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In Berlin-Steglitz sind am Samstag bei einem schweren Verkehrsunfall mit einem BVG-Bus zwei Jugendliche unter den Linienbus geraten. Ein Mädchen starb.

© dpa/Dominik Totaro

Nach tödlichem Bus-Unfall in Berlin: Neues Bündnis fordert Reform der Notversorgung

Bei einem Unfall starb am Sonnabend eine 15-Jährige. Rettungswagen trafen nach 20 Minuten ein. Ein Bündnis warnt nun vor dem Kollaps der Rettungsdienste.

Zwei Tage nach dem tödlichen Verkehrsunfall mit einem Linienbus in Berlin deuten die Erkenntnisse weiterhin auf eine Schuld der beiden Jugendlichen hin. An dieser ersten Einschätzung habe sich nichts geändert, sagte die Polizei am Montag. Die beiden Mädchen im Alter von 14 und 15 Jahren sollen am Samstagabend in Steglitz bei roter Fußgängerampel über die Straße und vor den Doppeldecker-Bus gelaufen sein. Nach Polizeiangaben gab es viele Augenzeugen. Die 15-jährige Jugendliche starb am Unfallort, ihre 14-jährige Begleiterin erlitt schwere Verletzungen an Kopf und Oberkörper. Zu ihrem Gesundheitszustand gab es am Montag keine neuen Informationen.

Die Jugendlichen waren unter dem großen Bus eingeklemmt worden und mussten von der Feuerwehr mit Spezialtechnik geborgen werden, indem der Bus zuerst mit Hebekissen und dann von einem Kranwagen angehoben wurde. Die 15-Jährige war bereits tot.

Nach dem Unfall wurde wieder über die Überlastung des Berliner Rettungsdienstes diskutiert. Zum Zeitpunkt des Notrufes war zunächst kein freier Rettungswagen in Berlin verfügbar. Als erster Wagen traf dann ein Notarzt neun Minuten nach dem Notruf ein, die ersten beiden Rettungswagen (RTW) kamen nach 20 Minuten an, sagte die Feuerwehr.

Was die Rettungsdienste überlastet

Der Rettungsdienst ist vor allem deshalb überlastet, weil das Personal knapp ist. Außerdem gehen viele Notrufe ein, die sich nicht auf echte Notfälle beziehen. Auch darum müssen sich die Sanitäter kümmern, so dass es bei echten Notfällen länger dauern kann.

Dass immer mehr Menschen in Berlin immer öfter die Notrufnummer 112 wählen, statt selber zum Arzt zu gehen, ins Krankenhaus zu fahren oder am Wochenende den Notdienst der Kassenärzte anzurufen, zeigen die Zahlen. Die Zahl der Einsätze im Rettungsdienst der Feuerwehr stieg seit 2011 um fast 50 Prozent: von rund 287.000 auf 424.000 (2021). Die Bevölkerung in Berlin wuchs im selben Zeitraum nur um etwa zehn Prozent. Überlastet sind auch die Notaufnahmen der Krankenhäuser, was für die Rettungswagen ebenfalls ein Problem ist.

Aber auch für ganz Deutschland warnen Vertreter von Rettungsdiensten vor einem Kollaps der Notfallrettung und fordern Maßnahmen gegen Überlastung und Personalnot. Es bestehe die Gefahr, dass das System zusammenbreche, teilte ein kürzlich gegründetes „Bündnis pro Rettungsdienst“ am Montag mit. Der Rettungsdienst sei generell leistungsfähig, er komme aber immer mehr an seine Grenzen.

Wir erleben gerade eine nie da gewesene Berufsflucht.

Frank Flake, Zweiter Vorsitzender des Deutschen Berufsverbands Rettungsdienst

Die Einsatzzahlen nähmen bundesweit zu, sagte der zweite Vorsitzende des Deutschen Berufsverbands Rettungsdienst, Frank Flake. Oft seien es Bagatell-Fälle, mehr Personal für mehr Einsätze stehe aber nicht zur Verfügung. „Wir erleben gerade eine nie da gewesene Berufsflucht.“ Zu beobachten seien eine gesunkene Schwelle, Rettungsdienste zu alarmieren, und unzureichende Kenntnisse, welche Nummer die jeweils richtige sei, erläuterte das Bündnis. „Rettungsdienst rettet Leben und ist kein Taxi“, sagte Oliver Hölters von der Mitarbeiterseite der Arbeitsrechtlichen Kommission der Caritas.

Das Bündnis fordert unter anderem eine Ausbildungsinitiative, moderne Arbeitszeitmodelle und angemessene Bezahlung. Nötig sei eine Vernetzung der Notrufnummer 112 und der ärztlichen Bereitschaftshotline 116 117 mit standardisierten Abfragen, um Fälle in die jeweils passende Versorgung zu steuern.

Dem Bündnis gehören den Angaben zufolge auch die Björn Steiger Stiftung, die Bundesvereinigung der Arbeitsgemeinschaften der Notärzte Deutschlands, die Deutsche Feuerwehr-Gewerkschaft und die Deutsche Gesellschaft für Rettungswissenschaften an. (dpa)

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