am Anfang haben die Initiator:innen einen Spendenaufruf für die Druckkosten über Social Media geteilt – die Spendenbereitschaft sei enorm gewesen, sagt die Person im Gespräch mit dem Tagesspiegel. Dann kamen Unternehmen auf sie zu und boten an, die Steckbriefe kostenlos auszudrucken. Als die Nachrichten des Terrors in Israel um die Welt gingen, war die Person schockiert, erzählt sie. Sie ist in Israel aufgewachsen und habe Freund:innen verloren. „Mein Herz ist gebrochen, ich habe mich so allein in meiner Trauer gefühlt“, sagt sie.

„Alle Israelis, die ich kenne, haben jemanden in ihrem Umfeld verloren.“ Als sie gemeinsam mit der Aktion begonnen haben, habe sich etwas verändert. „Wir haben uns aus unserer Opferrolle befreit, indem wir aktiv geworden sind“, beschreibt die Person.

Es habe vereinzelte Übergriffe gegen Personen beim Plakatekleben gegeben, erzählt die Person. Die Freiwilligen würden Zusammenstöße mit ihren Gegner:innen jedoch so gut es geht vermeiden. Deshalb seien sie vor allem in den frühen Morgenstunden unterwegs. Rund um den Hermannplatz plakatieren sie nicht.

Generell erfahre die Initiative viel Unterstützung. „Menschen auf der Straße fragen uns nach Postern, um sie selbst in ihrer Nachbarschaft aufzuhängen“, erzählt die Person. Immer wieder werden Zettel auch abgerissen. Dann kleben Freiwillige neue. Die Aushänge wechseln ständig, weil die Anzahl der Geiseln so hoch ist.

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Unterstützung für von dem Terror betroffene Israelis kommt auch von der Organisation Keren Hayesod. Der Verein hat eine Notfallkampagne ins Leben gerufen, um Betroffenen mit Medikamenten, Notfallunterkünften, psychologischer Betreuung und Spielzeug für Kinder zu helfen. „Die Anteilnahme ist riesig“, sagt Rafi Heumann von Keren Hayesod Berlin, „wir sind gerührt“.

Neben Geldspenden helfe auch Engagement auf sozialen Medien, sagt Heumann. Durch das Teilen der Posts von Hilfsorganisationen können auf Informationen und Spendenaufrufe aufmerksam gemacht werden. „Solidarität in der Online-Community kann einen bedeutenden Einfluss haben“, sagt er.

Maria Kireenko, stellvertretende Bundesvorsitzende des Jungen Forums der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, hängt bei einer Plakataktion des Jungen Forums der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Plakate zu den Ermordeten und Geiseln der Hamas in Berlin-Friedrichshain auf.

© dpa/Christoph Soeder

Auch in anderen deutschen Städten wie München sind erste Zettel aufgetaucht. Aus einzelnen Aktionen in Berlin und New York ist eine globale Bewegung geworden. Weltweit hängen die Steckbriefe der Vermissten aus. In Berlin hat auch das Junge Forum der Deutsch-Israelischen Gesellschaft mit einer Plakat-Aktion auf die von der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas verschleppten und ermordeten Menschen aufmerksam gemacht. Rund 200 Plakate wurden am Mittwochabend in Prenzlauer Berg und Friedrichshain aufgehängt.

Das sagte der Bundesvorsitzende des Jungen Forums (JuFo), Constantin Ganß, der Deutschen Presse-Agentur in der Nacht zum Donnerstag. „Uns geht es darum, die Menschen medial über die individuellen Geschichten der Ermordeten und in Geiselhaft genommenen zu informieren, und auf das Leid in der israelischen Bevölkerung hinzuweisen“, so Ganß.

Mit der Plakat-Aktion sei die Forderung an die Bundesregierung verbunden, bei der Freilassung der Geiseln zu helfen. Terroristen aus dem Gazastreifen hatten Israel am 7. Oktober überfallen. In der Folge wurden 1400 Israelis ermordet, rund 4000 verletzt und fast 200 in den Gazastreifen verschleppt. Nach Angaben der Bundesregierung war unter den Toten auch eine einstellige Zahl deutscher Staatsangehöriger.

(mit dpa)

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