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19.10.2023, Berlin: Kai Wegner (CDU), Regierender Bürgermeister von Berlin, hält eine  Regierungserklärung im Berliner Abgeordnetenhaus zu der angespannten Lage nach dem Terroranschlag der Hamas auf Israel. An der Plenarsitzung nehmen der Botschafter von Israel in Deutschland, Prosor, sowie Vertreter der jüdischen Gemeinschaft in Berlin teil.

© dpa/Carsten Koall

Update

Kai Wegner verurteilt Antisemitismus: „Wer Terror verharmlost, der gehört nicht zu unserem Berlin“

Das Berliner Abgeordnetenhaus hat am Donnerstag eine Resolution gegen Antisemitismus beschlossen. Im Vorfeld der Regierungserklärung gab es Ärger zwischen drei Parteien.

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Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) hat israelfeindliche Aktionen im Nachgang des Terrorangriffs der Hamas auf Israel scharf verurteilt. „Wer Terror rechtfertigt, verharmlost, relativiert oder gar verherrlicht, der gehört nicht zu unserem Berlin“, sagte Wegner zu Beginn seiner Regierungserklärung im Berliner Abgeordnetenhaus.

Wegner forderte erneut einen „konsequenten und harten Rechtsstaat“ im Umgang mit Volksverhetzung und Israelhass und erklärte mit Blick auf Berlin: „In dieser Stadt darf und wird niemals Intoleranz auf Toleranz treffen.“

Darüber hinaus sicherte Wegner dem attackierten Israel die volle Solidarität Berlins zu und beschwor den Zusammenhalt der Stadt. „Ich sage es ganz klar: Nie wieder. Nie wieder ist jetzt“, sagte Wegner unter dem Applaus der Abgeordneten. Das müsse man jetzt unter Beweis stellen.

Vor dem Hintergrund auch gewalttätiger Ausschreitung in der Stadt in den vergangenen Tagen sagte Wegner: „Berlin hält zusammen, Berlin lässt sich nicht spalten.“ Dass Berlin voll und ganz an der Seite Israels stehe, sei keine Selbstverständlichkeit, kein Lippenbekenntnis, sondern ein gemeinsamer Auftrag.

Wer Berlins Geschichte kenne, den könne es nicht kaltlassen, wenn Davidsterne auf Haustüren geschmiert würden. Als er das gesehen habe und sich die Angst vorgestellt habe derjenigen, die in den Häusern leben, da sei es ihm eiskalt den Rücken runtergelaufen, sagte Wegner. „Brandsätze auf Synagogen sind Brandsätze mitten ins Herz unserer Stadt.“ Er bekräftigte, die Polizei werde für Sicherheit sorgen, die Täter ermitteln und hart bestrafen.

Wegner erinnerte in seiner Rede auch an die zivilen palästinensischen Opfer. Diese seien ebenfalls Opfer der Hamas. Man werde auch nicht zulassen, dass die Hamas Menschen für ihren Terror missbrauche. Der Regierende Bürgermeister rief die Berlinerinnen und Berliner dazu auf, zusammenzuhalten.

Mit Blick auf die gewalttätigen Proteste in der Stadt sagte Wegner, die Bilder aus Neukölln zeigten, dass keine Barrikade, kein Angriff irgendetwas im Nahostkonflikt ändere. „Deswegen appelliere ich an alle Berlinerinnen du Berliner, Recht und Gesetz in Berlin zu wahren.“ Wegner rief zu Besonnenheit und zu Wachsamkeit auf. „Absolute Sicherheit kann es nicht geben“, sagte er. Eine Weltmetropole sei verletzlich. Das beste Mittel gegen die Verletzlichkeit seien „Zusammenhalt, Respekt und gemeinsame Werte“.

Wegner dankte der Polizei für ihre Arbeit und erklärte, der Senat, die Innensenatorin und auch er als Regierender stünden fest an der Seite der Berliner Polizei.

Bettina Jarasch, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus.
Bettina Jarasch, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus.

© dpa/Jörg Carstensen

Grünen-Fraktionschefin Bettina Jarasch schloss sich der Verurteilung israelfeindlicher Versammlungen und Straftaten an. „Antisemitismus hat in Berlin keinen Platz, in keiner Form, nicht heute, nicht morgen, niemals wieder“, sagte Jarasch und verurteilte „jeden Angriff auf jüdisches Leben aufs Schärfste“. Mit Blick auf die aktuellen Geschehnisse im Gazastreifen sagte Jarasch: „Es verbietet sich jede Art von Gleichsetzung zwischen dem, was die Hamas in Israel tut, und den israelischen Reaktionen auf den Hamas-Terror.“

Wortgleich mit Wegner formulierte Jarasch „Nie wieder ist jetzt“ und erinnerte Senat und Parlament an die gemeinsame Verantwortung. „Worte genügen nicht, es braucht Taten. Die Sicherheit jüdischer Mitbürger zu garantieren, ist unsere Aufgabe.“

Die Attacke auf eine in der Brunnenstraße gelegene jüdische Gemeinde bezeichnete sie als „Sündenfall“ und als „unerträglich und beschämend“. Zugleich erinnerte sie an eine Mehrheit der palästinensischen Community in der Stadt, die den Terror der Hamas und das Handeln von Gruppen wie der Samidoun ablehnen.

Dirk Stettner, CDU-Fraktionsvorsitzender im Berliner Abgeordnetenhaus.
Dirk Stettner, CDU-Fraktionsvorsitzender im Berliner Abgeordnetenhaus.

