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Mit der Absage an das Klimaschutz-Sondervermögen scheitert ein wesentliches Vorhaben des Berliner Senats.

© Imago/Bernd Elmenthaler

Update

Gutachten widerspricht schwarz-roten Plänen: Berliner Klimafonds ist wohl gescheitert

Zehn Milliarden Euro wollten CDU und SPD fürs Klima ausgeben, doch ein Gutachten macht die Pläne in ihrer bisherigen Form zunichte. Das Aus würde vor allem die Innenverwaltung treffen.

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Der vom Berliner Senat beschlossene Klimafonds ist in seiner geplanten Form nicht zu halten. Das ist Ergebnis eines von der Finanzverwaltung in Auftrag gegebenen Rechtsgutachtens, das auf das Prinzip der „Jährlichkeit“ bei durch Notlagen begründeten Sondervermögen verweist.

Hintergrund für das Scheitern des Vorhabens ist eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu Sondervermögen des Bundes aus dem November 2023. Demnach müssen Gelder, die im Zuge einer sogenannten Notlage als Sondervermögen eingestellt wurden, in dem Jahr verausgabt werden, in dem die Notlage erklärt wurde. Zuerst hatte die „Berliner Morgenpost“ berichtet.

Letzteres wäre beim geplanten Berliner Sondervermögen „Klimaschutz, Resilienz und Transformation“ dem Gutachten zufolge nur schwerlich umsetzbar, da der Senat eine Vielzahl langfristiger Maßnahmen, wie beispielsweise die energetische Gebäudesanierung, darüber finanzieren wollte. Unter anderem die Innenverwaltung hatte komplette Sanierungsbedarfe etwa bei Polizei und Feuerwehr über das Sondervermögen finanzieren wollen.

Langfristfinanzierungen scheinen ausgeschlossen

Aus der Finanzverwaltung hieß es am Freitag, die Chancen auf eine Umsetzung des Sondervermögens würden als gering eingestuft. Zwar habe das Rechtsgutachten die Erklärung der Notlage auf Grundlage der Folgen des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine als darstellbar beurteilt. Es werde aber abzuwägen sein, „ob und inwieweit andere Wege zur Finanzierung der im Rahmen des Sondervermögens geplanten Vorhaben Vorteile bieten“, erklärte eine Sprecherin.

CDU und SPD hatten das Sondervermögen mit einem Kreditvolumen von zehn Milliarden Euro noch während ihrer laufenden Koalitionsverhandlungen und wenige Tage vor dem später gescheiterten Klimavolksentscheid aufgesetzt. Mit dem Geld sollten Projekte in vier sogenannten Clustern finanziert werden. Dabei handelte es sich um den Gebäudesektor, die Mobilität sowie die Transformation der Wirtschaft und die Energieerzeugung – sprich die Umstellung auf fossilfreie Energie und die Reduzierung der Emissionen. 

Ich möchte so viel wie möglich aus dem Sondervermögen energetisch sanieren.

Innensenatorin Iris Spranger im November 2023

Fällt das Sondervermögen weg, trifft das vor allem die Innenverwaltung hart. „Ich möchte so viel wie möglich aus dem Sondervermögen energetisch sanieren“, hatte Innensenatorin Iris Spranger (SPD) im November erklärt. Im regulären Haushalt ihres Hauses ist dafür jedoch so gut wie kein Geld eingeplant. Fällt das Sondervermögen in der geplanten Form weg, „muss es für die Finanzverwaltung Möglichkeiten geben, dieses so zu gestalten, dass es trägt“, sagte Spranger am Freitag.

Aus der Finanzverwaltung hieß es am Freitag, dass auch abseits des Sondervermögens Kreditaufnahmen denkbar seien. Über Möglichkeiten und Wege solle möglichst kurzfristig entschieden werden. Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey, an den Verhandlungen zum Sondervermögen einst direkt beteiligt, äußerte sich zurückhaltend. „Wenn das Sondervermögen in seiner bisher geplanten Form nicht umsetzbar sein sollte, müssen andere Wege der Finanzierung und der Ermöglichung der notwendigen Zukunftsinvestitionen gefunden werden“, sagt sie und schlug ein „Transformationspaket“ vor. Die genaue Ausgestaltung müsse „sorgsam geprüft und auch gemeinsam mit dem Parlament ausgelotet werden“, erklärte Giffey.

CDU-Fraktionschef Dirk Strettner kündigte in Reaktion auf das Gutachten eine Expertenanhörung im Hauptausschuss noch im März an. „Auf Basis des Gutachtens werden wir Mittel und Wege für die notwendigen Investitionen zur Zukunft der Stadt sicherstellen“, sagte Stettner.

Bettina Jarasch, Vorsitzende der Grünen-Fraktion, im Gespräch mit Regierungschef Kai Wegner.

© AFP/TOBIAS SCHWARZ

Bettina Jarasch, Vorsitzende der Grünen-Fraktion, bezeichnete das Aus für das Sondervermögen als wenig überraschend. „Damit ist ein zentrales Projekt dieser Koalition gescheitert“, erklärte Jarasch und forderte die Koalition dazu auf, dennoch in den Klimaschutz zu investieren - etwa über einen Nachtragshaushalt.

Anne Helm und Carsten Schatz, die beiden Vorsitzenden der Linksfraktion, forderten den Senat dazu auf, zügig Vorschläge zu unterbreitet, „auf welchem Wege die notwendigen Investitionen alternativ finanziert [...] werden können.“ Am kommenden Mittwoch soll der Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses über die Folgen des Rechtsgutachtens debattieren.

Wirklich überraschend kommen die Ergebnisse des Rechtsgutachtens nicht. Bereits Anfang November hatte Rechnungshofpräsidentin Karin Klingen Zweifel daran geäußert, dass die beabsichtigte Ausnahme von der Schuldenbremse ausreichend begründet ist. Voraussetzung für eine Ausnahme sei eine Notsituation, die konkretisiert und hinreichend umrissen sein müsse, sagte Klingen.

AfD-Fraktionschefin Kristin Brinker verwies am Freitag auf ein Gutachten des Wissenschaftlichen Parlamentsdienstes im Abgeordnetenhaus. Auch dieser hatte Zweifel daran, dass die zur Begründung des Sondervermögens herangezogene Notlage tatsächlich existiert.

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