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Eine Demo gegen Rechtsextremismus in Berlin (Symbolbild).

© dpa/Hannes P Albert

Update

Mehr rechtsextreme und antisemitische Vorfälle: Zahl diskriminierender Angriffe und Beleidigungen in Berlin nimmt deutlich zu

Die Berliner Registerstellen haben 2024 deutlich mehr diskriminierende Vorfälle dokumentiert. Das führen sie vor allem auf verstärkte rechtsextreme Aktivitäten zurück.

Stand:

Die „Berliner Register“ haben 2024 mit 7720 einen neuen Höchststand diskriminierender und rechtsextremer Vorfälle dokumentiert. Am Donnerstag stellten sie ihren Jahresbericht vor. 2023 waren 5286 Vorfälle registriert worden. Die Register sind in den zwölf Berliner Bezirken mit eigenen Beratungsstellen aktiv und erfassen Fälle von Diskriminierungen und Anfeindungen systematisch.

Vor allem seien in Berlin aktuell verstärkte rechtsextreme Aktivitäten und eine zunehmende Zahl antisemitischer Bedrohungen erkennbar, sagt Koordinatorin Jana Adam: „Die extreme Rechte gewinnt in Berlin an Einfluss – sei es durch eine wiedererstarkte rechte Jugendkultur, die Normalisierung rassistischer Rhetorik oder den Schulterschluss über antifeministische Ideologien.“

Demnach dokumentierten die einzelnen Registerstellen in den Bezirken 2021 durchschnittlich 21 Vorfälle am Tag. Die Zahl antisemitischer Vorfälle hat sich mit 2200 im Vergleich zum Vorjahr fast verdoppelt (1113). Jüd:innen würden seit dem Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober 2023 berlinweit verstärkt angefeindet, auch jüdische Einrichtungen würden immer wieder bedroht, heißt es in dem Bericht.

7720
Diskriminierende Vorfälle wurden 2024 registriert

Dabei würden sich aber nicht alle Vorfälle auf den Nahostkonflikt beziehen: Stattdessen beobachten die Registerstellen eine Normalisierung antisemitischer Einstellungen. Das äußere sich auch in Angriffen auf Gedenkorte an die NS-Zeit.

Auch die Zahl rassistischer Vorfälle sind mit 1761 im Vergleich zu 2023 (1459) stark angestiegen. Auch hierbei verzeichnen die Registerstellen eine Normalisierung rassistischen Gedankengutes, die sie auf eine „Stimmungsmache gegen Geflüchtete“ zurückführen. Zudem würden Menschen mit Migrationsgeschichte auch in Behörden und anderen Einrichtungen strukturell diskriminiert.

Neonazis vermehrt im Stadtbild aktiv

Während die Zahl queerfeindlicher Vorfälle im vergangenen Jahr leicht von 464 auf 520 anstieg, nahm die Zahl rechtsextremer Angriffe und Bedrohungen deutlich zu. Aktivitäten, die sich gegen politische Gegner:innen der Neonazis richteten, würden insgesamt 17 Prozent der 2024 gemeldeten Vorfälle ausmachen.

Insgesamt stieg die Zahl rechter Vorfälle von 525 im Jahr 2023 auf 1296 2024. Die Mehrheit falle dabei in den Bereich der rechtsextremen Propaganda und der Verherrlichung von NS-Gedankengut: etwa Hakenkreuz-Schmierereien und Werbeflyer für Neonazi-Parteien wie den „Dritten Weg“.

Die meisten rechtsextremen Delikte registrierten die Stellen in den Ostbezirken Lichtenberg, Marzahn-Hellersdorf, Pankow und Treptow-Köpenick. Dort würden Akteure wie die bereits erwähnte Kleinstpartei „Der Dritte Weg“ gezielt provozieren, aktiv im Straßenbild auftreten und Menschen bedrohen, die nicht in ihr Weltbild passen.

„Die extreme Rechte gewinnt in Berlin an Einfluss – sei es durch eine wiedererstarkte rechte Jugendkultur, die Normalisierung rassistischer Rhetorik oder den Schulterschluss über antifeministische Ideologien“, erklärte Adam bei der Vorstellung des Berichts.

Die extreme Rechte gewinnt in Berlin an Einfluss – sei es durch eine wiedererstarkte rechte Jugendkultur, die Normalisierung rassistischer Rhetorik oder den Schulterschluss über antifeministische Ideologien.

Jane Adam, Koordinatorin der Berliner Register

Und noch etwas stellen die Register fest: „Die neue Rechte konstruiert gezielt Feindbilder, indem sie trans und nichtbinäre Personen als Bedrohungen darstellen“, sagte Adam. „Der Begriff Genderwahn wird genutzt, um den Schulterschluss in die bürgerliche Mitte zu schaffen.“

Marzahn-Hellersdorf führt mit 1052 auch insgesamt die Liste der Bezirke an, in denen 2024 am meisten Vorfälle registriert wurden, dicht gefolgt von Treptow-Köpenick (975) und Mitte (950). Die wenigsten Vorfälle wurden in Spandau gemeldet (173).

Die Zahlen der Registerstellen sind nicht identisch mit den Statistiken der Berliner Polizei, die ebenfalls kürzlich vorgestellt wurden. Auch die Polizei verzeichnete allerdings 2024 mit 1823 rund doppelt so viele antisemitische Straftaten wie 2023 sowie Rekordwerte bei den rechten Straftaten. Anders als die Polizei dokumentieren die Register auch Vorfälle, die nicht strafbar sind.

Allerdings spiegeln die Zahlen auch hier nur die Vorfälle wider, die den Stellen gemeldet und bekannt wurden. Über das Dunkelfeld sagen sie nichts aus. Ein Anstieg der Zahlen muss auch nicht zwangsläufig einen realen Anstieg bedeuten, kann auch darauf hindeuten, dass mehr Betroffene Vorfälle melden. (mit dpa)

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