© dpa/Jens Kalaene

CDU-Fraktionschef Dirk Stettner erinnerte an die Gräueltaten, die die Menschen in Israel bei dem Angriff der Hamas erleben mussten. So viel blinder Hass, so viel Unmenschlichkeit seien unerträglich. „Dieses Tun widert mich an, dafür gibt es keinerlei Rechtfertigung.“ Der Barbarei müsse man sich „entschlossen und konsequent“ entgegenstellen. Er könne sich in keiner Weise erklären, warum Menschen in Berlin das Morden feiern könnten. „Solche Organisationen wie Samidoun werden verboten“, stellte er klar.

Mit Blick auf die muslimische Bevölkerung in Berlin, sagte Stettner, die meisten lebten friedlich in Berlin. Es sei nur eine kleine Minderheit, die die Taten der Hamas gutheiße. Aber jeder Einzelne sei „einer zu viel“. Man werde nicht akzeptieren, dass aus Berliner Straßen Morde gefeiert und das Existenzrecht Israels infrage gestellt werde. Gewalt und Diskriminierung werde man überall bekämpfen, und zwar mit Berlinerinnen und Berlinern allen Glaubens.

Linken-Fraktionschefin Anne Helm.
Linken-Fraktionschefin Anne Helm.

© Christian Marquardt info@Christianmarquardt.de+49(0)17657278525

Anne Helm, Chefin der Linksfraktion, verurteilte die Attacken der Hamas auf Israel als „abscheuliches Verbrechen“ und sprach vom „verheerendsten Massenmord an Juden und Jüdinnen seit der Shoah“.
Mit Blick auf die jüngsten pro-palästinensischen Versammlungen in Berlin erklärte Helm: „Verharmlosung von Terror als palästinensischen Widerstandskampf werden wir nicht akzeptieren.“

Zeitgleich forderte sie dazu auf, den Palästinensern in der Stadt Trauer, Sorge und Wut über den Verlust von Angehörigen zuzugestehen. Darüber hinaus forderte Helm eine „Offensive für Bildungs- und Dialogangebote“ sowie „Offensive für Antisemitismusprävention und politische Bildung“. Bestehende Projekte müssten „endlich dauerhaft abgesichert werden“, forderte Helm.

Auch Reinhard Naumann, der religionspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, plädierte in seiner Rede für eine größere Unterstützung für Lehrkräfte und die auskömmliche Finanzierung für Bildungsangebote. „Solidarität erfordert Klarheit und Wahrheit“, sagte Naumann, der den Fraktionsvorsitzenden Raed Saleh vertrat, der aufgrund einer schweren Erkältung nicht bei der Sitzung am Donnerstag dabei sein konnte. Straftaten werde man konsequent verfolgen.

Naumann erinnerte in seiner Rede an die Imame und Mitglieder der türkischen Gemeinde in Berlin, die ihre Stimme gegen den Terror erhoben haben. „Solche Stimmen der muslimischen Gemeinde brauchen wir“, sagte er. Dem Mut, den diese Äußerungen mitunter erforderten, gelte es Respekt zu zollen. Der Politiker sagte weiter, der Kampf gegen Antisemitismus werde aber nicht auf den Straßen gewonnen, sondern in den Köpfen.

AfD-Fraktionschefin Kristin Brinker bekannte sich zu Beginn ihrer Rede zur Solidarität mit Israel, widmete den Großteil ihrer Rede jedoch den pro-palästinensischen und von antisemitischen Straftaten geprägten Protesten in Berlin. „Wir müssen endlich begreifen, woher dieser Hass und diese Gewalt kommen“, erklärte Brinker. Sie ergänzte: „Jüdische Einrichtungen müssen besser geschützt werden, die Polizei muss mit mehr Härte auf pro-palästinensische Demonstrationen reagieren.“ Ein Antrag der AfD-Fraktion auf Verbot von der Hamas nahestehenden Gruppen wie der Samidoun wurde abgelehnt.

Ärger im Vorfeld der Plenarsitzung

Beschlossen wurde mit Zustimmung von Grünen und Linke im Anschluss an die Aussprache eine Resolution von CDU und SPD gegen Antisemitismus und Israel-Hass. Um die hat es allerdings im Vorfeld Ärger gegeben: Wie der Checkpoint-Newsletter des Tagesspiegels berichtet, hätten Grüne und Linke gern gemeinsam mit allen demokratischen Parteien eine Resolution gegen Antisemitismus und für Israel verabschiedet – doch die CDU wollte offenbar nicht gemeinsam mit der Linken stimmen.

Grünen-Fraktionschefin Jarasch sagte in ihrer Rede im Abgeordnetenhaus, sie fände es schade, dass das Einbringen einer gemeinsamen Resolution nicht möglich war. Es sei aber keine Zeit für parteitaktische Spielchen, deswegen würden die Grünen der Resolution von CDU und SPD zustimmen.

Als Gäste nehmen im Abgeordnetenhaus der israelische Botschafter in Deutschland, Ron Prosor, und Vertreter der jüdischen Gemeinschaft in Berlin an der Parlamentssitzung teil. Auch der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, und der Ansprechpartner des Landes Berlin zu Antisemitismus, Samuel Salzborn, sind vor Ort.

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Bei dem Terrorangriff der im Gazastreifen herrschenden radikalislamistischen Hamas auf Israel am 7. Oktober und in den Tagen danach waren nach offiziellen Angaben mehr als 1400 Israelis getötet worden. Bei den folgenden Luftschlägen der israelischen Armee auf den Gazastreifen starben seither nach Angaben der Palästinenser Tausende Menschen.

In Berlin, wo viele Juden und Palästinenser leben, gilt die Situation als sehr angespannt. Seit dem Angriff auf Israel kam es mehrfach zu pro-palästinensischen Demonstrationen, bei denen zum Teil einige Teilnehmer die islamistische Hamas bejubelten. Die Polizei verbot mehrere Demonstrationen. (mit dpa)

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